Die Narrenburg
des kleinen Häuschens saß - und Christoph ist auch todt. - Narcissa darf nicht in den grünen Saal, weil sie noch nicht angetraut war, ihr Bild ist auch nicht fertig, und es war ein barscher Mann, der sie konterfeite, und ging fort, als Christoph todt war - und ihr aber, Erlaucht, kommt nun, und bringet Diener und Leute auf den Berg, daß es wieder lebe und wimmle, und eine Nachkommenschaft werde, den ganzen Saal zu bemalen, und die ganze Zukunft zu erfüllen, bis zum jüngsten Tage.«
»Lasse ihn in seiner Ahnung,« sagte Robert, »es dürfte eher sein Gehirn zersprengen, ehe wir ihm begreiflich machen, daß du nicht Sixtus seiest.«
»Bin ich auch nicht Sixtus,« antwortete Heinrich, »so bin ich doch einer von Diesen da - - ich bitte dich, frage jetzt nicht, mir ist Alles sonnenklar, nur zittert jeder Nerv in mir. Ich werde dir Alles - Alles enthüllen, frage nur jetzt nicht.«
Und in der ungeheuren Aufregung, in der er war, ging er gegen Ruprecht, und, als glaube er es selber, sagte er zu ihm: »Sei gepriesen, alter Mann, für das, was du gethan hast - ich danke dir dafür, ich danke dir, und ich werde redlich sorgen für alle deine künftigen Tage.«
Dem Greise war in seiner Schwäche ein kindisches Weinen über diesen Dank angekommen, aber es äußerte sich nur darin, daß ein Zucken und allerlei Bewegungen und Regungen emsig durch die Falten des verfallenen Angesichtes liefen. Er beugte sich mehrmal, und beugte sich tief, und vornehm, wie ein belohnter Diener - es wäre lächerlich gewesen, wäre es nicht schauerlich erschienen. »Ich that nur meine Schuldigkeit,« sagte er, »ich that nur meine Schuldigkeit!« Dann ging er mit allen Zeichen der Befriedigung, und mit einer gewissen Würde in seiner Gestalt gegen das Bild, und sagte: »Zum letzten Male wollen wir es schließen, Erlaucht, daß es nach Kurzem offen strahle vor den Augen aller Menschen, und auf ewige Zeiten. O, ich habe euch gleich gekannt,« fügte er zufrieden lächelnd hinzu, »da ihr heute Einlaß verlangtet!« - Mit diesen letzten fast heimlich gesagten Worten drehte er den Kupferdeckel wieder herum, und fügte ihn ein, so daß keine Spur blieb, wo er sich früher geöffnet.
»So, jetzt ist Alles geschehen, und gesehen,« sagte er, und trat zurück. Wirklich waren nun alle folgenden Nischen in langer Reihe leer, und die Freunde wanderten noch den Rest entlang, dem Thore zu, das sie in die andern Gemächer des Baues führte.
Daß sie dem, was nun folgte, wenig Aufmerksamkeit schenkten, begreift sich. Sie gingen noch durch mehrere Abtheilungen des Sixtusbaues. An den grünen Saal stieß ein rother, gefüllt mit den tausenderlei Arbeiten der Frauen des Rothensteines, namentlich mit einer Unzahl Spielereien der Nonnen. Sonst möchte es nicht ohne Annehmlichkeit sein, diese Zeugen einer vergangenen Abgeschiedenheit zu betrachten, wie sie für den einen ein Glück, für den Andern eine Trauer war, - aber die zwei Männer eilten vorüber, um nur so schnell als möglich Raum und Luft zu gewinnen und ihre Herzen gegenseitig ausschütten zu können. Nur ein Gemach, als sie all die Räume und Zimmer durchwandelt hatten, nahm noch ihre Aufmerksamkeit in Anspruch - es war das letzte, nahe an dem großen Thore gegen die Vorderseite des Baues gelegen, aus dem sie nun hinaustreten sollten. Das Gemach war der im Sechseck gebaute Malersaal, in welchem die Bilder zum grünen Saale verfertigt zu werden pflegten. Und auf eine schaurige Weise legte er jetzt den späten Besuchern diese seine einstige Bestimmung vor Augen; denn Alles lag und stand noch so, als wäre der Künstler vor einem Augenblicke hinweggegangen: aber ausgedorrte Farben, Staub und Spinneweben zeigten, daß hier jahrelang keine menschliche Hand thätig gewesen sei. Dennoch waren noch alle Fenstervorhänge niedergelassen, bis auf einen, um das Licht auf die Leinwand zu sammeln. Eine lebensgroße Gliederpuppe saß da, und schwere, schön geordnete grünseidne Drapperie hing an ihr nieder, um auf das Bild gemalt zu werden; aber die scharfen Seidenfalten derselben lagen voll dichten alten Staubes, und der Glanz des Stoffes war erblindet. Der rothe Sammtsessel, auf dem
die
saßen, die abgebildet werden sollten, stand leer; aber daneben auf der Staffelei war auch das unvollendete Bild von
der
, die zuletzt auf dem Stuhle gesessen. Um das Bild war schon im Voraus ein breiter Rahmen von künstlichem Serpentine gemalt, um die Wirkung auf den künftigen Platz berechnen zu können; aber es kam nie
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