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Die niederländische Jungfrau - Roman

Die niederländische Jungfrau - Roman

Titel: Die niederländische Jungfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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in Bleichsoda, hatte uns aber noch nie fechten sehen. Der Fechtsaal, so hatte sie beschlossen, war verbotenes Terrain, weil sie es nicht verstand, bewundernswert, aber nicht ganz geheuer, wie ein fremdes Gotteshaus oder eine Universität. Im Spiegel sah ich, daß meine Fechtstellung noch immer nicht erschlafft war. Wie ein weißer Engel überragte ich sie, sie zupfte nervös an ihrer Schürze.
    »Ich wollte dich fragen … also, ich hab ein Telegramm bekommen. Wenn es nicht zuviel verlangt ist, wenn ichdich nicht störe, könntest du mir dann vielleicht in der Küche helfen?«
    Sie entspannte sich, als ich meine Waffe wegsteckte. »Worum geht’s, Leni, ich bin hier fertig.«
    »Ich brauche Hilfe. Ich mache ein Büfett für zwanzig Personen. Es soll eine Überraschung sein, Herr von Bötticher darf nichts davon wissen.«
    Sie ging mir voran durch den Flur, der nach Butter und Zwiebeln duftete, mit kurzen Schlurfschritten, aus denen Vorfreude sprach. »Ich hab ihm vorige Woche noch gesagt, es könnte der Moment kommen, daß ich zu meiner Schwester muß. Sie wohnt in Köln. Eine lange Geschichte, Janna, und keine fröhliche.«
    In der Küche zog sie ihren kleinen schwarzen Stuhl aus der Ecke, in die er mit seiner zerbrochenen Lehne genau paßte, aber als sie sich daraufsetzte, hing sie mit ihren großen Schenkeln zur Hälfte über. Sie lehnte sich vor, um das Gleichgewicht zu halten, flüsterte: »Meine Schwester ist schon eine ganze Weile ans Bett gefesselt, es geht ihr nicht gut, hat mein Schwager gesagt, es geht ihr immer schlechter. Der Chef hatte mir versprochen, daß ich morgen zu ihr fahren kann, aber dann habe ich dieses Telegramm bekommen.«
    Aus der Schürze zog sie den Vordruck der Deutschen Reichspost. »Nur an mich gerichtet«, sagte sie stolz. »Lies selbst.«
     
    LIEBE LENI MORGEN NACHMITTAG EINTREFFEN FÜNFZEHN STUDENTEN AUF RAEREN
    ÜBERRASCHUNG FÜR HR. EGON. FEST GEHEIMHALTEN – DR. REICH
     
    »Siehst du jetzt, was mein Problem ist?« fragte sie. »Eine Überraschung, ich darf nichts sagen.«
    »Und du gehorchst denen einfach so? Vielleicht möchte der Meister das ja gar nicht!«
    Irritiert riß sie mir das Telegramm aus der Hand. »Das kommt von Professor Reich, ein Auftrag an mich, also führe ich den auch aus. Ich hab schon zu Heinzi gesagt: Wenn der Chef sie nicht empfangen will, muß er sie wegschicken, dann gebe ich ihnen das Essen eben mit. Ich nehme an, es geht um seinen Geburtstag, ich glaub nämlich, daß er voriges Jahr und auch im Jahr davor an dem Tag Besuch empfangen hat. Also, da bin ich mir so gut wie sicher. Er feiert ihn nie, aber ich glaube, es ist keine gute Idee, ihn selbst zu fragen. Nicht jetzt, wo er in dieser Verfassung ist. Kurz und gut, wir machen drei Fleischpasteten und drei Sahnetorten. Und ich hätte gern, daß du mir hilfst, wenn es nicht zuviel verlangt ist, ich muß ja auch noch packen.«
    Ungeduldig hob sie die Deckel von den Töpfen, darin dünsteten Karotten und Kartoffeln in Schmalz, zusammen mit roten Zwiebeln und Lorbeer. Ein Duft, von dem ich Hunger bekam, Zutaten, aus denen noch alles mögliche werden konnte, aber sie würde Schweinefleisch dazutun, eine Pastetenform damit füllen, die ich mit einem Stück des Schmalzteigs abdecken mußte, der auf der Fensterbank stand, um zu gehen.
    »Von Frau Julia habe ich noch nichts gehört, aber sie kündigt ihre Besuche ja meistens nicht an«, rief sie, während sie die Koteletts weichschlug. »Janna, entschuldige bitte, aber ich dachte … ich hab euch gehört, das war nicht zu vermeiden. Würdest du mir erzählen, weshalb ihr euch gestritten habt?«
    Sie schnitt die Grimasse eines ungezogenen Kindes. Es lag nicht an ihrem Fleischklopfer, daß ich ihr nicht traute. Sie war die Frau eines galligen Knechts, die einzige Art und Weise, wie sie abends seine Aufmerksamkeit gewinnen konnte, war, ihm Klatsch über den Mann zuzutragen, den er haßte. Von mir würde sie nichts erfahren.
    »Möchtest du, daß ich ihn frage, ob er Geburtstag hat?«
    »Hä?« Abwesender Blick aus dem Fenster. Draußen zogen die Zwillinge die Sau an einem Strick hinter sich her. Die Jungen und das Tier schienen wieder ein Herz und eine Seele, die Sau lief mit, allerdings gemächlich. Dann setzte sie sich rittlings ins Gras, wie eine Kurtisane.
    »Die sind nicht ganz richtig im Kopf«, sagte Leni. »Was meinst du, sind es seine Kinder?«
    »Was?« Hatte sie das wirklich gesagt? »Was hast du gesagt?«
    »Die sind nicht ganz richtig im Kopf«,

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