Die Pfade des Schicksals
Sandstein und Mineralien abhob, stand einen guten Steinwurf weit auf einem Hügel im Norden. Auf der anderen Seite des Canyons hielt Branl nach Süden beobachtend Wache.
Galt hatte Jeremiah auf dem höchsten Punkt des Hügelkamms haltmachen lassen. Jetzt drehte er den Jungen, sodass er Linden zugekehrt war. Als Linden und Stave ebenfalls stehen blieben, trafen die Eisenhand und Frostherz Graubrand hinter ihnen ein. Covenant stapfte von Liands Sonnenstein erhellt mühsam den Hügel herauf - in krassem Gegensatz zu dem leichteren, selbstbewussten Schritt des blinden Mähnenhüters. Bald würden auch Pahni und Liand den Fuß des Hügels erreichen.
Also gut, sagte Linden zu sich selbst. Es ist so weit.
Sie stellte sich so hin, dass der Schatten von Jeremiahs Kopf verhinderte, dass der durchdringende Silberschein des Krill sie blendete, stützte sich auf den Stab und überlegte, welche Möglichkeiten sich ihr boten.
Vor langer Zeit - und ohne ihren Stab zu Hilfe nehmen zu können - war sie trotz Covenants natürlicher Widerstandfähigkeit gegen solche Angriffe mehrmals tief in sein Bewusstsein eingedrungen. Bei einer Gelegenheit hatte sie eine Freisetzung von Macht aus seinem Ring ausgelöst. Ein andermal war sie in ihn eingedrungen, um ihn von den Machenschaften der Elohim zu befreien. Und mehrmals hatte sie sich für die extremste Lösung entschieden und versucht, von ihm Besitz zu ergreifen. Weil seine Bereitschaft, sich selbst in Gefahr zu bringen, sie ängstigte, hatte sie versucht, ihn daran zu hindern …
Etwas Ähnliches konnte sie jetzt bei Jeremiah versuchen. In der Verlorenen Tiefe hatte sie gesehen, dass der Croyel sein Leben und seinen Verstand unzertrennlich mit dem ihres Sohnes verbunden hatte. Sie konnte die beiden nicht einfach voneinander trennen. Aber es gab noch andere Möglichkeiten. Der Croyel würde sich zweifellos zur Wehr setzen. Mit dem landesweit besten Werkzeug für Erdkraft und Gesetz in ihren Händen würde Linden vielleicht seine Abwehr durchdringen können. Vielleicht würde sie die bösartige Umklammerung des Croyels Nervenstrang für Nervenstrang durchtrennen oder veröden können. Und wenn ihr das gelang, wenn sie das schaffte, ohne Jeremiahs Bewusstsein zu verändern oder auch nur anzurühren …
Die Ranyhyn hatten sie davor gewarnt, von ihrem Sohn Besitz zu ergreifen.
Galt würde dem Ungeheuer auf Lindens Anweisung sofort die Kehle durchschneiden. Der Krill würde die Theurgien des Croyels so mühelos durchtrennen wie sein Fleisch. Wenn …
Ihr Versuch konnte fehlschlagen. Diese Aufgabe würde so schwierig sein wie ihre Bemühungen, Schwelgenstein vor dem Weltübelstein in den Händen der Gräuelinger zu bewahren. Zugleich würde sie weit mehr Feingefühl erfordern. Linden würde fast übernatürliche Präzision und Sorgfalt aufbringen müssen. Irgendein Fehler, jeder Fehler konnte Jeremiahs Bewusstsein für den Rest seines Lebens schädigen.
Und der Croyel konnte sich als zu stark für sie erweisen. Das bezweifelte Linden zwar, weil ihr Zugang zu Gesundheitssinn und Erdkraft hier durch nichts behindert wurde. Aber vielleicht würde die Widerwärtigkeit des Monsters sich als unerträglich erweisen. Es konnte Linden so verletzen wie das Sonnenübel - aber mit voller Absicht. Während sie in Jeremiah eindrang, konnte der Croyel in sie eindringen …
War das Ungeheuer imstande, in mehr als nur einen Verstand einzudringen, würde es vielleicht versuchen, Jeremiah und sie zu beherrschen. Aber das würde Galt nicht zulassen. Auch Liand und Covenant nicht.
Und wenn Lindens erste Befreiungsversuche fehlschlugen, hatte sie noch immer Covenants Ring.
In der Verlorenen Tiefe hatte Esmer gesagt, nur Weißgold könne Ihr, die nicht genannt werden darf, widerstehen. Dann genügte es doch sicher auch, um die Magien des Croyels hinwegzufegen? Vielleicht konnte Linden mit roher Gewalt erreichen, was sie durch Präzision und Sorgfalt nicht hatte erlangen können.
Also gut. Hinter Linden erreichten Pahni und Liand den fahlweißen Hügelkamm. Der Orkrest warf sein mildes Licht auf Jeremiahs schlaffen Körper und den Bartflaum auf seinen Wangen. Er vermenschlichte seinen verständnislos trüben Blick. Linden überzeugte sich nochmals davon, dass sie Jeremiahs Rennauto - so mehrdeutig wie die Runen, mit denen ihr Stab geschmückt war - in der Tasche hatte. Dann fasste sie den Stab so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, und machte sich daran, das Wesen der Herrschaft des Croyels
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