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Die Pilgerin

Titel: Die Pilgerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihr dafür, ihr bei der Befreiung ihrer Stadt beizustehen.«
    Kadelburg murmelte einen unanständigen Fluch. Der Eid eines Ritters war heilig und selbst sein sonst so reizbarer Lehnsherr würde für Graf Rudolfs Haltung Verständnis aufbringen.
    Starrheim war noch nicht mit ihm fertig. Er zog ein Schreiben unter seinem Wappenrock hervor, entfaltete es und hielt es so, dass das Licht der Fackel darauf fiel. »Erkennst du das hier, Kadelburg? Es stammt von deinem Herzog und verspricht einem gewissen Veit Gürtler und dessen Freunden Belohnung für einen üblen Verrat. Meine erhabenen Vettern und Seine Majestät, Kaiser Karl, werden nicht sehr erfreut sein, wenn ich ihnen dieses Pergament überreiche.«
    Der Bayer wusste keinen Fluch mehr, der dieser Situation gerecht werden konnte. Wenn dieser Vertrag bekannt wurde, hatte Herzog Stephan vor allen anderen Reichsfürsten sein Gesicht verloren, und es mochte dem Kaiser und den Habsburgern einfallen, die bei den bisherigen Erbteilungen übergangenen Neffen des Wittelsbachers anzustacheln, ihm die Fehde anzusagen und sich in den Besitz des Herzogtums Bayern zu setzen. Wasmit ihm selbst in dem Fall passierten würde, konnte er sich lebhaft vorstellen.
    Verzweifelt überlegte Kadelburg, wie er sich aus dieser Klemme befreien konnte. Sich mit Gewalt in den Besitz des Schreibens zu setzen, war unmöglich, denn seinen acht Bewaffneten standen an die fünfzig gut gerüstete Söldner gegenüber.
    Starrheim musterte den Bayern wie ein Kater eine in die Ecke getriebene Maus und sein Lächeln wurde noch süffisanter. »Ich gewähre dir freien Abzug, mein Freund, denn dein Tod liegt nicht in meiner Absicht. Du solltest dich allerdings beeilen, denn die guten Bürger dieser Stadt dürften anders denken als ich.«
    »Gebt mir dieses Schreiben!« Es war ein verzweifelter Ruf, der jedoch ungehört verhallte. Starrheim schüttelte den Kopf, faltete das Pergament sorgfältig und steckte es wieder weg.
    »Ich behalte den Vertrag noch eine Weile. Vielleicht vernichte ich ihn zu einer späteren Zeit, wenn die Verhältnisse hier wieder im Sinne von Recht und Ordnung geregelt sind.«
    In dem Augenblick wusste Kadelburg, dass er von dem Gedanken Abstand nehmen musste, sich mit Hilfe bayerischer Truppen in den Besitz Tremmlingens zu setzen. Bereits der Versuch würde Starrheim dazu veranlassen, das verfängliche Schreiben als Waffe zu benutzen. Ihm blieb daher nichts anderes übrig, als Herzog Stephan zu erklären, dass Otfried Willinger die Herrschaft über die Stadt an die Opposition verloren hatte und jeder Versuch, die neue Ordnung zu ändern, in einer Fehde mit den Habsburger Nachbarn enden würde. Das würde seinem weiteren Aufstieg im Hofstaat des Herzogs nicht gerade förderlich sein, aber es wahrte ihm und seinem Herrn wenigstens nach außen hin das Gesicht.
    »Versprecht Ihr mir, das Schreiben zu verbrennen, wenn ich nichts unternehme, was Euch ärgern kann?«
    Starrheim nickte. »Du hast mein Wort darauf! Doch jetzt solltest du schleunigst die Stadt verlassen. Ich höre weitere Bürger nahen.«
    Kadelburg sah sich erschrocken um, stieß noch einen Fluch auf das Tremmlinger Pack aus und trieb sein Pferd an. Starrheims Leute öffneten ihm eine Gasse und sahen ihm nach, wie er unter den wütenden Beleidigungen der herbeiströmenden Bürger davonritt.

VI.
    Rigobert Böhdinger hatte Otfrieds Haus gerade noch rechtzeitig verlassen, ehe es umzingelt wurde, und sich zunächst tatsächlich den schlimmen Gassen zugewandt, um den Befehl seines Schwagers auszuführen. Unterwegs kamen ihm jedoch Zweifel. Von Kind auf hatte er die Bewohner dieses Stadtteils verachten gelernt und war auch gegen Otfrieds Idee gewesen, Männer von dort als Stadtbüttel einzusetzen. Sein Misstrauen gegen diese Kerle war, wie er zugeben musste, mehr als berechtigt gewesen, denn sie hatten zu nichts anderem getaugt als ehrliche Bürger zu drangsalieren und zu bestehlen. Beim ersten Anzeichen von Gefahr aber hatten sie sich in die Büsche geschlagen. Selbst von den beiden Männern, die ihn zu Willingers Haus begleitet hatten, war nichts mehr zu sehen. Er bezweifelte auch, dass es dem Pack gelingen würde, sich gegen die Mehrzahl der Bürger zu behaupten. Deren Anführer hatten bestimmt schon das Zeughaus erbrochen, um sich und ihre Anhänger zu bewaffnen.
    Da Rigobert besser als andere wusste, wie Otfried in den letzten Monaten regiert hatte, lief es ihm bei den Gedanken an die Konsequenzen kalt den Rücken hinab. Der

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