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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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GALILEI WAR EIN DUMMKOPF
    (Sommer 2005)
    Eins … zwei …
    Wir zählen. Das Wasser im Kanal ist still und trüb und sieht aus wie Schlamm auf einem verwackelten Foto. Es ist ein Nachmittag im Juli 2005, wir schauen aufs Wasser und zählen.
    Wir, das sind Stefano, Silvia und ich, Fiorenzo, aber für den Namen kann ich nichts. Wir müssen bis zehn zählen, na und? Zählen ist schön, du fühlst dich dabei auf der sicheren Seite, denn Mathematik ist eine klare Sache, und wenn du dich darauf einlässt, kannst du nichts falsch machen, das hat schon Galilei gesagt.
    Aber Galilei war ein Dummkopf.
    Genau, Galileo Galilei, das ist der aus Pisa, und deshalb sind die Schulen hier in der Gegend auch alle nach ihm benannt. Bei der Mittelstufenprüfung vor einem Monat hat meine ganze Klasse in Physik Galilei als Thema genommen. Nur ich habe mich für Kernenergie entschieden. Die ist mir zwar scheißegal, aber Galilei in der Prüfung, den Gefallen wollte ich ihm einfach nicht tun. Er hat sich alles Mögliche ausgedacht, und eines Tages hat er dann geschrieben, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Und als der Papst ihn verbrennen wollte, sagte er: Sorry, Irrtum, das stimmt alles gar nicht .
    Aber das ist nicht der Grund, warum Galilei ein Dummkopf war. Er war ein Dummkopf, weil er sagte, dass die Natur vor uns liegt wie ein offenes Buch, das in der Sprache der Mathematik geschrieben ist. Er meinte damit, dass sich die ganze Welt und das ganze Leben, die Menschen und Bäume, die Muscheln, Sterne, Seepferdchen, Verkehrsampeln und Quallen mit Zahlen und geometrischen Figuren erklären lassen. Aber das ist totaler Schwachsinn. Hätte ich so was gesagt, hätte man mich zum Teufel gejagt, und zwar mit Recht. Aber weil es Galileo Galilei gesagt hat, muss es wahr sein, denn er war ja ein Genie und lebte in einer Zeit, in der alle Genies und Künstler waren. Die haben ihre Tage nicht mit Einkaufen verplempert oder beim Warten auf der Post oder in der Bar … nein, die haben gedichtet und gemalt oder eben grundlegende Naturgesetze entdeckt.
    Alles Schwachsinn, sage ich. Zu Galileis Zeit gab es nicht mal Fahrräder. Elektrisches Licht gab es auch nicht, und wenn die Leute mussten, haben sie in einen ekligen Eimer gemacht und den dann einfach auf die Straße gekippt, egal, ob gerade jemand vorbeiging oder nicht. Die konnten nicht mal Eis herstellen, Mann. Es gab extra Leute, die von den Bergen Schnee holten und verkauften. Die kauften damals Schnee!
    Und da behaupten wir jetzt, früher wäre alles wunderbar gewesen und die Leute hätten mehr Verstand gehabt und wir heute seien Idioten, die nichts zustande bringen … Ich meine, wir sind ja Idioten, aber meiner Ansicht nach waren wir das schon immer, von der Steinzeit bis zu diesem Nachmittag, an dem Stefano, Silvia und ich hier am Kanal sitzen und zählen.
    Und wenn es darum ginge, wer bei dem, was gleich passieren wird, der größte Idiot ist, würde ich haushoch gewinnen.
    Drei … vier …
    Im Buch der Natur steht, dass wir bis zehn zählen können. Oder vielmehr müssen. Sonst würde der Böller zu früh aufs Wasser treffen und erlöschen, bevor er explodiert. Wir haben das zigmal ausprobiert, der Grund des Kanals ist mit nichtexplodierten Knallkörpern übersät, auch wenn man die nicht sehen kann, weil das Wasser zu dunkel ist.
    Wenn du aber zehn Sekunden wartest, bevor du den brennenden Böller wirfst, ist die Schnur so weit runtergebrannt, dass ihr das Wasser nichts mehr anhaben kann. Der Böller landet im Wasser, sinkt nach unten und explodiert – und dann kommt alles hoch, Blasen und Schlamm und die ganzen Tiere, die es fertigbringen, da unten zu leben: Fische, Aale, Frösche. Die sind schlagartig erledigt und kommen alle gleichzeitig hoch, mit dem Bauch nach oben. Von der Kanalböschung aus siehst du nur die aufgeblähten Bäuche, weiße Streifen, ziemlich tot.
    Aber das, was wir an diesem Morgen gesehen haben, war anders: schwarz und riesengroß, mit einem enormen Rücken und total lebendig. Es hat sich ganz gemächlich im Wasser bewegt und es geteilt. Damit ist es also amtlich: Das Kanalmonster existiert, keine Frage. Bis dahin hatte nur Stefano es gesehen, aber auf den kann man sich nicht verlassen. Wenn er nachts aufstehen muss, um zu pinkeln, weckt er seine Mutter, damit sie ihn aufs Klo begleitet.
    An diesem Morgen haben wir es also alle drei gesehen. Ging ja gar nicht anders, so riesig, wie es war. Wir saßen oben an der Steilböschung auf dem trockenen Schlamm

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