Die Pollinger-Kinder und die Geister vom Flattertstern
sonst hält sie uns wirklich für plemplem.“ Hans-Heinrich war einverstanden.
„Also dann bin ich ganz Ohr“, sagte die Tante. „Aber wenn ihr euch einbildet, mich wieder einmal auf den Arm nehmen zu können, seid ihr schief gewickelt.“ Sie setzte sich auf Roswithas Bett, schlug die Beine übereinander und stützte das Doppelkinn in die Hand. „Ich höre“, spottete sie.
„Wenn wir die Augen schließen und ,Simsalabim’ flüstern, können wir uns überallhin wünschen, wohin wir wollen“, erzählte Hans-Heinrich. „Das verdanken wir einem kleinen Poltergeist, dem wir einmal geholfen haben.“
„Interessant“, spöttelte Tante Kyrilla und glaubte kein Wort.
Roswitha erklärte weiter: „Wenn jemand einen Namen hat, der mit Po anfängt, und wenn er dazu an einem doppelten Freitag und mit zweimal dreizehn auf die Welt gekommen ist, dann kann er Geister und Gespenster sehen, sie verstehen und mit ihnen reden.“ Sie lächelte stolz. „Ich, Tante Kiki, fange mit Po an, bin an einem Freitag um dreizehn Uhr im Krankenhaus an der Gustav-Freytag-Straße geboren und war das dreizehnte Baby an diesem Tag.“
„Und ich“, trumpfte Hans-Heinrich auf, „beginne auch mit Po, bin an einem Freitag im Zimmer Nummer dreizehn des Gustav-Freytag-Krankenhauses auf die Welt gekommen, und der Freitag war ein dreizehnter.“
„Aha“, sagte Tante Kyrilla noch einmal. „Und wo ist der Flatterstern, auf den ihr verreisen möchtet?“
„Im Fernsehen“, antwortete Roswitha.
Die Tante tippte sich an die Stirn. „Aber das ist doch nichts Wirkliches“, wandte sie ein.
Hans-Heinrich belehrte sie: „Im Fernsehen, Tante Kiki, hat es den Flatterstern mit Lebewesen darauf gegeben. Da können wir uns ebensogut hinwünschen wie in ein Spukschloß oder in eine Wurstfabrik. Wir müssen es uns bloß ganz fest einbilden.“
„Und wenn es gefährlich wird?“ fragte die Tante schmunzelnd.
Hans-Heinrich winkte ab. „Dann sagen wir ,Simsalabim’, machen die Augen auf und sitzen wieder auf dem Teppich.“
Das beruhigte Tante Kyrilla ungemein. Sie wünschte eine gute Reise und bedauerte, daß ihr einfacher Po ohne den doppelten Freitag und ohne zweimal dreizehn nichts wert war. „Tschüs für heute“, sagte sie. „Das nächste Mal bringe ich euch Gummibärchen mit.“
„Tschüs, Tante Kiki“, sagten die Pollinger-Kinder. Als die Tante gegangen war, schlossen sie abermals die Augen, kniffen die Daumen ein und flüsterten: „Wir möchten auf den Flatterstern — simsalabim.“
Da waren sie auch schon dort.
Fallschirmspringer
„Menschenskind!“ stöhnten Hans-Heinrich und Roswitha, dann verschlug es ihnen den Atem.
Markerschütterndes Pfeifen gellte ihnen in den Ohren, und wie eine Sturmbö erfaßte sie brausender Fahrtwind. Wenn jemand sie nicht gepackt und festgehalten hätte, wären sie ins Nichts gepustet worden. Krampfhaft hielten sie die Augen geschlossen.
„Vorsicht jetzt!“ hörten sie eine helle Stimme, die das widerliche Pfeifen durchdrang. „Haltet euch ruhig und strampelt nicht! Wir springen mit euch ab!“
Die Pollinger-Kinder wurden unter den Achseln ergriffen und hochgehoben. Kurz darauf schwebten sie ruhig dahin, und das Pfeifen entfernte sich.
Hans-Heinrich und Roswitha blinzelten zunächst vorsichtig, dann rissen sie die Augen sperrangelweit auf.
Was sie sahen, war gespenstisch.
Weit unter ihnen raste der Flatterstern, auf den sie sich gewünscht hatten, einem riesengroßen Himmelskörper entgegen, der beinahe so aussah wie unsere Erde.
Die Pollinger-Kinder erkannten weitgedehnte Wälder, breite Flüsse, schimmernde Seen und himmelhohe Gebirge. Auf einen Urwald schwebten sie zu.
Aber wieso denn?
Verwundert blickten sie nach oben, und wieder verschlug es ihnen den Atem.
Über ihren Köpfen blähten sich sonderbare Fallschirme: riesige knallblaue Schirme mit Kindergesichtern darin und langen, dünnen Armen daran. Zwei dieser Arme hielten Hans-Heinrich fest, zwei andere Roswitha. Das dritte Armpaar fuchtelte den Pollinger-Kindern vor der Nase herum, als ob es sie erheitern wollte. Dazu strahlte das Kindergesicht in dem Fuchtelfallschirm wie Tante Kiki auf dem Nackedeifoto, das sie als vier Monate altes Baby zeigte.
Dann folgte ein höllisches Krachen, und der Himmelskörper, der beinahe wie die Erde aussah, erbebte. Mit unheimlicher Gewalt war der Flatterstern in den fremden Planeten hineingedonnert.
Die Druckwelle erfaßte die Fallschirme mit den Pollinger-Kindern
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