Die Priesterin von Avalon
essen, wurden Sylvester und ich ins Triklinium geleitet. Er warf einen Blick auf die Marmorverkleidungen an den Wänden und die Gemälde darüber und wurde ein wenig verlegen, obwohl die Bilder unschuldige Nymphen und Schäfer aus der Romanze von Daphne und Chloe darstellten.
»Ich muss mich für die Pracht und die Kälte entschuldigen«, sagte ich und wies ihm die Liege auf der anderen Seite des Kohlebeckens zu. In dem großen Raum wirkten wir beide wie zwei Erbsen in einer riesigen Schüssel. »Ich nehme meine Mahlzeiten nie hier ein, wenn ich allein bin, doch mein Haushalt wäre gekränkt, wenn ich sie bäte, uns in meinem kleinen Wohnzimmer aufzudecken.«
»Wir alle sind unseren Dienern ausgeliefert«, antwortete Sylvester. »Meine Haushälterin schikaniert mich gnadenlos.«
»Wenn du etwas nicht essen darfst, musst du es mich wissen lassen«, sagte ich ein wenig nervös, doch er lächelte.
»Heute ist kein Fastentag, und der heilige Petrus selbst hat immerhin einmal gesagt, nicht das, was ein Mann in seinen Mund einführt, beschmutzt ihn, sondern was er daraus hervorbringt.«
»Sehr richtig«, stimmte ich ihm zu, flüsterte aber trotzdem Cunoarda zu, den Koch anzuweisen, etwas Schlichtes zuzubereiten.
Ich weiß nicht, ob es mein Befehl oder der Respekt vor dem Patriarchen war, der ihn nötigte, doch kurz darauf wurde uns Gerstenbrühe, ein Linsengericht und Bärenklau mit Eiern, Brot und Käse aufgetischt. Der Bischof aß mit Appetit, und ich fragte mich, ob das seine erste Mahlzeit an diesem Tag war.
»Nun«, sagte ich, als wir den ersten Hunger gestillt hatten und heißen Würzwein tranken, »was kann ich für dich tun?«
»Bist du so sicher, dass ich als Bittsteller gekommen bin?«
»Du bist zu beschäftigt, um persönlich von so weit herzukommen, wenn auch ein Bote oder Gesandter gereicht hätte.«
»Das stimmt«, sagte Sylvester seufzend. »Die Not ist groß, sonst wäre ich nicht zu dir gekommen. Du hast vielleicht gehört, dass in der Stadt eine Krankheit ausgebrochen ist, doch du weißt wahrscheinlich nicht, wie schlimm es inzwischen ist. Es handelt sich nicht um ein Fieber, das uns jeden Sommer heimsucht, sondern um etwas Neues, bei dem das Opfer Blut spuckt oder am eigenen Schleim erstickt. Manche behaupten, es sei der Vorläufer des Jüngsten Tages und haben sich in ihr Bett gelegt, um auf unseren Herrn zu warten, der da kommen soll, doch ich glaube, es ist nur eine weitere Prüfung, der wir unterzogen werden.«
»Das klingt schrecklich«, sagte ich. »Was kann ich tun?«
»Für die Kranken nicht viel. Ich habe die Laterankathedrale als Krankenhaus geöffnet, und wir pflegen die Patienten nach bestem Vermögen. Aber es sind so viele krank oder tot, dass in Teilen der Stadt Elend herrscht. Ich habe bereits meine Schatztruhe geleert. Wir brauchen die Genehmigung, Korn aus den Speichern der Stadt zu verteilen und andere Dinge für die Armen von den Kaufleuten zu requirieren.«
»Und die Konsuln wollen sie nicht erteilen?«
Er nickte. »Ich dachte, die Mutter des Kaisers könne sie vielleicht beredter überzeugen als ich.«
»Ich will es versuchen«, sagte ich nachdenklich. »Ich werde sie morgen besuchen und mich in goldenes Tuch kleiden. Vielleicht kommen mir noch andere hilfreiche Ideen, wenn ich dein Krankenhaus erst gesehen habe.«
Der Mann war vermutlich selten erstaunt über die Grillen der menschlichen Natur, sei es im Guten oder im Bösen. Doch es freute mich zu sehen, dass meine Antwort ihn überrascht hatte.
Mein Weg zum Tempel des Saturn, wo ich die Konsuln treffen sollte, führte mich durch das Zentrum Roms, und mir schien, dass das Herz der Stadt tatsächlich nicht so überfüllt war, wie ich es in Erinnerung hatte. An manche Türen hatte man Knoblauch, Amulette oder noch Schlimmeres gehängt in dem verzweifelten Versuch, den Geist einer Krankheit abzuwehren. Gleich hinter dem Flavianischen Amphitheater teilte ich die Vorhänge meiner Sänfte und wies die Träger an, am Triumphbogen anzuhalten, den Konstantin dort an der uralten Strecke der Triumphzüge zwischen dem Mons Caelius und dem Mons Palatinus hatte errichten lassen. Es hatte mich nicht überrascht, als ich erfuhr, dass dies der größte Triumphbogen in Rom sei.
Wiewohl seine Größe Bewunderung auslöste, so hatte seine Verzierung doch für beträchtliche Belustigung gesorgt, denn nur das obere Fries bezog sich tatsächlich auf Konstantin bei seiner Siegesfeier über Maxentius. Die anderen Platten, Reliefs und
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