Die Priesterin von Avalon
angeordnet hatte, als Konstantin mir das Domus Sessorianum schenkte, zog es in dem Gebäude noch. Ich hatte alles darangesetzt, um daraus ein Zuhause zu machen, und die relative Schlichtheit der Vorstadtvilla, die dieser Palast einst war, wiederherzustellen versucht, doch die Architekten waren mit den neuartigen Begriffen konstantinischer Pracht infiziert, und nur in diesem Raum, an dessen Wänden britannische Webereien hingen und gestreifte britannische Läufer den kalten Mosaikboden bedeckten, war mir so warm, dass ich die anfallartigen Attacken von Kurzatmigkeit, die mich im Winter plagten, in Schach zu halten vermochte.
»Herrin, was machst du?«, fragte Cunoarda, als sie mir die in einer Schatulle steckende Papyrusrolle reichte.
»Ich spinne…« Ich errötete ein wenig, als ich die lose Wolle um den Rocken wickelte und diesen mitsamt der Spindel ablegte, wohl wissend, dass dies ein eigenartiges Verhalten für die Mutter des Kaisers war. »Als ich noch klein war, legte ich die Spindel kaum aus der Hand. Ich wollte nur sehen, ob ich noch weiß, wie es geht.«
»Auch ich habe in meiner Kindheit in Alba gesponnen«, sagte Cunoarda mit weicher Stimme.
»Dann wollen wir dir auch eine Spindel besorgen, und du kannst dich zu mir ans Feuer setzen«, erwiderte ich. »Doch zunächst lass uns sehen, was mein Enkel mitzuteilen hat.«
Das Schriftstück hatte Crispus persönlich in seiner sauberen Handschrift verfasst. Er war jetzt neunzehn, trug den Titel eines Cäsaren und hatte seit zwei Jahren als Gesandter Konstantins seinen Sitz in Treveri. Hin und wieder wurde er zu Feldzügen an die germanische Grenze abberufen. Erst im Sommer zuvor hatten seine Streitkräfte noch einen wichtigen Sieg gegen die Alemannen errungen. Crispus fehlte mir, denn Fausta lebte mit ihren Kindern bei ihrer Mutter in Mediolanum, und ich sah sie nur selten. Obwohl sie spät begonnen hatte, war sie außergewöhnlich fruchtbar. Ein zweiter Sohn, Konstantius, wurde ein Jahr nach Konstantinus geboren, und ein dritter, den sie Konstans nannten, war gerade in diesem Jahr zur Welt gekommen.
» Avia Nobilissima «, begann er. » Ich kann dir von großem Glück künden. Ich werde mit einem bezaubernden Mädchen verheiratet, der Tochter des höchsten Beamten von Treveri. Sie heißt auch Helena! Ist das nicht ein glücklicher Zufall? Ich nenne sie Lena. Im vergangenen Winter habe ich mich in sie verliebt, aber ich wusste nicht, ob wir heiraten durften. Jetzt hat mein Vater seine Erlaubnis erteilt, und wir werden im nächsten Monat unser Fest abhalten, bevor ich wieder aufbreche, um mich meiner Legion am Rhenus anzuschließen. Ich hoffe, du kannst zur Hochzeitsfeier zu uns kommen, aber wenn das nicht möglich ist, bitte ich um deinen Segen.
Möge der höchste Gott dir Gesundheit schenken, liebste Avia. Dein dich liebender Crispus. «
»Meinen Segen soll er haben, und der Teufel soll ihn holen, sich so eilig zu vermählen! Er muss doch wissen, dass die Straßen und Meere in dieser Jahreszeit für mich unpassierbar sind!«, rief ich.
»Nun ja, man kann die Eile schon verstehen, wenn er in den Krieg zieht. Ohne Zweifel wird er seine Braut in Colonia oder Argentoratum unterbringen, wenn er bei den Truppen ist«, sagte Cunoarda und hob die Spindel auf, die ich in meiner Erregung vom Schemel geworfen hatte.
»Wie kann sich mein kleiner Crispus nur vermählen!« Ich schüttelte den Kopf. »Mir scheint, als habe er noch gestern auf meinem Schoß gesessen!«
»Vielleicht macht er dich bald zur Urgroßmutter«, sagte Cunoarda lächelnd.
Ich seufzte. Ich hatte Schwierigkeiten, mir Crispus als Vater vorzustellen, doch in dieser Jahreszeit, in der alle Plagen der Sümpfe rings um die Stadt sich in meinen Knochen festzusetzen schienen, konnte ich gut glauben, dass ich alt genug für Urenkel war. Der Winter war hart gewesen, und ich hatte gehört, dass in den ärmeren Vierteln von Rom erneut die Pest ausgebrochen war.
»Ich werde ihnen meinen Palast in Treveri zum Geschenk machen«, sagte ich, »und mein Schlafgemach für die neue Braut neu herrichten lassen. Und ich werde ihr meine lange Perlenkette schicken. Sie wird auf ihrer jungen Haut besser aussehen als bei mir.«
»O Herrin, so darfst du nicht reden. Weißt du nicht, dass viele sagen, die Götter hätten dir eine Verlängerung deiner Jugend beschert?«
Erstaunt zog ich eine Augenbraue hoch. »Cunoarda, ich hätte nicht gedacht, dass du eine Schmeichlerin bist! Hole mir einen Spiegel - vielleicht hat
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