Die Priesterin von Avalon
klammerte sich an mich.
»Ich… verstehe…«, sagte die Hohepriesterin mit einer Stimme, die Steine zermahlen konnte. Sie schaute sich um, und ihr Blick fiel auf die Tanzfläche: Ich sah, dass die Menschen, die sich dort zu zweit oder allein zum Schlafen hingelegt hatten, allmählich aufwachten und neugierig auf das Brautgemach schauten. Es fiel ihr offenkundig schwer, die Worte zu zügeln, die ihr auf der Zunge lagen.
»Aelia… und Eilan…«, brachte sie mühsam hervor, »…kommen mit mir.« Sie wandte sich Konstantius zu. »Edler Herr, die Druiden warten darauf, dir aufzuwarten.«
Er hielt mich noch fester. »Ihr dürft ihr nichts antun!«
Ganeda wurde zornesrot, als sie erkannte, wie viel ich ihm erzählt haben musste.
»Hältst du uns für Barbaren?«, fuhr sie ihn an. Er reagierte auf den Kommandoton und ließ mich los, obwohl das alles andere als eine Antwort war.
»Ist schon gut«, sagte ich leise, doch mein Magen verkrampfte sich noch immer in banger Erwartung.
»Ich werde dich nicht verlieren!«, erwiderte Konstantius. Anscheinend hatte ich nicht nur unterschätzt, wie sehr mich diese Nacht an ihn binden würde, ich hatte mir nicht einmal vorgestellt, wie stark seine Gefühle für mich sein könnten.
Ich half Aelia, aufzustehen, legte ihr einen Arm um die Schultern und machte mich auf, Rechenschaft abzulegen.
»Warum spielt es eine Rolle?«, rief ich aufgebracht. »Deine beiden Ziele sind erfüllt worden. Du wolltest einen Mann, der für das Große Ritual bestimmt war, und du wolltest seine Freundschaft für Avalon gewinnen.«
Die Sonne näherte sich ihrem Höchststand, und wir stritten uns noch immer. Inzwischen verkrampfte sich mein Magen vor Hunger, nicht vor Angst.
»Du vergisst den dritten Grund, und das war der wichtigste von allen«, sagte Ganeda finster. »Konstantius sollte das Kind der Prophezeiung zeugen!«
»Das soll er auch, mit mir! Als ich in den Kreis der Frauen aufgenommen wurde, hatte ich ein Gesicht, das mich mit seinem Kind zeigte!«
»Aber nicht mit dem Kind aus dem Großen Ritual…«, versetzte die Hohepriesterin. »Warum glaubst du wohl, Aelia sei bei diesem Ritual zu seiner Braut bestimmt worden?«
»Weil du sie deinem Willen unterwerfen konntest!«
»Du dummes Kind - sie wurde auserwählt, das stimmt, aber nicht aus diesem Grund. In deinem Hochmut dachtest du, du wüsstest es besser als der Rat von Avalon, aber du warst eine unerprobte Jungfrau ohne eine Vorstellung von den Mysterien der Mutter. Gestern Abend war Aelia mitten in ihren fruchtbaren Tagen. Wenn der Römer mit ihr geschlafen hätte, wäre sie schwanger geworden, und das Kind wäre hier in Avalon geboren.«
»Woher willst du wissen, dass es bei mir nicht so ist?«
»Deine Blutung ist knapp drei Tage vorbei«, antwortete sie, »und ich habe dich geprüft. Es ist kein Funke neuen Lebens in deinem Leib.«
»Es wird so sein. Die Bestimmung kann nicht geleugnet werden…«, antwortete ich, doch der erste Hauch eines Zweifels nahm meinen Worten die Schärfe. »Konstantius hat mir die Treue geschworen - eine Priesterin wird seinen Sohn gebären!«
»Aber wann? Begreifst du es denn immer noch nicht? Mit einem in der vergangenen Nacht gezeugten Kind wären die Mysterien für tausend Jahre gesichert. Selbst wenn deine Traumvorstellungen wahr wären, welche Sterne werden das Schicksal des Kindes beherrschen, das du irgendwann einmal unter dem Herzen trägst?«
»Es wird mein Sohn sein«, murmelte ich. »Ich werde ihn dazu erziehen, den Göttern zu dienen.«
Ganeda schüttelte verächtlich den Kopf. »Ich hätte dich schon vor langer Zeit wieder zu deinem Vater zurückschicken sollen. Seit dem Tag deiner Ankunft hast du nur Unruhe gestiftet!«
»Du hast deine Chance verpasst!«, fauchte ich und berührte den Halbmond auf meiner Stirn. »Er ist tot, und ich bin jetzt Priesterin.«
»Und ich bin die Herrin von Avalon!«, fuhr sie mich an, »und dein Leben liegt in meiner Hand!«
»Deine Wut, Ganeda, ändert nichts an dem, was geschehen ist«, sagte ich matt. »Wenigstens habe ich Konstantius' Freundschaft für Avalon gewonnen.«
»Und was ist mit dem, was nicht geschehen ist? Glaubst du, der Mann kommt an jedem Beltanefest wie ein Zuchthengst zurück, bis er mit dir ein Kind gezeugt hat?«
Meine innere Anspannung ließ ein wenig nach. Ich hatte befürchtet, sie würde mir verbieten, ihn jemals wiederzusehen. Gewiss würde er zurückkehren, sagte ich mir, und irgendwie würde ich es bis zu jenem Tag
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