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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Tollensanen, Kessiner gegen Zirzipanen. An Spießen drehten sich die Opfertiere über den Feuern. Met schwappteaus Trinkhörnern – wer sich nicht betrank, würde den Zorn Svarožićs auf sich ziehen.
    Abseits des Trubels, am Nordwall der Vorburg, kroch Alena zwischen duftende Schafleiber und rief leise einen Namen. Es hob sich ein brauner Kopf, zwei dick gewölbte Augen blickten sie an. Alena bückte sich unter das Dach, aus dem morsche Bretter herabhingen, schob sich zwischen die grauen, weißen und braunen Tiere. Die Schafe duldeten sie still. Sie kannten sie.
    »Hallo, kleiner Wolleball. Geht es dir gut?«
    Die Braune blökte zur Antwort.
    »Wir schicken mal deine Freunde fort.« Sie streckte den Arm über die Tierrücken und schüttete Hafer aus einem Säckchen vor den Unterstand. Vierzehn Schafe drängten die Köpfe danach, nur eines stand still und sah Alena an.
    »Das ist für dich.« Alena hielt ihm die Spitze einer Rübe vor das Maul. Vorsichtig tastete das Tier den Leckerbissen mit den weichen Lippen ab, nahm ihn zwischen die Zähne, malmte und fraß. »Erinnerst du dich, wie ich dir das erstemal Hafer gab? Du wolltest ihn nicht haben, wolltest weiter mit Milch aus einem Lederschlauch getränkt werden. Gewartet hast du, bis ich Milch brachte.«
    Die Nase im weißen Gesicht der Braunen zuckte. Sie kam näher, noch kauend am Rübenstück. Alena fuhr ihr mit der Hand über den Kopf, kämmte die Wolle mit den Fingern. Die Braune blökte klagend. Sie roch nach Kot und feuchtem Stroh.
    »Ich kann nicht tun, was du dir wünschst. Deine Ziehmutter muß dich verlassen. Wir werden uns einige Wochen nicht sehen.«
    Als wäre sie beleidigt, drehte die Braune den Kopf zur Seite und sah Alena mit einem Auge an. Ihre Ohren wedelten, zuckten. Dann stand sie reglos, gaffend, als suchte sie zu begreifen, was ihr gesagt worden war.
    »Es gibt böse Menschen. Nicht die gleichen, die deine Mutter getötet haben, aber andere böse Menschen. Einenvon ihnen soll ich hierherbringen, und wenn er geschlachtet ist, kann ich dich wieder besuchen kommen.«
    Blöken.
    Sie ging in die Hocke, streichelte den Rücken des Schafs, zupfte einige Strohhalme aus der dichten Wolle. Die Braune drückte sich an sie, als wollte sie sie umwerfen. »Ist gut, es ist gut, mein Wolleball. Du weißt doch, daß ich dich nicht mehr tragen kann. Du bist kein kleines Lämmchen mehr! Eine junge Frau bist du geworden, die einiges wiegt.«
    Plötzlich ruckten die Köpfe der Schafe auf. Rennen, Springen in einer dichten Traube, fort vom Unterstand, wilde Flucht der Herde zwischen Wall und Zelten. Die Braune sprang ihnen nach.
    Dort stand der junge Kessiner, einen dürren, gefleckten Hund neben sich. Beide, Hund und Herr, blickten ernst. »Du gehst also fort«, stellte der Schwarzschopf fest. Der Hund leckte sich die Schnauze.
»So ist es.« Alena erhob sich. »Želechel wünscht, dich zu sehen.«
    »Bedaure. Es ist nicht der Wille meines Vaters.«
    Der Kessiner nickte. Einen kurzen Augenblick musterte er sie, dann wendete er sich zum Gehen.
    Sie wartete, bis er sich einige Schritte entfernt hatte, dann rief sie: »Du wolltest wissen, wie es im Tempel aussieht?«
    Ohne sich umzudrehen, hielt er inne. Nur der gefleckte Köter sah zurück, ließ die Zunge hängen und blinzelte.
    »Die Gesichter des Dreiköpfigen glänzen wie Gold, und er ist in Purpur gekleidet. Ein Schwert hält er in den Händen, das zehn Männer gemeinsam nicht anheben könnten. An der Tempelwand zu seiner Rechten steht Belboh, der weiße Gott, und Belboh gegenüber der schwarze Gott Cernoboh. Aber ich war auch nie drinnen. Ich weiß es … von meinem Vater.«
    »Lebe wohl.«
    Erst als der Kessiner zwischen den Zelten verschwunden war, verließ sie den Unterstand der Schafe.
    In kerzengerader Haltung schritt sie hügelan. Ein Schwan unter Enten in schmutzigbraunem, zerrissenem Gefieder. Die angeschwollenen, weinseligen Gesichter der Bauern blickten ihr nach. Es waren alles Schafsmörder, Betrüger waren es, die einen Sack Wolle eintauschten, der unter einer dünnen, ehrlichen Schicht mit Gras gefüllt war. »Sieh dich vor, du Trottel«, bellte sie und stieß einen Alten beiseite, der nicht recht aus dem Weg torkeln wollte. Nun wichen sie noch weiter vor ihr zurück, fürchteten sich offenbar, als würde sie mit der Anwendung von Zauberkräften drohen.
    »Wo schleppst du das hin?« herrschte Alena eine Frau an, der unter der Last einer bis zum Genick mit Holz beladenen Kiepe die Knie

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