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Die Puppe an der Decke

Die Puppe an der Decke

Titel: Die Puppe an der Decke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingvar Ambjörnsen
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auf einer Ebene, Luft und Raum – und Aussicht. Unter ihr lag der Garten im schwindenden grauen Licht, lagen Bäume und totes Gras. Eine zerbrochene Dachrinne gurgelte. Sie stellte ihren Laptop auf die große kahle Fläche und schloss den Drucker an. Ehe sie Papier hineinlegte, zog sie Gummihandschuhe an, sie waren aus weichem Gummi und klebten an ihrer Haut. Sie blieb eine Weile im Sessel sitzen und kostete das fremde Gefühl von Gummi auf Haut aus, betrachtete ihre Hand unter der grauweißen Haut, den fehlenden kleinen Finger als weiche Falte. Sie empfand ein leichtes Unbehagen, eine Art Klaustrophobie, und sie fragte sich, ob Männer sich so fühlten, wenn sie ein Kondom benutzten. Etwas an diesen engsitzenden Handschuhen, am Gummiduft, erregte sie. Nicht wirklich sexuell, jedenfalls nicht in erster Linie sexuell; es hatte eher mit Macht zu tun. Und mit Distanz. Sie nahm das Mobiltelefon aus der Tasche und gab ihren Code ein.
    Der Anrufbeantworter hatte zwei Mitteilungen gespeichert. Die erste stammte von Harald. Er wollte wissen, wie es Stina ging. »Melde mich wieder.« Typisch Harald. Immer »melde mich wieder«, niemals »melde dich«. Deshalb rief sie ihn nie zurück, vielleicht wusste er das ja im Grunde schon. Die andere Nachricht stammte von Leo.
    »Hallo, hier ist Leo. Das war verdammt frech von mir, das weiß ich, aber egal. Ich will hier wirklich nicht die Klette spielen, wenn ich also bis Freitag nichts von dir gehört habe, dann buche ich das als Klartext. Aber wenn du noch immer in der Stadt bist und Lust auf eine Runde Gerede hast, dann gehe ich davon aus, dass ich dir ein Bier oder zwei schulde. Auf jeden Fall danke ich dir vielmals fürs Mitnehmen. Du erreichst mich unter dieser Nummer.«
    Und dann die Nummer.
    O verdammt. Sie hatte ihm nicht einmal ihren Namen genannt. Sie war eine elende Dilettantin und sie beschloss, sich dem Schreibtisch niemals ohne Gummihandschuhe zu nähern.
    Sie wählte Haralds Nummer und hatte Tina an der Strippe.
    »Ich bin’s, Rebekka. Du weißt schon, deine Tante. Dein Vater hat mir eine Nachricht hinterlassen.«
    »Er ist gerade gegangen. Bist du im Haus?«
    »Ja. Ich schlafe. Lese. Ferien im November.«
    »Klingt gut. Vielleicht brenne ich zu dir durch. Die Schule ist gerade ein Höllenstress. Wie war’s bei Mama?«
    »Wie immer, fürchte ich.«
    »Wir waren am Dienstag da, alle drei. Papa war danach total fertig. Gunnar auch.«
    »Und du?«
    »Ich werde mich nie daran gewöhnen. Manchmal …«
    »Ist schon gut. Denk es, aber sag es nicht laut. Warte eine Weile bis zum nächsten Mal. Es bringt nichts, da jede Woche anzutanzen. Es ist absolut erlaubt, an sich selbst zu denken. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, und wir können nichts daran ändern.«
    »Aber sie scheint mich nicht einmal zu erkennen. Und die anderen auch nicht.«
    »Weißt du noch, was ich dir beim letzten Mal versprochen habe? Dass ich auf alle Floskeln verzichten würde? Und dir den Spruch ersparen, dass es schon wieder in Ordnung kommt?«
    »Mm. Das glaubst du nämlich nicht.«
    »Ich glaube gar nichts. Aber ich sehe dasselbe wie du. Und du bist achtzehn. Erwachsen.«
    »Kann ich dich mal an einem Wochenende besuchen? Ich meine, Papa sagt doch, dass du eine Weile da unten bleiben willst.«
    »Später. Erst muss deine Tante ihre Wunden lecken.«
    »Tut es weh?«
    »Weh?«
    »Fehlt Onkel Konrad dir?«
    »Spinnst du? Gib Papa einen Kuss von mir, ja? Auf die Wange, meine ich. Und sag Gunnar, dass ich im Tetris über zweiunddreißigtausend hinaus bin.«
    »Er surft jetzt auch im Net. Ich glaube, er fand Tetris langweilig, nachdem er die Vierzigtausend geschafft hatte.«
    »O verflixt. Dann gib ihm lieber einen Tritt in den Hintern. Und, Tina?«
    »Ja?«
    »Spiel nicht seine Mama. Seine Mama liegt im Krankenhaus, klar? Wenn er sie sehen will, dann muss er zu ihr gehen. Das tut weh, aber so ist es nun einmal.«
    »Das weiß er doch. Er ist elf. Und ziemlich clever.«
    »Ich bin auch ziemlich clever. Deshalb sage ich, du sollst dich damit begnügen, seine Schwester zu sein. Manchmal wechseln wir Frauen die Rollen, ohne uns darüber im Klaren zu sein.«
    »Wir Frauen«. Zum ersten Mal hatte sie das zu der Kleinen gesagt. Sie starrte das grüne Display an, ehe sie das Telefon ausschaltete und wieder in ihre Tasche legte. Sie fragte sich, wie sie sich Leo gegenüber verhalten sollte. Sie ging zum Auto hinunter und holte die eiskalte Puppe ins Warme. Hängte sie an den Leuchter. Der alte Matrosenanzug wirkte

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