Die Puppenmacherin: Psychothriller (German Edition)
Stockwerk hinauf und klingelte abermals.
»Halten Sie Ihren Ausweis vor den Spion!«, rief eine Frau hinter der verschlossenen Wohnungstür.
Trojan zückte den Ausweis und hielt ihn hoch.
»Näher!«
Er drückte ihn gegen die kleine, kreisrunde Scheibe.
Endlich hörte er das Klicken mehrerer Schlösser, und die Tür wurde einen Spalt geöffnet.
»Sind Sie Josephin Maurer?«
Die junge Frau nickte.
»Nils Trojan, guten Abend. Kann ich Sie mal einen Augenblick sprechen?«
Zögernd ließ sie ihn in die Wohnung und rammte den Stangenriegel zurück in die Verankerung. Trojan bemerkte die Stahlverstärkung am Türblatt.
Sie führte ihn wortlos in die Küche und deutete auf einen Stuhl vor einem Holztisch. Sie selbst blieb stehen.
Er setzte sich und sah sie an.
Sie war äußerst schlank, ziemlich klein und hatte die Eigenart, die Schultern einzukrümmen. Am auffälligsten aber war eine bunte Strickmütze, die sie sich tief in die Stirn gezogen hatte. Trojan wunderte sich, wie sie das bei diesen Temperaturen aushielt. Unter der Mütze schaute ihr langes brünettes Haar hervor.
»Worum geht es?«, fragte sie schließlich kaum hörbar.
Trojan fasste sich ein Herz. Es half nichts, er konnte sie nicht schonen.
»Ich ermittle in einer Mordsache.« Er zog das Bild von Frida König aus der Jackentasche und legte es auf den Küchentisch. »Könnten Sie mir bitte sagen, ob Sie diese Frau schon einmal irgendwo gesehen haben?«
Josephin Maurer beugte sich ein wenig vor, warf einen flüchtigen Blick auf das Foto und trat gleich darauf einen Schritt zurück.
»Nein.«
Die Antwort kam ihm viel zu rasch.
»Schauen Sie bitte genauer hin, es ist sehr wichtig.«
»Was ist mit dieser Frau?«
Ihre Stimme war rau und abweisend.
»Sie ist … sie wurde ermordet.«
Er sah, wie sie zusammenzuckte.
»Was sollte ich damit zu tun haben?«
»Aus ermittlungstechnischen Gründen darf ich Ihnen leider nicht mehr verraten, aber es geht um ein Detail, das in einem gewissen Zusammenhang stehen könnte mit –.« Er suchte nach Worten.
»Womit?«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
»Mit Ihrer Verschleppung im letzten Jahr.«
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Welches Detail?«, fragte sie knapp.
Er schluckte.
Er wollte ihr die grausamen Einzelheiten ersparen, also sagte er: »Wir haben bei der Toten Spuren von Bauschaum gefunden.«
Sie fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, dann stieß sie die Luft aus und wies zur Küchentür. »Gehen Sie bitte. Lassen Sie mich in Ruhe damit.«
Trojan stand auf. »Es tut mir sehr leid, ich wollte Sie wirklich nicht –.«
Sie unterbrach ihn und machte eine unkontrollierte Armbewegung. »Genug! Nicht jetzt. Es ist schon spät. Ich brauche meine Ruhe. Hören Sie? Um diese Zeit brauche ich meine Ruhe.«
»Ich verstehe Ihre Aufregung.« Er wartete ab, bis sie etwas gefasster auf ihn wirkte. »Vielleicht gibt es ja auch gar keinen Zusammenhang, aber wir müssen das prüfen. Schauen Sie sich die Frau bitte noch einmal an.«
Sie sah zu dem Foto hin.
»Wie ist ihr Name?«
»Frida König.«
»Nein, kenne ich nicht.« Sie schüttelte energisch den Kopf.
Sie schwiegen beide.
Trojan überlegte. Er durfte sie nicht länger unter Druck setzen. Da war dieses unheimliche Flackern in ihren Augen. Wahrscheinlich nahm sie Psychopharmaka und stand noch immer unter dem Schock der Ereignisse im vergangenen Jahr. Er fragte sich, ob sie sich überhaupt jemals davon erholen würde.
»Die Frau ist mit Bauschaum erstickt worden«, sagte er leise.
»Was geht mich das an?«
»Der Täter von damals –.«
Wieder unterbrach sie ihn. »Der Täter von damals ist tot. Das Kapitel ist abgeschlossen.«
Sie war laut geworden, atmete schwer. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt.
Er sah sie eine Weile schweigend an, dann reichte er ihr seine Visitenkarte. »Bitte rufen Sie mich an, wenn Ihnen irgendetwas einfällt. Und wenn es nur eine Kleinigkeit ist, selbst wenn es Ihnen nichtig erscheint, rufen Sie mich an, ja?«
Josephin Maurer rührte sich nicht.
Trojan steckte das Foto ein, verabschiedete sich von ihr und ging.
Sie lehnte sich von innen gegen die Wohnungstür. Panik stieg in ihr auf, ihre Knie zitterten. In Gedanken zählte sie langsam bis hundert, um sich halbwegs zu beruhigen.
Der stählerne Riegel drückte sich in ihren Rücken, es tat ihr weh. Die Türsicherung und die neuen Fenster hatten sie ein Vermögen gekostet, die Monteure hatten gesagt, die Schlösser seien von niemandem
Weitere Kostenlose Bücher