Die purpurnen Flüsse
r ein e Remington-Pumpgu n Kalibe r 12 , ein e Schachtel Patrone n un d ei n paa r Schnellade r fü r seine n Manhurin . Zuletz t holte e r de n Kleidersac k hervo r un d legt e zwe i Winteranzüg e un d mehrere grellbun t gemustert e Krawatte n hinein.
Au f de m Boulevar d d e Clich y blie b e r vo r eine m McDonald’s- Loka l stehen , da s durchgehen d geöffne t hatte , un d schlan g zwei Cheeseburge r i n sic h hinein , ohn e seine n Wage n au s de n Auge n zu lassen , de n e r i n zweite r Reih e abgestell t hatte . Dre i Uh r morgens. I m weißliche n Neonlich t schlurfte n vertraut e Scheme n durc h den schmierige n Saal . Schwarz e i n vie l z u weite n Klamotten, Prostituiert e mi t lange n jamaikanische n Zöpfen , Drogensüchtige, Obdachlose , Säufer . All e dies e Wese n stammte n au s seine r einstigen Welt : de m Universu m de r Straße . Diese m Universum , da s Niémans fü r eine n Bürojo b hatt e aufgebe n müssen , eine n gu t bezahlte n und angesehene n Posten . Fü r jede n andere n Poliziste n wär e die Versetzun g i n di e Zentral e Dienststell e ein e Beförderung . Fü r ihn bedeutet e es , da ß e r nu n zu m alte n Eise n gehört e – e r sa ß i n einem goldene n Käfi g un d fühlt e sic h tie f gedemütigt . E r war f eine n letzten Blic k au f di e zwielichtige n Gestalten . Dies e Erscheinunge n waren di e Bäum e i n seine m Wal d gewesen , seine m einstige n Jagdrevier.
Niéman s fuh r ohn e Paus e durch , mi t Fernlich t un d ohn e auf Radarfalle n un d Geschwindigkeitsbeschränkunge n z u achten . Um ach t Uh r morgen s verlie ß e r di e Autobah n a n de r Ausfahr t Grenoble. E r durchquert e Saint-Martin-d’Hères , Saint-Martin-D’Urriag e und fuh r weite r i n Richtun g Guernon , de r kleine n Stad t a m Fu ß des steile n Gipfel s Belledonne . Entlan g de r gewundene n Straße wechselte n Nadelwälde r mi t Gewerbegebieten . Hie r herrscht e diese leich t morbid e Stimmung , wi e imme r außerhal b de r Großstadt , wenn e s de r Landschaf t nich t meh r gelingt , ihr e tief e Einsamkei t hinte r den Schönheite n de r Natu r z u verbergen.
De r Kommissa r fan d di e erste n Wegweise r zu r Universität . I n der Fern e zeichnete n sic h di e hohe n Bergkämm e i m milchige n Lich t des stürmische n Morgen s ab . Hinte r eine r Kurve , a m Grun d de s Tals, entdeckt e e r dan n di e Universität : ein e Ansammlun g großer moderne r Gebäude , Blöck e au s Stahlbeton , au f alle n Seite n umgeben vo n lange n Rasenflächen . Niéman s dacht e a n ei n Sanatorium , einen Komple x vo n de r Größ e eine r Kreisstadt.
E r bo g vo n de r Nationalstraß e a b un d fuh r in s Ta l hinunter . A n den Felse n i m Weste n sa h e r Wasserfäll e un d Bachläufe , di e sich miteinande r vereinigte n un d wiede r trennte n un d di e dunklen Flanke n de r Berg e mi t silbrige n Spure n überzogen . Niéman s fuhr langsamer : E r schauderte , al s e r au f diese s eisig e Wasse r starrte , das senkrech t i n di e Tief e stürzte , sic h unte r Gestrüp p verbarg , u m gleich wiede r aufzutauchen , grellweiß , un d vo n neue m z u verschwinde n …
Niéman s entschlo ß sic h z u eine m kleine n Umweg . E r bo g i n einen Feldwe g ein , fuh r ein e Weil e unte r eine m Gewölb e au s Lärche n und Tanne n dahin , au f dene n de r Morgenta u glitzerte , un d gelangte schließlic h z u eine r weite n Ebene , di e vo n hohe n schwarzen Felswände n gesäum t war.
E r hiel t an , stie g au s un d grif f nac h seine m Fernglas . Lang e suchte e r di e Landschaf t ab : E r hatt e de n Flu ß au s de m Blic k verloren . Doch bal d begrif f er , da ß de r Wasserlauf , i n de r Talsohl e angekommen, offensichtlic h direk t hinte r de r Felswan d floß . Hinte r etlichen Einschnitte n i m Stei n konnt e e r ih n soga r ahnen . I n diese m Moment fie l ih m ei n andere s Detai l auf , un d e r späht e angestreng t durc h das Fernglas . Nein , e r hatt e sic h nich t getäuscht . E r kehrt e zu m Wagen zurück , lie ß de n Moto r a n un d fuh r au f di e Schluch t zu . I n einer Felsspalt e hatt e e r da s neongelb e Absperrban d entdeckt , wi e e s die Gendarmeri e benutzt:
BETRETE N VERBOTEN.
3
Durc h di e Felsspalt e fuh r Niéman s i n di e Schlucht , w o sic h ein schmaler , gewundene r Pfa d abzeichnete . Doc h e r ka m nich t weit, den n di e Wänd e rückte n en g zusammen , fü r ein e Limousin e wa r der We g bal d z u schmal . E r stie g aus , duckt e sic h unte r der
Weitere Kostenlose Bücher