Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
offen und nicht die Spur befangen, ein völlig unerwartetes Gegenstück zu seiner mausgrauen, scheuen und schweigsamen Frau. Zu Andys Erstaunen zog Dean irgendwann eine Gitarre aus einer Reisetasche, setzte sich mitten zwischen die Babys und spielte rockige Versionen von »Twinkle, Twinkle, Little Star« und »The Itsy-Bitsy Spider«. Völlig baff war sie, als Anita ihn mit Hintergrundgesang und Begleitinstrumenten – Tamburin, Zimbeln und zwei sehr professionell wirkenden Maracas – verstärkte. Die Babys, die schon so weit waren, klatschten begeistert, die anderen quiekten oder krähten. Mindestens ein Dutzend Erwachsene zückten iPhones und filmten den Stegreifauftritt, und ein paar Mütter fingen an zu tanzen.
»Siehst du?«, sagte Andy und pikte Max leicht in die Schulter. »Ich schleppe dich nur zu den besten Locations.«
Max hob den Blick nicht von seinem Handy und versuchte es weiter mit einem Zoom auf Clementine, die eine Maraca schüttelte. »Allerdings. Dafür sollten sie Eintritt verlangen.«
Es klingelte, und ein Hausmädchen teilte Stacy mit, dass noch weitere Gäste gekommen seien.
Rachel sah sich um und zählte durch. »Aber es sind doch schon alle da. Wer kommt denn noch?«
»Vielleicht noch andere Freunde von ihnen?«, sagte Sandrine.
»O mein Gott, du hast doch nicht etwa auch Lori eingeladen?« Bethany kreischte los. »Wenn sie die Gitarre sieht, sitzen wir hier im Nu im Gesprächskreis. Bitte keine Lebensberatung am Samstag.«
Stacy lachte, die Ehemänner dagegen guckten zuerst verwirrt und verloren dann das Interesse. »Nein, es sind Sophie und Xander.« Sie sah zu dem Kinderarztpaar hin. »Ihr habt doch gesagt, dass sie kurz vorbeischauen wollten, oder?«
Die Mutter nickte. »Sie fühlt sich allen aus der Gruppe so nahe, wo sie Sie doch jede Woche sieht und so weiter, da … meinte sie, sie wollte kurz Hallo sagen. Ich hoffe, das ist okay.«
In ihrem Tonfall schwang etwas mit, bei dem Andy Mitleid bekam. Es war bestimmt nicht leicht, mit einem kleinen Kind eine florierende Arztpraxis am Laufen zu halten, und egal, wie wichtig ihre Karriere ihr sein mochte, es war auch ganz sicher kein Spaß mit anzusehen, wie deine Schwägerin eine innige Beziehung zu deiner Tochter aufbaut, mit ihr zu Spielgruppen geht, vor den Nickerchen mit ihr kuschelt und miterlebt, wie sie sich über ihre ganzen neuen Hopserspielzeuge freut. Andy nahm sich vor, der Frau eine Chance zu geben, sich mit ihr bekannt zu machen und sie bei Gelegenheit zum Kaffee einzuladen.
Sophie sah wie üblich wunderschön aus. Ihr langes dichtes Haar glänzte, als sie zur Begrüßung winkte, und beim Lächeln kamen ihre vom Wind rosig gefärbten Wangenknochen voll zur Geltung.
»Ich hatte ja heimlich gehofft, dass wir den Freund mal zu sehen bekommen«, raunte Rachel.
Andy nickte. »Ich auch. Ich bin total neugierig. Obwohl, noch besser wäre es, wenn sie ihren neuen Typen mitgebracht hätte. Wie heißt er noch mal?«
»Tomás«, raunte eine andere übertrieben betont. »Der sexy Künstlertyp Tomás .«
»Wo ist denn dein Freund?«, rief Bethany, die auf der Couchlehne hockte und keine Schüchternheit kannte.
»Ach, der muss gerade noch telefonieren. Er kommt gleich. Er freut sich schon riesig darauf, euch alle kennenzulernen.« Sophies Lachen klang ein bisschen gezwungen.
Und ihrer besorgten Miene nach war ihr auch nicht zum Lachen zumute – offenbar hatte ihr Freund darauf bestanden mitzukommen, und ihr war eindeutig nicht wohl bei dem Gedanken, dass die anderen Frauen über die Sache mit Tomás Bescheid wussten. Das Techtelmechtel der beiden war mittlerweile bis zu leidenschaftlicher Knutscherei gediehen, allerdings waren bisher weder die letzten Hüllen gefallen noch »irgendetwas vollzogen worden«, so Sophies Worte. Deshalb redete sie momentan sich selbst und allen anderen ein, rein theoretisch habe sie nichts Böses getan. Aber ihr manchmal völlig entrückter Blick und die Art, wie sie hibbelig ihre Finger verknotete, sprachen Bände: Sophie war auf dem besten Weg, sich in ihren schnuckeligen Fotoschüler zu verlieben, und es plagte sie neben Schuldbewusstsein und Angst auch die Unsicherheit, wie sie mit ihrem Freund umgehen sollte. Die Müttergruppe war zu ihrem Schutzhafen geworden – zu einem Raum voller Vertrauter und so weit von ihrer realen Welt entfernt, dass Sophie dort ungeniert Details ausbreitete, die sie nicht einmal ihren echten Freunden erzählt hätte. Andy war klar, dass der Gedanke, diese beiden
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