Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück: Roman (German Edition)
wappnete sich innerlich gegen den nächsten Kälteschock und stellte den linken Fuß neben den rechten. Nun stand sie mit beiden Beinen bis zur Wade im eiskalten Wasser. Es fehlte nicht viel, und sie wäre in Tränen ausgebrochen.
Ihre Schuhe waren hinüber, genau wie die Lederleggings, und ihre Füße fühlten sich an wie abgefroren. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ans andere Ufer zu waten. Sie konnte nur noch einen einzigen Gedanken fassen: Das hast du nun davon, dass du Miranda Priestly weggedrückt hast.
Allerdings blieb ihr nicht viel Zeit, sich über ihr Missgeschick zu grämen, denn kaum hatte sie den rettenden Bordstein erreicht und war stehen geblieben, um sich die Bescherung genauer anzusehen, klingelte erneut das Telefon. Es war mutig – um nicht zu sagen wagemutig – von ihr gewesen, den ersten Anruf nicht anzunehmen. Ein zweites Mal brachte sie es nicht über sich. Triefend, fröstelnd und den Tränen nah ging sie ran.
»Aan-dreh-aa? Sind Sie das? Wie lange soll ich denn noch warten? Ich frage Sie nur dieses eine Mal: Wo – bleibt – mein – Lunch?«
Wer könnte es wohl sonst sein?, dachte Andy. Du hast doch meine Nummer gewählt. Meinst du vielleicht, da meldet sich der Kaiser von China?
»Es tut mir leid, Miranda. Das Wetter ist einfach furchtbar, aber ich …«
»Ich erwarte Sie auf der Stelle zurück. Das wäre alles.« Und bevor Andy noch irgendetwas zu ihrer Verteidigung vorbringen konnte, war das Gespräch auch schon wieder beendet.
Sie nahm die Beine in die Hand. Egal, dass ihr die kalte, eklige Brühe um die Zehen schwappte. Egal, dass sie in diesen Plateaupumps, selbst wenn sie trocken waren, kaum laufen konnte. Egal auch, dass sich das Pflaster im gefrierenden Regen in eine spiegelnde Eisfläche verwandelte. Sie hastete voran, so schnell es eben ging. Als sie nur noch einen Straßenblock vor sich hatte, rief plötzlich jemand ihren Namen.
Andy! Andy, stopp! Ich bin’s. Bleib stehen!
Diese Stimme hätte sie immer und überall wiedererkannt. Aber wie kam Max hierher? Hatte er nicht aus irgendeinem Grund übers Wochenende verreisen wollen? Sie blieb stehen und drehte sich suchend um.
Hier bin ich. Hier drüben, Andy!
Und jetzt sah sie ihn, ihren Verlobten – dichtes schwarzes Haar, leuchtend grüne Augen, markante Gesichtszüge. Er thronte auf einem prachtvollen Schimmel. Seit Andy im zweiten Schuljahr abgeworfen worden war und sich das rechte Handgelenk gebrochen hatte, war ihr Verhältnis zu Pferden nicht gerade das beste, aber der Schimmel machte einen friedlichen, sanftmütigen Eindruck. Andy war viel zu beglückt, Max zu sehen, um sich zu wundern, wieso er bei einem Schneesturm durch Manhattan ritt.
Mit der Leichtigkeit eines geübten Reiters schwang er sich aus dem Sattel. Konnte es sein, dass er Polo spielte, ohne dass sie etwas davon wusste? Mit drei großen Schritten war er bei ihr und zog sie an sich. Sie schmiegte sich in seine warme Umarmung, alle Anspannung fiel von ihr ab.
»Mein armer Liebling«, raunte er, ohne sich um die neugierig gaffenden Passanten zu scheren. »Du musst ja halb erfroren sein.«
Das teuflische Klingeln des Telefons schob sich zwischen sie. Andy kramte es eilig aus ihrer Tasche.
»Aan-dreh-aa! Habe ich mich unklar ausgedrückt? Auf der Stelle bedeutet auf der Stelle. Oder ist das etwa zu hoch für Sie?«, keifte es ihr entgegen.
Andy zitterte am ganzen Leib. Bevor sie irgendetwas antworten konnte, hatte Max ihr das Telefon abgenommen, das Gespräch beendet und das Handy mit einem perfekt gezielten Wurf in derselben Pfütze versenkt, in der sie vorhin gestanden hatte. »Sie hat dir überhaupt nichts mehr zu befehlen, Andy.« Er hüllte sie in eine große warme Daunendecke.
»O Gott, Max, was machst du denn? Ich bin furchtbar spät dran! Ich hab noch nicht mal das Essen abgeholt! Sie bringt mich um, wenn ich nicht in den nächsten Minuten mit ihrem Lunch aufkreuze.«
»Pst.« Er legte ihr sacht zwei Finger auf die Lippen. »Sie kann dir nichts tun. Ich bin jetzt bei dir.«
»Aber es ist doch schon zehn nach eins, und wenn sie nicht …«
Max hob sie mühelos hoch und setzte sie im Damensitz auf den Schimmel.
Stumm vor Schock ließ sie es geschehen, dass er ihr die nassen Schuhe auszog und in die Gosse warf. Aus seinem geliebten Matchbeutel, ohne den er nie aus dem Haus ging, holte er Andys halbhohe, mit Fleece gefütterte Hausschuhe und streifte sie ihr über die geröteten Füße. Er breitete die Decke über ihre Beine, wickelte
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