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Die Reise nach Uruk

Die Reise nach Uruk

Titel: Die Reise nach Uruk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Beduinenfrau, die stumm vor sich hin stierte und weit weg in ihren Gedanken schien. Neben ihr hatte ein Pilger, dessen Kinn von einem Kranz schlohweißer Bartstoppeln umgeben war, seinen Kopf gegen den Vorhang der Scheibe gelegt, die das Abteil vom Gang trennte. Seine Augen waren geschlossen, aber er schlief nicht, sondern verpestete die Luft mit einer filterlosen, selbstgedrehten Zigarette, die in seinem Mundwinkel klemmte. Der sechste Fahrgast war ein blinder Krüppel, der irgendein Kraut kaute. Beim Betreten des Abteils hatte er freundlich gelacht. Seine Zähne waren völlig zerfressen, das Zahnfleisch faulig.
    Über ihren Köpfen stapelte sich in den Ablagen Gepäck. Den größten Koffer besaß die Beduinenfrau. Er stand draußen auf dem Gang, weil drinnen kein Platz mehr gewesen war. Koffergriff und Handgelenk der Reisenden waren mit einem Strick verbunden, der unter dem Türspalt durchlief, so daß die Frau hoffen konnte, es zu bemer -ken, wenn jemand versuchte, sich an ihrem Gepäck zu schaffen zu machen.
    Neli nahm einen tiefen Atemzug. Ihr Mann, der Junge und sie fuhren nicht oft in ihr Heimatdorf. Höchstens einmal im Jahr, wenn Darius seinen Urlaub in der Fabrik bekam, der neuerdings auch mit Firans Schulferien zusammenfiel. Sie hatten vor, drei Wochen im Haus von Nelis Schwiegereltern zu wohnen und währenddessen auch ihre eigenen Eltern zu besuchen.
    Wie es sich gehörte. Alles ging seinen geregelten Gang, und die Zufriedenheit einer Frau - noch dazu einer Frau, die nicht mehr als ein Kind gebären konnte - kümmerte niemanden.
    Auch dich nicht, dachte Neli. Wieder begegnete sie dem kühlen Blick.
    Darius war schlank und groß, sehr männlich. Er legte Wert auf sein Äußeres, ging einmal in der Woche zum Barbier, der ihm Bart und Haare stutzte, und anschließend in die Badeanstalt, um sich von der schweren Arbeit zu entspannen und massieren zu lassen. Bevor er nach Hause kam, schickte Neli ihren Sohn zu ihrer Schwester und empfing ihren Mann im Bett, nackt bis auf den Schleier, der in ihren eigenen vier Wänden keine Notwendigkeit war, Darius aber - wie er einmal eingestanden hatte - erregte.
    Danach streichelte Neli das beschnittene Glied ihres Mannes mit ihren Händen, ihren langen schwarzen Haaren und mit ihren Lippen, die unter dem Schleier darauf warteten, ihre Pflicht zu erfüllen.
    Pflicht - mehr war es für Neli nie gewesen, denn Liebe hatte keine Rolle bei ihrer Heirat gespielt. Andere Frauen, mit denen sie dieses Thema vorsichtig angesprochen hatte, waren überwiegend der Meinung gewesen, Liebe und Leidenschaft voneinander trennen zu können.
    Neli vermochte dies nicht. Sie kam sich hinterher jedesmal erniedrigt und wie . vergewaltigt vor, ohne dies Darius aber je einzugestehen. Er konnte sehr jähzornig werden. Deshalb wählte sie das kleinere, vorübergehende Übel und war schon froh, daß er sie wirk-lich nur einmal die Woche bedrängte. Im Laufe der Jahre hatte sie Indizien dafür gefunden, daß er sich die übrigen Tage anderswo vergnügte, wofür sie den unbekannten Frauen fast dankbar war.
    Sie stand auf.
    »Wo willst du hin?«
    »Auf die Toilette.«
    Darius nickte. Dann wandte er das Gesicht dem Fenster zu, wie sie vorhin.
    Neli stand eine Weile regungslos im Abteil und wußte nicht, warum sich ihre Nackenhaare bei dem kurzen Wortwechsel mit ihrem Mann gesträubt hatten. Sie schaute auf Firan hinab. Der Junge schlief friedlich. Die Rauchschwaden störten ihn nicht.
    Der Blinde grinste, als Neli sich endlich in Bewegung setzte und die Abteiltür aufschob. Sofort drangen andere Geräusche ins Innere. Stimmen, Lachen, Flüche .
    Sie trat auf den Gang und schloß die Tür hinter sich. Trübes Licht erhellte den Waggon. Hie und da hockten Leute auf ihrem Gepäck, weil die Abteile überbelegt waren. Aber Neli wurde nicht belästigt, als sie zur Toilette am Ende des Wagens ging.
    In der engen Kabine war es dreckig. Auf dem Boden waren Urinlachen. Es stank. Neli erledigte ihr Geschäft in der Hocke. Das Klosett ekelte sie. Fast fluchtartig verließ sie die Kabine wieder und kehrte ins Abteil zurück.
    Die Szene sah aus, als hätte Neli sie nie verlassen.
    Kein noch so winziges Detail hatte sich verändert. Darius blickte immer noch in die Mondnacht hinaus. Er reagierte nicht, als sie sich ihm gegenüber wieder auf den Sitz sinken ließ.
    »Ich bin müde. Ich werde auch etwas schlafen«, sagte sie und rückte sich zurecht.
    Darius drehte ihr das Gesicht zu und fragte: »Mit wem hast du es

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