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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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Irrlehren verfiel, oder sie, falls es schon soweit war, auf den rechten Weg zurückführen. Es kann fast als sicher gelten, daß sie überall, wo sie sich längere Zeit aufhielten, beim Zuverlässigsten von den Konvertiten Dokumente über Leben und Worte des Heilands hinterlegten.
    Im Gegensatz zu den Judenchristen waren die Heidenchristen nicht so geübt in der mündlichen Überlieferung – einige konnten vielleicht längere Passagen aus dem Homer auswendig, aber das war auch schon alles. Vielleicht riskier-ten sie den gefährlichen Weg deshalb noch einmal, weil sie wußten, daß die Beamten in den jeweiligen Städten zu Beginn des neuen Jahres (48 n. Chr.) abgelöst wurden. Doch das hatte nicht viel zu sagen. Sie waren immer noch amtlich vermerkt, und die Menschen, die sie haßten, wohnten im-203
    mer noch am selben Ort. Der Mut der beiden Männer ist erstaunlich, ja draufgängerisch zu nennen, wären sie nicht davon überzeugt gewesen, daß sie unter göttlichem Schutz standen.
    Die Apostelgeschichte vermerkt lakonisch: »(Sie) stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, daß sie im Glauben blieben, und daß wir durch viel Trübsal müssen in das Reich Gottes gehen.« Sie sprachen mit denen, die sie für die Verläßlichsten und Bestunterrichteten hielten. Später wurden diese Menschen, gewiß nicht ohne Barnabas’ und Paulus’ Einflußnahme, dem jüdischen Brauch gemäß zu Ältesten oder Presbytern der jeweiligen Gemeinde ernannt.
    Als sie ankamen, hatten die beiden Männer in diesen abgelegenen Teil des römischen Reiches eine völlig neue Botschaft gebracht, die Juden wie Heiden betraf. Als sie nach ihrem zweiten Besuch Abschied nahmen, ließen sie festge-gründete Glaubensgemeinschaften zurück, die sich ständig vergrößerten. Es war eine unglaubliche Leistung. Zwei Männer hatten ganz allein, trotz vieler anerkannter Kulte und mancher Feindseligkeiten in einem beträchtlichen Teil des römischen Reiches den Keim zur religiösen Revolution gesät.
    Im Frühling verließen sie Pisidien und begaben sich wieder nach Perge. Zweifellos bestärkten sie auch hier die Neubekehrten im Glauben, sorgten dafür, daß das Evangelium recht gepredigt wurde, und ernannten vertrauenswürdige Menschen zu Gemeindeältesten. Es verdient festgehalten zu werden, daß Paulus – wie viele Kirchenheilige – unbeschadet seiner Träume und mystischen Erfahrungen eminent praktisch war und ein großes Organisationstalent besaß. In 204
    mancher Hinsicht ähnelte er einem Geschäftsmann. Möglicherweise fanden sie in Perge kein Schiff nach Seleucia, möglicherweise entschlossen sie sich auch dazu, nach Attalia zu gehen, um dort weitere Gläubige zu gewinnen, bevor sie von Kleinasien Abschied nahmen. Das letztere ist wahrscheinlicher. Attalia war eine bedeutende Stadt mit einem großen Handelshafen – von hier aus konnte die frohe Botschaft durch Matrosen, Kaufleute und Reisende weitergetragen werden. Im Sommer des Jahres 48 gingen sie schließ-
    lich an Bord eines Schiffes, das nach Syrien fuhr. Zwei Jahre lang waren sie fort gewesen. Es war ihre dritte Seereise, vermutlich eine recht unbequeme, aber das war nichts, verglichen mit den Widrigkeiten des ersten Sommers in Pisidien; den Gefahren, die in den Bergen lauerten, und den Drohun-gen und Gewalttätigkeiten, denen sie in den Städten begegnet waren. Sie hatten auf Zypern und in Kleinasien mindestens 1600 Kilometer zurückgelegt, hauptsächlich zu Fuß.
    Selbst für einen modernen Reisenden, der eine Reisebe-schreibung oder einen Dokumentarbericht mit heimbringen will, wäre das eine beachtliche Leistung. Aber selbst wenn er den schwierigsten Weg wählen würde, wäre es nicht mit den Bedingungen zu vergleichen, unter denen Paulus und Barnabas reisen mußten. Auch taten sie es nicht zu ihrer Unterhaltung, sondern um die Welt zu missionieren. Haß und Verachtung der Römer schlugen ihnen entgegen, dazu die noch bösere Feindseligkeit der Juden und die Ignoranz der Heiden.
    Es ist zweifelhaft, ob sie je dem bäurischen Niveau der Bevölkerung gerecht wurden. Zu viele Dialekt- und Sprach-probleme stellten sich. Ihre Botschaft mußte ins Griechi-205
    sche übersetzt werden: in die Sprache, die Gebildete und Halbgebildete allerorten für Geschäft und Unterhaltung ge-brauchten. Viele von den Juden, die schon seit längerer Zeit in Kleinasien ansässig waren, hatten wahrscheinlich ihre Muttersprache verlernt und das Griechische als Lingua franca übernommen. Paulus und

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