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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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bemerkt.
    »Was ist los?« fragte sie.
    Beatrice runzelte die Stirn und wandte sich vom Fenster ab. Von einem Moment zum anderen war es ohnehin zu dunkel geworden, als daß sie noch etwas genau hätte wahrnehmen können.
    »Ich dachte nur gerade, ich hätte jemanden gesehen...«, sagte sie.
    »Wen?«
    »Julien.«
    »Julien? Unseren Julien?«
    Es war nie unser Julien, dachte Beatrice verärgert, aber sie nahm Maes Bemerkung kommentarlos hin.
    »Ja. Aber wahrscheinlich habe ich mich getäuscht. Weshalb sollte er nach Guernsey kommen?«
    »Meine Güte, er muß sich sowieso sehr verändert haben«, sagte Mae, »er ist doch jetzt bald achtzig Jahre alt, oder?«
    »Siebenundsiebzig.«

    »Auch nicht viel besser. Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir ihn überhaupt wiedererkennen würden.« Sie kicherte, und Beatrice fragte sich, was es zu kichern gab. »Und er uns zwei alte Schachteln auch nicht, fürchte ich.«
    Beatrice sagte nichts, schaute nur noch einmal zum Fenster hinaus, doch selbst wenn sie überhaupt noch etwas hätte sehen können, wäre der Mann, den sie einen atemlosen Augenblick lang für Julien gehalten hatte, sicher längst in der Menge verschwunden.
    Ein Irrtum, dachte sie, und wegen eines Irrtums sollte, weiß Gott, mein Herz nicht so jagen!
    »Komm«, sagte sie zu Mae, »laß uns zahlen und dann nach Hause fahren. Ich bin müde.«
    »In Ordnung«, sagte Mae.

Erster Teil

1
    Ein Morgen war wie der andere. Um sechs Uhr früh klingelte Beatrices Wecker. Sie gönnte sich fünf Minuten, in denen sie still liegen blieb, die Wärme des Bettes und die Ruhe um sich herum genoß. Eine Ruhe, die unterbrochen wurde von einigen vertrauten Geräuschen ringsum: Vogelgezwitscher aus dem Garten, manchmal, wenn der Wind günstig stand, ein leises Meeresrauschen. Irgendwo im Haus knackten ein paar Holzdielen, kratzte sich einer der Hunde, tickte eine Uhr. Dann schob sich Beatrices Schlafzimmertür einen Spalt weit auf, und Misty streckte ihre Nase hinein. Mistys Fell hatte die bleigraue Farbe des Nebels, der im Herbst über Petit Bôt Bay lag, und daher war der Name Beatrice sofort durch den Kopf geschossen, als sie den Hund als Welpen zum erstenmal im Arm gehalten hatte. Damals bestand Misty nur aus großen, tapsigen Pfoten, aus weichem, buschigem Fell und aus lebhaften, kohlschwarzen Knopfaugen. Heute hatte sie die Größe eines Kalbes.
    Misty nahm Anlauf und sprang aufs Bett, das unter ihrem Gewicht schwankte und ächzte. Sie kuschelte sich in die Decken, wälzte sich auf den Rücken, streckte alle viere in die Luft und schleckte Beatrice kurz mit der Zunge über das Gesicht – ein triefend nasser, von Herzen kommender Liebesbeweis.
    »Misty, runter vom Bett«, befahl Beatrice halbherzig, und Misty, die wußte, daß sie auf den Protest der Hausherrin nichts geben mußte, blieb, wo sie war.
    Für Beatrice waren die fünf Minuten der Beschaulichkeit vorbei. Sie stand schwungvoll auf und ignorierte, so gut sie konnte, die leichte Steifheit ihrer Gelenke, die ihr verriet, daß sie nicht mehr so jung war, wie sie sich manchmal fühlte. Sie wollte keineswegs so werden wie Mae, die sich von morgens bis abends mit ihrem Körper beschäftigte, ständig in ihn hineinlauschte und jeden
dritten Tag beim Arzt saß, weil sie meinte, daß irgend etwas in ihrem Inneren nicht stimmte. Nach Beatrices Ansicht zog sie sich damit die Unpäßlichkeiten überhaupt erst heran. Aber darüber hatten sie schon oft gesprochen, ohne daß eine von ihnen ihre Meinung geändert hätte. Ihre Freundschaft bestand ohnehin im wesentlichen darin, sich gegenseitig mit kopfschüttelnder Verwunderung zu betrachten.
    Während sie im Bad unter der Dusche stand, überlegte Beatrice, was sie am heutigen Tag tun würde. Sie konnte sich derlei Überlegungen inzwischen leisten, denn aus dem eigentlichen Berufsleben, das früher ihren Tagesablauf bestimmt hatte, hatte sie sich zurückgezogen. Ihren Rosengarten versorgte sie nur noch zu ihrem privaten Vergnügen, wobei das Wort »Vergnügen« den Sachverhalt nicht wirklich wiedergab. Aber die Rosen waren nun einmal da, also kümmerte sie sich auch um sie. Ab und zu, wenn jemand vorbeikam, der Rosen kaufen wollte, Touristen vor allem, gab sie noch welche ab. Aber sie inserierte nicht mehr in den einschlägigen Zeitschriften und hatte den Versand völlig eingestellt. Sie versuchte auch nicht mehr, neue Sorten heranzuzüchten. Das überließ sie anderen, und überhaupt: Es hatte ihr nie übermäßig Spaß bereitet.

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