Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
kein Grund, neidisch zu sein! Dennoch nagte da manchmal etwas; sie konnte sich nicht recht erklären, woher das Gefühl kam, und vielleicht wollte sie es sich auch gar nicht erklären, weil Erkenntnisse in diesen Fragen nur Schmerz bedeutet hätten. Auch wenn sie die Tatsache mit einbezog, daß sie in einer anderen Zeit jung gewesen war als Maja und daß das Leben damals nach anderen Wertvorstellungen geordnet gewesen war, so konnte sie doch dann und wann nicht anders, als Vergleiche zwischen der jungen Helene und der jungen Maja anzustellen. Und jedesmal löste dies einen eigenartig heftigen Schmerz in ihr aus.
Du hättest mehr vom Leben haben können, wenn du dir mehr genommen hättest, hatte eine barsch klingende Stimme in ihrem Innern einmal zu ihr gesagt, und seither war diese Stimme nie mehr ganz verstummt.
»Ich würde Maja auch gerne etwas schenken«, sagte sie nun rasch, »ich komme mit euch, und sie könnte sich etwas aussuchen. «
Beatrice seufzte; sie hatte gewußt, daß Helene es wieder einmal versuchen würde.
»Helene, du willst Maja doch gar nichts schenken, und das erwartet auch kein Mensch von dir«, sagte sie. »Du magst Maja nicht besonders, was dein gutes Recht ist, und du brauchst nicht an ihrem Geburtstag so zu tun, als ob das anders wäre.«
»Aber...
»Du willst einfach mit, weil du wieder einmal nicht weißt, was du sonst mit dir anfangen sollst. Das ist wirklich keine gute Idee. Du weißt, wie Maja ist, wenn man ein Geschenk für sie kauft – sie jagt kreuz und quer durch alle Geschäfte, und schon Mae und ich kommen kaum hinterher. Mit dir im Schlepptau wären wir völlig unbeweglich, denke nur an die vielen steilen Straßen und Treppen in St. Peter Port und an dein Rheuma!«
Helene war zusammengezuckt, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Du kannst wirklich sehr kalt sein, Beatrice. Warum sagst du nicht gleich, daß ich euch lästig bin?«
»Dann würdest du mich ja noch kälter finden«, entgegnete Beatrice und wandte sich zur Tür. Sie hatte alles im Zimmer einigermaßen geordnet und aufgeräumt, und es befiel sie schon wieder das Gefühl, jeden Augenblick zu ersticken, wenn sie noch länger Helenes quengeliger Stimme lauschte und in ihr blasses Gesicht blickte.
»Es wird ein sehr schöner Tag werden. Du kannst dich in den Garten setzen und lesen und dich freuen, daß du nicht in der Gegend herumlaufen mußt.« «
Helene kniff die Lippen zusammen. Andere Menschen sahen unsympathisch aus, wenn sie einen schmalen Mund bekamen, nicht aber Helene. Sie wirkte noch immer mitleiderregend.
»Wenn du dich schon so für Majas Geburtstag engagierst«,
stieß sie hervor, »denkst du dann gelegentlich wohl auch daran, daß ich bald Geburtstag habe?«
»Das kann ich ja nun beim besten Willen nicht vergessen«, entgegnete Beatrice barsch.
Wie sollte sie auch? Sie und Helene hatten am selben Tag Geburtstag - am 5. September. Allerdings war Helene zehn Jahre früher geboren. Und überdies nicht auf Guernsey, so wie Beatrice.
Sondern in Deutschland.
Sie hatte Rindermist kommen lassen von einem Bauern aus Le Variouf. Damit wollte sie die Rosen düngen, zum letztenmal in diesem Jahr. Rindermist eignete sich am besten, viel besser als jeder andere Dünger, den man in Geschäften kaufen konnte. Sam, der Bauer, war gleich nach dem Frühstück erschienen und hatte eine Fuhre abgeliefert. Das Zeug stank jetzt im Schuppen vor sich hin, und Beatrice hatte irgendwie keine Lust, mit der Arbeit anzufangen. Vielleicht war es einfach zu heiß. Auch Sam hatte gemeint, es werde fast unerträglich warm werden - auf jeden Fall viel zu warm für die Jahreszeit.
»Das habe ich schon beim Aufstehen gemerkt«, hatte er gesagt, den Hut aus der Stirn geschoben und sich mit einem Taschentuch den Schweiß abgewischt. »Wird verdammt heiß heute, hab ich gedacht. Und da war wenigstens noch eine Brise in der Luft. Jetzt regt sich nichts mehr, merken Sie das? Kein Windhauch, nichts! Wird hart heute mit der Arbeit!«
»Ausgerechnet heute muß ich in die Stadt«, hatte Beatrice gesagt, »aber da kann man nichts machen. Ich werde es schon überleben. «
»Klar. Sie überleben alles, Mrs. Shaye!« Er hatte gelacht und trotz der Hitze den Schnaps angenommen, den sie ihm anbot. Sam trank gerne einen kräftigen Schluck zwischendurch, aber er mußte es heimlich tun, weil seine Frau schimpfte, wenn sie etwas davon mitbekam.
Beatrice mußte an seine Worte denken, während sie durch den Garten wanderte, einen
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