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Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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auf halbem Weg stehen, weil ein Auto vorbeifährt, wie Sie hören können, wenn Sie die Ohren spitzen. Es ist Vollmond.«
    Auf dem Bildschirm sah man, wie ich mich schrittweise der Burg näherte, bis ich nur noch ein paar Meter von ihr entfernt war.
    »Und jetzt sehen Sie, wie Maria ihn auf dem Balkon in Empfang nimmt«, fuhr Sebastian fort. Seine Stimme zitterte. Tatsächlich sah man Maria nur sehr undeutlich und konnte sich darüber streiten, ob ich jemanden umarmte oder ob es sich um eine Bildstörung handelte. Der Richter bat erneut um Ruhe im Saal. Sebastian flüsterte dem Gerichtsdiener nervös zu, er solle das Bild besser einstellen, und sprach dann weiter:
    »Jetzt hat er sie auf den Arm genommen und trägt sie über das Seil zurück. Wie man deutlich sehen kann, äh, wenn das Bild richtig eingestellt ist, beginnt Maria nun, Michael unsittlich anzufassen.«
    Schweißperlen glitzerten auf Sebastians Stirn. Auf dem Bildschirm war nicht viel mehr zu sehen, als dass ich alleine unterwegs war, höchstens von einer merkwürdigen Dampfsäule umgeben, die die vagen Formen eines menschlichen Wesens bildete. Der Richter musste zum dritten Mal um Ruhe im Saal bitten. Sebastian wischte sich hektisch mit dem Jackenärmel den Schweiß von der Stirn und sprach weiter:
    »Jetzt hat Maria sich entkleidet und reißt Michael die Kleider vom Leib, und, und jetzt, wie Sie alle sehen können, lieben sich Michael und Maria auf dem Seil mit dem Mond im Hintergrund.«
    Der Richter versuchte nun vergeblich, den Saal zur Ruhe zubringen. Auf dem Bildschirm war zu sehen, dass ich alleine auf dem Seil balancierte, zwar nackt und mit einem ziemlich beachtlichen Zeichen meiner Männlichkeit, aber dennoch alleine. Das Seil wippte auf und ab, ich strich mit den Händen durch die Luft, fast an den Umrissen des Mondes entlang, dann ejakulierte ich plötzlich, und ein großer Schwarm Tauben flog vorbei. Der Saal geriet in heftigen Aufruhr, einige protestierten und waren schockiert, andere lachten schallend und klatschten. Das Sperma verschwand nicht, sondern schien in der Luft zu schweben, so als könne ich es vor mir balancieren, was große Heiterkeit auslöste, sogar beim Richter.
    »Wie a-alle sehen können«, stammelte Sebastian, »kann Maria keine Jungfrau mehr sein, weil …« Er brach mitten im Satz ab, da die Zuschauer in lautes Buhen ausbrachen und einige von ihren Sitzen aufsprangen und die Fäuste schüttelten. Ein langhaariger junger Mann mit einem Ikonenbild von Maria auf dem T-Shirt schrie:
    »Heuchler! Sie sind der Einzige, der das in seinem kranken Hirn sieht!«
    Sebastian schlug sich die Hände vors Gesicht und sank auf seinen Stuhl. Der Richter klopfte mit dem Hammer auf den Tisch und drohte, den Saal räumen zu lassen, wenn nicht sofort Ruhe einkehren würde. Zur Bekräftigung zeigte er auf den jungen Mann und ließ ihn rauswerfen. Dann fragte er den Bischof, ob das alles sei, was er dem Gericht zeige wolle.
    »Da ist was passiert, ich verstehe nicht …«, murmelte Sebastian und schwankte.
    Der Staatsanwalt meinte, er habe keine weiteren Fragen an Sebastian. Der Richter hatte ihn bereits aufgefordert, den Zeugenstand zu verlassen, als ich aufstand und verlangte, dem Zeugen ein paar Fragen stellen zu dürfen. Sebastian schien nicht die Kraftzu haben, aufzustehen. Ich ging zu ihm und schaute ihm freundlich in die Augen. Sie waren so schwarz, dass ich mich fragte, ob er überhaupt damit sehen konnte. Um ihm die Wahrheit zu entlocken, hatte ich mir vorgenommen, meiner Intuition zu folgen. Er sah mich mit flehendem Blick an, als erwarte er Hilfe oder Verständnis. Ich kam direkt zum Thema und redete mit ihm, als seien wir nur zu zweit im Saal:
    »Verzweifeln Sie nicht, Sebastian. Sie wissen doch, dass sie keine Jungfrau mehr ist, nach der Untersuchung durch den Roboter.«
    Er packte mich fest an der Schulter, sagte jedoch fast wie zu sich selbst:
    »Das hat nicht funktioniert, sie ist weg, sie ist einfach verschwunden, sie existiert nicht mehr, sie war nur noch im Spiegel, aber nicht mehr auf der Bank, das Zimmer war abgeschlossen, aber sie wurde nirgendwo gefunden, war nur noch im Spiegel, aber nicht hier, sie ist weg, sie existiert nicht mehr.«
    Seine Stimme war auf kindliche Weise aufrichtig geworden, und ich spürte seine vollkommene Verzweiflung, doch dann stieß er mich plötzlich brüsk von sich, richtete sich auf seinem Stuhl auf, sein Gesichtsausdruck verhärtete sich, und er zischte:
    »Ihr wendet irgendwelche

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