Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
gehörte zu den ersten Erinnerungen ihres noch jungen Lebens, und er war vielleicht in all den Jahren, die seither vergangen waren, ihr treuester Begleiter gewesen. Selbst in der Komturei Bruder Abbés und später, als sie mit den Tempelrittern von Friesland aus in Richtung Italien gezogen war - und erst recht auf dem Schiff -, hatte es längst nicht jeden Tag satt zu essen gegeben. Den unbeschreiblichen Luxus, sich keine Gedanken über die nächste Mahlzeit machen zu müssen und es als ganz selbstverständlich hinzunehmen, dass sie es am nächsten Tage ebenso wenig musste wie an dem danach und dem darauf folgenden, hatte sie erst kennen gelernt, seit sie Salims Frau war und in der Burg seines Vaters lebte. Wahrscheinlich, dachte sie, war es ein schlechtes Zeichen.
    Das bequeme Leben in reinem Luxus, das sie an Salims Seite führte, begann unaufhaltsam seinen Preis zu fordern. Das spielerische Kräftemessen, zu dem Salim sie vorhin herausgefordert hatte, war das erste seit Wochen gewesen, und ganz offensichtlich hatte sie sich damit schon selbst überfordert, denn das Schwindelgefühl verschwand nun tatsächlich, machte dafür aber einer leisen Übelkeit Platz, die in ihren Eingeweiden rumorte und sich langsam auf den Weg nach oben begab.
    Mit purer Willensanstrengung kämpfte Robin das Gefühl nieder. Ihr Verstand sagte ihr ganz genau, was mit ihr los war: Sie hatte sich über die Maßen verausgabt, und das ihr eiskalt erscheinende Wasser hatte ein Übriges dazu getan, ihren Kreislauf bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit zu fordern. Vernünftig wäre es, sich jetzt zu schonen, zumindest aber langsamer zu gehen. Aber wann hatte es sie je interessiert, was vernünftig war? Schon aus purem Trotz beschleunigte sie ihre Schritte noch mehr, warf den Kopf in den Nacken, sodass ihr Haar abermals flog (die Bewegung musste auf jeden heimlichen Beobachter wie eine herausfordernd geschwenkte Fahne wirken, wie sie sich schmerzhaft klar machte), und erreichte, zwar beinahe mit letzter Kraft, dennoch aber stolz aufgerichtet und mit festen Schritten das Haus. Vielleicht hatte sie gestern etwas Falsches gegessen, was ihr jetzt zusätzlich aufstieß.
    Nach der schier unerträglichen Gluthitze draußen kam es Robin hier drinnen nur im allerersten Moment angenehm kühl vor. Dann schlug das Gefühl wohltuender Erleichterung urplötzlich in Kälte um. Ein eisiger Schauer rann ihr über den Rücken.
    Sie ließ den Mantel fallen, der ihr plötzlich so schwer vorkam, als wäre auch er aus Eisen geflochten, und registrierte beiläufig, dass das Kleidungsstück im Grunde nur noch aus Fetzen bestand - Salims Klinge hatte den Stoff an mindestens einem Dutzend Stellen zerschnitten. Als hätte es des Anblickes bedurft, spürte sie plötzlich auch jeden einzelnen Hieb, den das Kettenhemd aufgefangen hatte; spätestens morgen früh würde sie eine hübsche Sammlung blauer Flecken und Striemen auf Brust, Rücken und Oberarmen aufweisen. Sie konnte sich jetzt schon vorstellen, dass Salim nicht nur jede dieser Erinnerungen an den heftigen Kampf ausgiebig erkunden, sondern auch zu jeder einzelnen einen spöttischen Kommentar abgeben würde - aber selbst diese amüsante Vorstellung nutzte nichts. Das Gefühl von Schwäche wurde im Gegenteil immer schlimmer.
    Jetzt, wo sie allein im Haus und sicher vor neugierigen Augen war, streifte sie auch die übrige Kleidung ab, bis sie nur noch das schwere baumwollene Unterhemd trug. Sie hatte jetzt nicht mehr das Gefühl, ein totes Pferd mit sich herumzuschleppen, das ihr jemand heimlich auf den Rücken gebunden hatte, dafür war in ihrem Mund plötzlich ein Geschmack, als hätte sie ihre Zähne in ein solches geschlagen.
    Allmählich wurde Robin wütend auf sich selbst; auf die Unzulänglichkeit ihres Körpers, der sie so schmählich im Stich ließ, aber auch auf sich, die Schwäche, die sie in den letzten Monaten zugelassen hatte. Zum wiederholten Male nahm sie sich fest vor, gleich am nächsten Tag wieder damit zu beginnen, regelmäßiger zu trainieren. Auch wenn ihr vollkommen klar war, was Salim dazu sagen musste - von seinem Vater gar nicht zu reden -, so würde sie sich einige der zuverlässigsten Männer aus seiner Leibgarde heraussuchen, um mit ihnen regelmäßige Waffenübungen zu absolvieren.
    Was leider nichts daran änderte, dass sie sich noch immer hundsmiserabel fühlte. Und plötzlich, obwohl sie noch vor ein paar Augenblicken das Gefühl gehabt hatte, vor Hitze sterben zu müssen, hielt sie

Weitere Kostenlose Bücher