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Die Rückkehr der Zehnten

Titel: Die Rückkehr der Zehnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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war. Seitenstechen ließ sie keuchen. Sie hatte das Gefühl zu atmen und doch zu ersticken. Und da war noch etwas, was sie störte. Ein unangenehmer Geruch, den sie so gut kannte, dass sich ihr die Nackenhaare aufstellten. Irgendwo brannte ölgetränktes Holz. Ob die Priester ihre eigene Stadt in Brand steckten, damit ihnen die Flucht doch noch gelänge?
    Unten im Turm vernahm sie ein Scharren, dann einen dumpfen Knall. Ihr Herz bockte und rannte dann los. Oben hämmerte Matej immer noch gegen die Tür. Mit zitternden Händen zog sich Lis an der wackligen Brüstung hoch und überwand sich, in die Tiefe zu schauen. Von oben sahen die sieben Statuen des grausamen Gottes so klein aus, dass ihr übel wurde. Der Sog der Tiefe zerrte an ihr, doch sie kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich darauf, im Dämmerlicht etwas zu sehen.
    An der Turmtür stand eine schemenhafte Gestalt. Lis hörte ein metallisches Klicken und begriff, dass die Tür von innen verriegelt wurde. War es Tona? Ein vages Gefühl hielt sie davon ab, nach ihr zu rufen. Etwas irritierte sie. Schritt für Schritt stieg sie die Stiegen hinunter in der Hoffnung, die Gestalt erkennen zu können. Sie bildete sich ein, Schritte und dann ein weiteres Klicken zu hören, wahrscheinlich spielte das Echo im Turm ihr einen Streich. Der Schatten stand inzwischen bewegungslos an der Tür und spähte offensichtlich durch die Scharte hinaus auf den Platz. Oben hämmerte Matej in immer länger werdenden Abständen gegen die Tür. Ein Splittern erklang, dann setzten die Schläge wieder ein.
    Stufe um Stufe schlich Lis nach unten. Der Rauchgeruch war nun ganz deutlich, dumpf hörte sie durch die Holzwände des Turms ein Rauschen wie von starkem Wind, in das sich Rufe mischten. Bis zur verriegelten kleinen Tür gehe ich noch, sagte sich Lis. Nur noch zehn Stufen, wenn ich dann nicht sehe, ob es Tona ist, bleibe ich sitzen und warte.
    Sie beschleunigte ihren Schritt, bis plötzlich Fackelschein über ihre Wange leckte und sie in ein verschmiertes Gesicht mit gebleckten Zähnen blickte. Erschrocken prallte sie zurück, doch es war zu spät.
    Niams Augäpfel waren rot vom Rauch, wie Dämonenaugen leuchteten sie in dem geschwärzten Gesicht. Die Rußmaske war verwischt, die Zähne gefletscht vor Anstrengung, was ihm das Aussehen eines Tieres mit schwarzblauer, fleckiger Haut verlieh. In Lumpen hing das Priestergewand von seinen knochigen Schultern. In der rechten Hand hielt er eine Opferfackel. Nun wusste Lis, was ihr seltsam erschienen war: Unten im Kreis der Statuen hatten nur noch fünf Fackeln gebrannt.
    Mit dem linken Arm presste Niam etwas an die Brust, das auf den ersten Blick aussah wie ein goldgeschmücktes, pelziges Tier. Erst beim näheren Hinsehen erkannte Lis, dass es eine Felltasche war, prall mit Opfergold und Edelsteinen gefüllt. Niam hatte den Tempelschrein geholt! Jetzt erst bemerkte sie aus dem Augenwinkel, dass die niedrige Tür, die sie vorhin für das Gefängnis gehalten hatte, nun offen stand.
    Niams Gesicht war das eines Wahnsinnigen. Er sah aus, als stünde er einem Dämon gegenüber. »Du!«, stieß er hervor. Klirrend fiel die Felltasche auf den Boden. Rubine und Goldmünzen hüpften klingend von Treppe zu Treppe. »Du bist tot, wir haben dich getötet!«
    In Panik sprang sie rückwärts, ihr Fuß ging ins Leere, hart schlug sie mit dem Knöchel an einen Stufenrand und fiel hin.
    »Niam?« Tschurs Stimme, natürlich. Er war die Gestalt dort unten. Gemeinsam mit seinem Herrn hatte er sich im Turm verschanzt, in der letzten Zuflucht, die ihnen Antjana noch bot. Lis rappelte sich auf und rannte. Die Luft zum Schreien fehlte ihr. Schon fühlte sie, wie Niam ihr Kleid mit der Hand packte und sie gegen das Geländer schleuderte. Unter ihrem Gewicht gab es knirschend nach. Sie verlor das Gleichgewicht und konnte gerade noch eine wacklige Geländerstrebe ergreifen. Einen bangen Augenblick lang schwebte sie über dem Abgrund. Von unten leuchtete ihr winzig und flackernd im Fackelschein das ungläubige Gesicht von Tschur entgegen.
    Ihr wurde schwindlig, verzweifelt griff sie nach Niams Mantel, erwischte ihn, zog sich heran und klammerte sich mit aller Kraft an den Oberpriester, um nicht zu fallen. Niam keuchte vor Überraschung und wich angewidert zurück. Im Schwung seiner hektischen Bewegung gelang es ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden.
    »Du… bist… tot!«, schrie Niam sie an. Verbissen rangen sie miteinander. Die Fackel schlenkerte hin und her,

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