Die Rückkehr des Drachen
Was meint sie mit Ruhm?
Selene schüttelte den Kopf, als habe sie in seinen Gedanken gelesen. »Ihr seid wichtiger, als Ihr wißt. Und ganz bestimmt wichtiger, als diese sogenannten Aes Sedai wissen. Ihr könnt Euch wirklich Ruhm erwerben, wenn Ihr schlau genug seid, ihnen nicht zu trauen.«
»Ihr hört Euch aber ganz danach an, als traut Ihr ihnen nicht.« Sogenannte? Ein Gedanke kam ihm, doch er konnte ihn kaum aussprechen. »Seid Ihr ein... ? Seid Ihr...?« Es war nicht gerade etwas, dessen man jemand leichthin beschuldigte.
»Ein Schattenfreund?« sagte Selene spottend. Es klang amüsiert und nicht verärgert, sogar verächtlich. »Einer dieser elenden Anhänger Ba'alzamons, der glaubt, er werde Unsterblichkeit und Macht erlangen? Ich folge niemandem. Es gibt einen Mann, neben dem ich stehen möchte, aber ich folge niemandem.«
Mat lachte nervös. »Natürlich nicht.« Blut und Asche, ein Schattenfreund würde sich selbst nicht als solchen bezeichnen. Vielleicht hat sie auch noch ein vergiftetes Messer dabei. Er erinnerte sich schwach an eine Frau, die wie eine Adlige gekleidet gewesen war und doch ein Schattenfreund mit einem tödlichen Dolch in der schmalen Hand. »Das habe ich nicht gemeint. Ihr seht aus... Ihr wirkt wie eine Königin. Das habe ich gemeint. Seid Ihr eine adlige Lady?«
»Mat, Mat, Ihr müßt lernen, mir zu vertrauen. O ja, ich werde Euch auch benützen - ihr seid von Natur aus zu mißtrauisch, besonders, seit Ihr den Dolch getragen habt, um es ableugnen zu können -, aber bei mir wird Euch das Reichtum einbringen und Macht und Ruhm. Ich werde Euch nicht drängen. Ich war immer der Meinung, daß Männer mehr leisten, wenn man sie überzeugt und nicht zwingt. Diese Aes Sedai erkennen überhaupt nicht, wie wichtig Ihr seid, und er wird versuchen, Euch abzulenken oder zu töten, aber ich kann Euch geben, was Ihr euch wünscht.«
»Er?« fragte Mat scharf. Mich töten? Licht, sie sind doch hinter Rand her und nicht hinter mir. Woher weiß sie das mit dem Dolch? Ich glaube fast, die ganze Burg weiß Bescheid. »Wer will mich töten?«
Selene verzog den Mund, als habe sie schon zuviel gesagt. »Ihr wißt, was Ihr wollt, Mat, und ich weiß das genausogut wie Ihr. Ihr müßt wählen, wem Ihr zutraut, alles für Euch zu tun. Ich gebe zu, daß ich Euch benützen werde. Diese Aes Sedai werden das nicht zugeben. Ich werde Euch zu Ruhm und Reichtum führen. Sie werden Euch an die Leine legen, bis Ihr sterbt.«
»Ihr sagt viel«, stellte Mat fest, »aber woher weiß ich, daß es stimmt? Wie kann ich Euch mehr trauen als ihnen?«
»Indem Ihr darauf hört, was sie Euch sagen und was sie Euch verschweigen. Werden sie Euch sagen, daß Euer Vater nach Tar Valon kam?«
»Mein Pa war hier?«
»Ein Mann namens Abell Cauthon und ein anderer namens Tam al'Thor. Sie machten soviel Ärger, sagt man, daß man ihnen schließlich eine Audienz gewährte. Sie wollten wissen, wo Ihr und Eure Freunde seid. Und Siuan Sanche schickte sie mit leeren Händen zu den Zwei Flüssen zurück und ließ sie noch nicht einmal wissen, daß Ihr am Leben seid. Werden sie Euch das erzählen, falls Ihr nicht direkt danach fragt? Vielleicht noch nicht einmal dann, denn es könnte sein, daß Ihr nach Hause zurücklauft.«
»Mein Pa glaubt, daß ich tot bin?« fragte Mat bedächtig.
»Man kann ihm sagen, daß Ihr lebt. Ich kann dafür sorgen. Überlegt gut, wem Ihr trauen könnt, Mat Cauthon. Werden sie Euch sagen, daß gerade jetzt Rand versucht, ihnen zu entkommen und daß diejenige namens Moiraine ihn verfolgt? Werden sie Euch sagen, daß die Schwarzen Ajah in ihrer kostbaren Weißen Burg umgehen? Werden sie Euch überhaupt sagen, auf welche Weise sie Euch benützen wollen?«
»Rand versucht, zu entkommen? Aber... « Vielleicht wußte sie, daß Rand sich zum Wiedergeborenen Drachen ausgerufen hatte, vielleicht wußte sie es auch nicht. Er würde es ihr sicherlich nicht sagen. Die Schwarzen Ajah! Blut und blutige Asche! »Wer seid Ihr, Selene? Wenn Ihr keine Aes Sedai seid, was seid Ihr dann?«
Ihr Lächeln ließ Geheimnisse ahnen. »Denkt nur daran, daß Ihr eine Wahl habt. Ihr braucht keine Marionette der Weißen Burg sein und keine Beute für Ba'alzamons Schattenfreunde. Die Welt ist komplizierter, als Ihr glaubt. Tut im Moment das, was die Aes Sedai von Euch wollen, aber denkt auch an die anderen Möglichkeiten. Wollt Ihr das tun?«
»Ich habe wohl kaum eine andere Wahl«, sagte er niedergeschlagen. »Ich denke, ich werde
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