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Die Schatzinsel (Original)

Die Schatzinsel (Original)

Titel: Die Schatzinsel (Original) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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dem Wasser; da ich aber trotz aller Anstrengung den Giekbaum nicht weiter losmachen konnte, so war ich mit meinem Witz zu Ende. Die Hispaniola mußte sich, wie ich selber, auf gut Glück verlassen.
    Mittlerweile lag der ganze Ankergrund im Schatten – die letzten Strahlen der Sonne fielen durch eine Waldlücke und lagen, hell wie Juwelen, auf dem Wrack mit seinen blühenden Büschen. Es begann kühl zu werden; der Ebbstrom zog reißend schnell seewärts, und der Schoner legte sich mehr und mehr auf die Seite.
    Ich kroch an die Schanzkleidung heran und sah über Bord. Das Wasser schien seicht genug zu sein. Ich hielt mich zur Sicherheit mit beiden Händen an dem gekappten Ankertau fest und ließ mich sachte über Bord gleiten.
    Das Wasser reichte mir kaum bis an die Brust; der Sand war fest, und ich watete guten Mutes an Land und ließ die Hispaniola auf ihrer Seite liegen, das Hauptsegel weit über die Wasserfläche dabei ausgebreitet. Fast in demselben Augenblick ging dieSonne unter, und der Abendwind pfiff leise durch die wiegenden Fichten in der Dämmerung.
    Endlich, endlich war ich wieder vom Wasser herunter! Und nicht mit leeren Händen kehrte ich zurück! Da lag der Schoner, endlich den Piraten entrissen, und unsere eigenen Leute brauchten nur an Bord zu gehen und konnten wieder in See stechen!
    Ich weidete mich an dem Gedanken, zum Blockhaus zurückzukehren und meine Heldentaten zu verkünden. Vielleicht konnte ich wegen meiner Waghalsigkeit einen kleinen Tadel bekommen, aber die Zurückeroberung der Hispaniola war eine Antwort, die jeden Mund schließen mußte, und ich hoffte, sogar Kapitän Smollett würde zugeben, daß ich meine Zeit nicht verloren hätte.
    Unter solchen Gedanken lenkte ich in vergnügter Stimmung meine Schritte dem Blockhaus und meinen Kameraden zu. Ich erinnerte mich, daß der östlichste von den Bächen, die in Kapitän Kidds Ankergrund münden, auf dem zweigipfeligen Berg zu meiner Linken entsprang; deshalb ging ich in dieser Richtung, um den Bach an einer schmalen Stelle überschreiten zu können. Der Wald war ziemlich licht, und indem ich mich an dem unteren Rande hielt, hatte ich rasch den Berg umgangen, und bald darauf konnte ich durch den Bach waten, dessen Wasser mir nur bis an die Waden reichte.
    Auf diese Weise kam ich in die Nähe der Stelle, wo ich Ben Gunn getroffen hatte. Ich sah mich deshalb nach allen Seiten um, als ich vorsichtig weiterging. Es war inzwischen tiefe Nacht geworden,und als ich aus der Kluft zwischen den beiden Berggipfeln ins Freie trat, bemerkte ich am Himmel eine wabernde Lohe. Ich dachte mir, der Inselmann koche wahrscheinlich an einem hellen Feuer sein Abendessen. Indessen wunderte ich mich im geheimen über eine solche Sorglosigkeit. Denn wenn ich diesen Feuerschein sehen konnte, so mußte wohl auch Silver ihn von dem Lager an der sumpfigen Wiese erblicken können.
    Es wurde allmählich immer finsterer; es kostete mir große Mühe, auch nur einigermaßen die Richtung einzuhalten. Der Doppelberg hinter mir und das »Fernrohr« wurden immer undeutlicher in ihren Umrissen; nur wenige Sterne waren am Himmel und schimmerten mit schwachem Glanz. Ich wanderte in einem tiefen Talgrunde und geriet fortwährend in Gebüsche hinein oder stürzte in Sandgruben.
    Plötzlich wurde es um mich herum heller. Ich blickte auf; ein bleicher Schimmer von Mondstrahlen hatte den Gipfel des Fernrohrs getroffen, und bald darauf sah ich etwas Breites, Silberglänzendes sich hinter den Bäumen bewegen. Da wußte ich, daß der Mond aufgegangen war.
    Dies war für mich eine große Hilfe. Schnell legte ich jetzt den noch übrigen Teil meiner Wanderung zurück; bald gehend, bald laufend, strebte ich ungeduldig dem Blockhaus zu. Doch war ich, als ich in den Wald unmittelbar vor dem Pfahlwerk kam, nicht so gedankenlos, daß ich nicht meinen Schritt verlangsamt hätte. Vorsichtig ging ich weiter. Eswäre auch ein dummes Ende meiner Abenteuer gewesen, wenn meine Kameraden mich aus Versehen niedergeschossen hätten.
    Der Mond kletterte immer höher und höher am Himmel empor; sein Licht fiel hier und dort in breiten Streifen auf die Waldlichtungen. Gerade vor mir aber erschien zwischen den Bäumen ein Licht von anderer Farbe: es war glühend rot und verdunkelte sich von Zeit zu Zeit ein wenig – wie wenn es die glühenden Kohlen eines heruntergebrannten Holzfeuers wären.
    So sehr ich mir den Kopf zerbrach, konnte ich mir nicht vorstellen, was dies sein möchte.
    Endlich erreichte ich

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