Die Schiffe der Kleopatra
möglicherweise an Ägypten zurück gegeben wird, wenn euer Vater sich eng an unsere Abmachungen hält.« »Wann habt ihr Römer je Land zurückgegeben, das ihr einmal in Händen hattet?«
»Mir fällt auf Anhieb kein Präzedenzfall ein«, gab ich zu. »Aber ich bin nicht auf einer diplomatischen Mission hier. Ich bin auf Piratenjagd.«
»Oh, wie aufregend!« rief sie und legte ihre Feindseligkeit ab wie ein gebrauchtes Kleidungsstück. »Darf ich mitkommen?« Jetzt klang sie wie das, was sie war, ein Mädchen von vielleicht sechzehn Jahren.
»Das wäre möglicherweise nicht so klug«, warnte ich sie. »Die meisten meiner Männer sind der menschlichen Rasse nur äußerst peripher zu zurechnen, und eine Liburne ist keine königliche Barkasse, sie ist nicht einmal eine halbwegs vernünftige Triere.«
»Ich habe meine eigene Barkasse hier«, beschied sie mich. »Sie ist im Grunde auch nichts anderes als eine Liburne, komplett bewaffnet, und die Besatzung besteht aus erfahrenen Marinesoldaten.«
»Nun, ähm...« Meine Ausrede bröckelte.
»Wahrscheinlich brauchst du jedes Schiff, das du kriegen kannst.«
»Das ist in der Tat wahr, aber -«
»Siehst du? Und es gibt sogar einen Präzedenzfall. In der Schlacht von Salamis hat die Königin Artemisia von Halikarnassos Schiffe befehligt.«
»Das hat sie fürwahr«, murmelte ich. »Wenn ich mich recht erinnere, hat sie ihre Haut durch einen spektakulären Verrat gerettet.«
»Für das Wohl ihres Reiches muss eine Königin tun, was sie tun muss«, sagte Kleopatra, eine Bemerkung, der ich mehr Beachtung hätte schenken sollen.
»Nun, man hat mir aufgetragen, die überaus herzlichen Beziehungen zu Eurem Vater König Ptolemaios fort zu führen«, erklärte ich, was eine weitere glatte Lüge war. »Aber Ihr müsst verstehen, dass ich der Kommandeur dieser kleinen Flotte bin, während Euer königlicher Status Euch keinerlei militärischen Rang verleiht.«
Manch einer mag den Eindruck gewinnen, dass ich zu leicht nachgab, aber das hatte ganz gewiss nichts mit der Schönheit oder dem berühmten Charme Kleopatras zu tun. Nein, meine Motive waren rein militärischer Natur. Mit ihrer Yacht hätte ich vier statt nur drei Schiffe, und ihre gedungenen Schläger waren zweifelsohne mindestens so gut wie meine.
»Das versteht sich von selbst«, sagte sie und strahlte glücklich. »Ich werde einfach einer deiner Seeleute sein.« Ich hatte schon bei anderen Gelegenheiten beobachtet, dass der königliche Adel oft eine völlig unerklärliche Freude daran findet, in die Rolle eines gemeinen Untertans zu schlüpfen. Könige legen gewöhnliche Kleidung an und tummeln sich in Tavernen, Königinnen ziehen aufs Land, greifen sich einen Stock und geben vor, Schafhirtinnen zu sein, Prinzen und Prinzessinnen lassen sich heimlich in die Ketten aufsässiger Sklaven legen und herum kommandieren. All das ist sehr rätselhaft.
Kurz danach verabschiedete ich mich von Kleopatra und aalte mich eine Weile im Bad, wo ich mich mit Duftöl einreihen und mit einem goldenen - nun ja, zumindest vergoldeten - Strigilis gründlich abschrubben ließ, um anschließend im extrem heißen Wasser des caldarium vor mich hin zu köcheln. Nach etlichen Stunden dieser anstrengenden Tätigkeit war ich zum Abendessen bereit. Ich hatte so eine Ahnung, dass mein gutes Leben nicht allzu lange andauern sollte, und war fest entschlossen, das Beste daraus zu machen.
Abgetrocknet und leicht nach Duftöl riechend, wurde ich in das große Triclinium geführt, den prächtigsten von mehreren Speisesälen, über die das Haus verfügte, eine weitere Abweichung vom römischen Stil. Sklavinnen behängten mich mit Blumenkränzen und drapierten einen Lorbeerkranz auf meine Stirn, Vorkehrungen, die für die anstehenden Festivitäten einiges verhießen.
Silvanus erhob sich höchst selbst, um mich zu begrüßen. Er war ein plumper, aber elegant aussehender Mann mit kurzem, gelocktem Haar, augenscheinlich das Werk eines heißen Eisens und eines geübten Frisörs, die Art orientalischer Firlefanz, über den wir damals die Stirn zu runzeln pflegten, aber da dies sein Haus war und er das Gelage ausrichtete, hätte er sich die Haare meinethalben auch grün färben können.
»Decius Caecilius der Jüngere«, rief er aus, »du bringst Ehre über mein Haus! Bitte nimm an meiner Seite Platz. Ich will hoffen, man hat sich zuvorkommendst um dich gekümmert? Es tut mir leid, dass ich nicht zugegen war, um dich persönlich willkommen zu
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