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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wir keine Namen, sondern Gedichte auswendig. Ich könnte nicht einmal jeden zehnten Mann in meiner Heimatstadt mit Namen nennen, dafür aber jeden, der von Achilles nieder gemacht wurde, samt seinem Stammbaum.«
    Diese Bemerkung wurde mit lautem Gelächter quittiert, was andeutet, wie betrunken wir alle mittlerweile waren. Als das Essen beendet war und das ernsthafte Zechen losging, verabschiedeten sich die Damen, und ich bemerkte, dass Hermes und Apollodorus einander finster musterten.
    »Sie sind wie zwei Kampfhähne«, sagte Gabinius. »Was meinst du, wer gewinnen würde?« Eine unvermeidliche Spekulation, schließlich waren wir Römer.
    »Kleopatras Junge ist in der ludus des Ampliatus in Capua ausgebildet worden«, wusste Silvanus zu berichten. »Und deiner, Decius?«
    »An der ludus des Statilius Taurus in Rom. Ich habe eine zusätzliche Gebühr für die besten Ausbilder der Welt bezahlt: Draco von der Samnitischen Schule, Spiculus, der Thraker, Amnorix, der Gallier.«
    »Du meinst nicht, dass wir -«
    »Nein«, erklärte ich entschieden. »Ich werde Hermes nicht professionell kämpfen lassen. Es ist nicht so, als ob er etwas dagegen hätte, ganz im Gegenteil. Aber es ist eben genau das, was ihm gefallen würde, und ich habe andere Verwendung für ihn. Außerdem bin ich mir sicher, dass auch Kleopatra es nie erlauben würde.«
    »Nur eine kleine Keilerei unter Freunden«, beharrte Silvanus, »ein bisschen Boxen oder Ringen, vielleicht ein Duell mit Holzschwertern. Es würde bestimmt nicht schlimmer enden als mit ein paar gebrochenen Knochen.«
    »Schau dir die beiden doch an«, entgegnete Gabinius. »Wenn die aufeinanderprallen, bedeutet das für einen von beiden den Tod.« Und er hatte recht. Ihre Mienen waren zwar bemüht gleichgültig, doch wenn sie ein Fell gehabt hätten, es hätte sich in diesem Moment gesträubt. Es liegt nun einmal im Wesen perfekt trainierter junger Männer, dass sie einander heraus fordern und ihre Kräfte messen wollen.
    »Jammerschade«, seufzte Silvanus. »Es wäre ein Kampf gewesen, den anzusehen sich gelohnt hätte.«
    Dann unterhielt uns Alpheus mit ein paar der zotigsten Lieder der verrufeneren griechischen Poeten, darunter auch denen des Dichters Aristides. Ein parthischer General, der einst in der Hinterlassenschaft eines bei Carrhae gefallenen Offiziers einen Band von Aristides gefunden hatte, sah darin einen Beweis für die Lasterhaftigkeit der Römer. Sollte meine Kriegstruhe je in die Hände von Barbaren fallen, der Ruf Roms würde sich vermutlich nie wieder ganz erholen.
    An den Rest des Abends kann ich mich, wie ich gestehen muss, kaum noch erinnern, was man ruhig als Beweis für ein wirklich gelungenes Gelage nehmen kann.

III
    Am nächsten Morgen stand ich recht spät auf. Nach einem reichhaltigen Frühstück, Bad und Massage war ich schlecht und recht imstande, mich direktem Sonnenlicht auszusetzen. Ein bisschen frische Luft im Garten vollendete meine Genesung, und kurz nach Mittag war ich wieder zu allem bereit. Jedenfalls bereit zu einem vorsichtigen Stadtspaziergang. Gefolgt von Hermes schritt ich die Hauptstraße hinunter. Eigentlich war mein Ziel der Marinehafen, doch am Fuße des Hanges war auf jene kunstlos beiläufige, aber gleichzeitig geordnete Weise, wie man sie nur in griechischen Kolonien sieht, ein hinreißender kleiner Markt aufgebaut.
    Er war im unregelmäßigen Viereck eines Hofes untergebracht, umgeben von einem Portikus aus glänzenden weißen Säulen, die ein Ziegeldach stützten. Die Längswände waren mit wunderschönen Gemälden historischer und mythischer Motive bedeckt. Im Schatten des Daches boten kleine Händler ihre Waren feil, während unter bunten, über den Platz verteilten Planen Bauern ihre Produkte verkauften. In der Mitte des Platzes thronte eine wunderschöne Aphrodite-Statue. Die Göttin war beim Binden einer Sandale dargestellt. Der weiße Marmor war so perfekt poliert, dass er durchsichtig schien. Bis auf das vergoldete Haar war die Statue nicht in üblicher Weise koloriert, was in meinen Augen eine ästhetische Verbesserung darstellte. Die Bemalung von Statuen wird häufig übertrieben, was sie grell und billig erscheinen lässt. Das Volk von Paphos verfügte zumindest über einen exzellenten Geschmack.
    »Darf ich deine Aufmerksamkeit auf ein kostbares Gewand für deine Gattin lenken, Senator?« Die Stimme gehörte einem kleinen Burschen mit weißem Bart, der bis auf seine spitze phönizische Kopfbedeckung aussah wie ein

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