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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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sich herausgestellt. Die Schottolas hatten den Kopf geschüttelt darüber. Sie hatte Kraft. Sie hatte immer Kraft gehabt. Sie hatte ihre Mutter überstanden. Sie hatte sich freiwillig von ihrer Mutter getrennt. Sie hatte ihre Großmutter überstanden. Das Mammerl ja wahrscheinlich die nächste Ursache von allem. Aber beim Blick hinaus in den Garten. Auf die Tanne hinten neben dem Haus. Es war ein Geschmack. Ein Geschmack tief in der Kehle. Schmeckte Verzweiflung so. Platzend wirbelnd und im ganzen Körper.
    Wodka. Fiel ihr ein. Wodka würde helfen. Sie konnte den Wodka in sich spüren. Wie die Unruhe verebbte. Ruhig. Gelassen. Wenn sie Wodka bekommen konnte. Oder irgendetwas. Dann konnte sie ruhig warten. Gelassen dasitzen und die Tante erwarten. Und das war es. Sie hatte Angst. Zu allem anderen hatte sie auch noch Angst. Vor dem Anblick. Davor, wie sie aussehen würde. Es waren ja nur Bemerkungen gewesen, die der Onkel Schottola gemacht hatte. Aber die Tante musste sehr verändert aussehen. Sie setzte sich. Schaute auf das handgestrickte Tischtuch auf dem Couchtisch. Ließ den Kopf hängen. Bekam feuchte Augen. Dann stand sie wieder auf. Richtete sich auf. Ging in die Küche. Sie begann zu putzen.
    Sie räumte die oberen Küchenkästchen aus. Wischte die Böden mit nassem Wettex. Wischte sie trocken. Sie schaute die Ablaufdaten der Packungen an. Reis. Nudeln. Polenta. Linsen. Stellte Abgelaufenes zur Seite. Staubte Gläser und Dosen ab. Sie stieg auf einen Küchensessel und wusch die Oberseite ab. Eine dicke Schicht von Staub und Fett oben auf den Kästen. Neglected. Das hier war vernachlässigt. Die Küche. Das war das Zentrum des Lebens gewesen. Blitzsauber und immer Vorräte. Blumen an den Fenstern. Es war nicht schmutzig. Jetzt. Nicht richtig. Aber unbenutzt. Ungepflegt. Als wohne hier nur manchmal jemand. Der Onkel Schottola aß Ravioli aus der Dose. Bohnen. Gulasch. Sie hatte die Dosen wenigstens gewärmt. Sie hatte ja selbst keinen Appetit gehabt und lieber eine Pizza geholt. Sie ordnete die Vorräte wieder ein. Begann mit dem Geschirr. Teller. Teetassen. Kaffeehäferln. Untertassen. Gläser. Eierbecher. Kompottschüsselchen. Salatschüsselchen. Dann die Unterschränke. Die Töpfe und Reindln. Die Pfannen. Die Tortenformen. Die Backformen. Die Bratenformen. Die Auflaufformen. Sie rieb die Fächer aus. Wusch das Geschirr. Die Backbleche. Die Schienen des Backrohrs. Den Herd. Sie verbog sich und putzte die Unterseite der Oberkästen. Die Dunstabzugshaube. Die Kacheln an der Wand. Sie holte den Schrubber aus dem Wandschrank und machte sich an den Boden. Sie schrubbte mit Cif und dann mit Spülmittel und zweimal mit klarem Wasser. Der Boden wurde wieder hellgrau. Die Fugen zeichneten sich ab. Aber es war auch das Alter deutlicher zu sehen. Es waren die Einrisse an den Kanten der Kästchen deutlich. Die Verfärbungen, wo die Sonne hinkam und der Lack ungebleicht hellbraun geblieben war. Die Brandmale auf der dunkelbraunen Arbeitsplatte zeichneten sich klar ab. Die Risse in den Kacheln. Die Dellen im Email des Herds. Die Trittspuren vor den Arbeitsflächen. Sie konnte die Tante Schottola hören, wie sie immer gesagt hatte, dass die Küche frisch gestrichen werden müsse und dass man dann gleich neue Küchenschränke kaufen sollte und mit Induktionsstrom kochen. Aber der Onkel Schottola hatte nicht einmal einen Mikrowellenherd erlaubt. Und jetzt musste er die Dosen kalt essen. Aber es war auch, weil er es nicht gut haben wollte, wenn sie es nicht gut hatte. Sie wusch sich die Hände und ging ins Wohnzimmer zurück. Wenn sie das Geld bekam. Wenn sie dieses Geld wirklich bekommen sollte. Dann konnte sie der Tante Schottola eine neue Küche schenken. Sie stellte sich die Küche für sie vor. Die Tante Trude war eine dunkle Person. Ein Persönchen. Eine helle grüne Küche, in der die Arbeitshöhe für sie stimmte und nicht so hoch wie jetzt war. Mikrowelle. Induktionsherd. Elektrobackrohr. Und alles neu und glatt und glänzend.
    Sie hörte das Auto. Sie ging an das Eckfenster. Man musste ganz an die Scheibe heran, damit man auf die Stufen vor dem Haus sehen konnte. Und auf das Gartentor. Die Büsche verdeckten sonst die Aussicht. Sie stand auf den Zehenspitzen und lehnte ihre Stirn an das kalte Glas der Fensterscheibe. Sie konnte den Onkel Schottola sehen. Er ging um das Auto. Vorne herum, und er schaute die ganze Zeit auf den Beifahrersitz. Dann ging die Tür auf. Sie konnte das durch das Auto hindurch nur ungenau

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