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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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nach. Warum freute diese Frau sich nicht über das Trinkgeld. Über dieses hohe Trinkgeld. Hatte sie es nicht verdient. Hatte sie das Gefühl, es nicht zu verdienen. Die Frau war weggegangen wie besiegt.
    Sie gingen zur Kreuzung. Das da. Der Range Rover. Ach ja. Der Schottola habe immer so ein großes Geländefahrzeug gefahren. Obwohl er kein Jäger gewesen war. »Nein.« sagte sie. Sie fühlte ihre Lippen steif werden. Der Onkel Schottola wäre nie auf die Jagd gegangen. Dem Onkel Schottola. Dem wäre Leben eben heilig. Er selber. Er wäre ja auch kein Jäger, sagte Dominik. Er verstünde das sehr gut.
    Sie klickte das Auto auf. Dominik öffnete ihr die Autotür. Er beugte sich in das Auto und legte das Päckchen auf den Beifahrersitz. Sie schaute seinen Kopf an. Die dunklen Haare. Er würde nie eine Glatze bekommen. Er würde immer erfolgreich sein. Und er würde nie von hier wegkommen. Wegen der Langeweile. Weil er nichts wusste außer sich. Während er die Autotür öffnete und so sorgfältig die Mehlspeisen auf dem Beifahrersitz deponierte. Sie hatte ihn mitleidig beobachtet. Es war Mitleid. Sie wusste genau, wie er diese Leere vor sich hatte und sie nur mit Tennisterminen und Fernreisen füllen konnte. Konzerte in Wien. Oper. Theater. Vielleicht hatte er ein Hobby. Sie verstand plötzlich die Jagd. Dieses Töten. Das arbeitete gegen die Langeweile an, und der Onkel Schottola hatte keine Langeweile, weil er in den Regeln seiner Religion gefangen war. Da wurde alles schwer und bedeutsam. Ohne solche Regeln. Sie schüttelte den Kopf, all diese Vorstellungen loszuwerden. Sich loszureißen davon, wie sich hier alle fühlten.
    Dominik stand vor ihr. Sie stieg vom Gehsteig auf die Straße hinunter. Sie war trotzdem nicht viel kleiner als er. »Du weißt, dass du die schönste Frau bist, die ich kenne.« Er sagte das wieder vorwurfsvoll. Bedauernd. Sie schaute vor sich hin. Ihm auf die Mantelbrust. Er trug einen dunkelblauen Kaschmirmantel. Klassisch geschnitten. »Na ja.« sagte er. Er würde versuchen, sie zu erreichen. Die Schottolas stünden ja sicher noch im Telefonbuch. Sie stieg in das Auto. Er warf die Tür hinter ihr zu. Sie schnallte sich an. Er stand am Auto. Hob die Hand. Sie startete. Sie musste warten, bis sie in den Verkehrsstrom einbiegen konnte. Er wartete so lange. Dann blinkte sie. Er hob noch einmal die Hand. Dann wandte er sich ab. Sie fuhr an. Sie gab Gas. Raste die Bahnhofstraße hinunter. Sie fuhr davon. Sie war schon fast auf der Autobahn, da fiel ihr ein, dass sie das Auto zurückbringen musste. Sie fuhr nach rechts in die Hauptstraße zurück und dann hinauf. In die Siedlung. Sie wurde wieder weinerlich deswegen. Sie hätte wegfahren wollen. Fliehen. Flüchten. Davon. Eilen. Stürmen. Ihre Situation kam ihr inmitten dieser Menschen noch unerträglicher vor. Sie war abgetrennt von diesen Personen. Die wussten das aber nicht. Das wusste nur sie. Das durfte nur sie wissen. Es war eines von ihren Geheimnissen. Sie lebte gar nicht. Wahrscheinlich lebte sie gar nicht. Sie tat nur so. Sie machte das nach. Faking, dachte sie. You are faking. Es war das Autofahren, das existierte. Sie war der Schatten davon.
    Und dann war es ein Glück, dass ihr bei seinem Vorschlag, mitzukommen, gleich der Ausfluss eingefallen war. Bräunlich rot. Dünnflüssig. Stark riechend. Ein heller, widerlicher, starker Geruch. Sie roch lange daran. Wenn sie die Einlagen wechselte. Sie roch dann an der alten. Sie legte die alte auf dem Behälter für das Klopapier ab und nahm sie dann wieder. Sie stand vor der Toilette. Drückte die Spülung und roch an der alten Binde. Wenn die Spülung der Toilette dann langsam verstummte. Sie rollte die Binde zusammen und steckte sie ein. Sie hatte eine Rolle Plastiksäcke fürs Einfrieren in ihrem Zimmer. In die tat sie die zusammengerollten Binden und warf sie so in der Küche in den Müll unter dem Abwaschbecken. Während des Riechens dieses Geruchs. Sie musste nichts denken. Währenddessen. Gar nichts. Während sie diesen Geruch roch, war sie ruhig. Und konzentriert. Erst außerhalb des Badezimmers dann wieder die Wirklichkeit. Sie konnte sich den Geruch vorstellen. Während des Fahrens. Sie schnitt einen alten Volkswagen und bog in die Senningerstraße ab. Links die Umspannanlage. Sie fuhr sehr schnell. Sie bremste in die Uhlandgasse und kroch dann dem Haus zu.
    Sie ließ das Auto draußen. Vor dem Gartentor. Stieg die Stufen zum Haus hinauf. Der Onkel öffnete die Tür. »Gerade

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