Die schöne Betrügerin
über ihre Wange und ihr Ohr streifen. Verflixt und zugenäht. Die Kapuze war ihr während des Kampfes nach hinten gerutscht. Zum Glück hatte sich ihre Frisur gleichfalls gelöst, und das Haar hing ihr nun um die Schultern. Ein Kopfschütteln, und ihr Gesicht war gut versteckt.
»Wer sind Sie?« Die Stimme des Mannes war leise, aber nicht sonderlich freundlich. Genau genommen hörte er sich überaus argwöhnisch an. »Was machen Sie so spät hier draußen?«
Phillipa schwieg. Sie konnte nur warten, dass ihr Häscher seinen Griff lockerte. Ein kurzer Augenblick reichte, denn sie war die letzten Monate über aus schierer Notwendigkeit sehr reaktionsschnell geworden. Die Welt war voll von grapschenden Männerhänden. Eine allein stehende Frau musste lernen, ihnen auszuweichen.
Auch wenn sie sich widerwillig eingestand, dass der Kerl sich anscheinend keine unbotmäßige Zärtlichkeit erschleichen wollte. Seine großen Hände, so unnachgiebig sie auch waren, verharrten korrekt auf der Stelle – die eine schloss sich fest um ihren Unterarm, die andere vermied es höflich, nach ihrem Knie zu greifen.
Sie fühlte, wie er sie mühelos anhob, als wolle er ihr Gewicht abschätzen. Seine Kraft hätte ihr Angst eingejagt, wäre der Griff seiner muskulösen Arme nicht so schmerzlos gewesen. Einen Augenblick lang flackerte ihre Sehnsucht auf, in starken Armen Schutz zu suchen, nur für kurze Zeit. Es war so lange her, dass sie einen starken Mann an ihrer Seite gehabt hatte…
»Sie haben es wohl nicht mit dem Reden, was? Aber das stört mich nicht. Ich kann die ganze Nacht so stehen bleiben.«
Obwohl die Worte ein wenig einschüchternd gemeint waren, musste James feststellen, dass sie irgendwie auch zutrafen. Sie war absolut keine Last. Oder es war schlicht das Gefühl, eine Frau in den Armen zu halten? Ihr duftendes Haar lag auf seine Schultern und Brust gebreitet und hüllte ihn in einen sinnlichen Schleier, der im Laternenlicht rot glänzte. Er verspürte den Drang, sein Gesicht in dieses Haar zu graben, es auf seiner nackten Haut zu fühlen…
Er räusperte sich und verlagerte das Gewicht, aber das drückte ihre Hüften nur an seinen hungrigsten Körperteil. James schluckte schwer und entschied schließlich, dass der beste Platz für diese Frau auf ihren eigenen Füßen war. Er beugte sich vor und ließ sie sanft nach unten gleiten, ohne den Griff um ihre starren Schultern auch nur eine Sekunde lang zu lockern.
Na also. Viel besser.
Nur dass sich jetzt ihre Seite an ihn presste und er die kleine Kurve ihres Busens an seinem ausgestreckten Arm fühlen konnte. Er packte mit den Fingern unwillkürlich fester zu, als die Woge des Verlangens ihn überrollte.
Seine Gefangene wimmerte, und James lockerte instinktiv den Griff – um nichts als Luft zu umklammern.
Sie hatte sich mit erstaunlicher Geschicklichkeit weggeduckt und wirbelte herum, ihr Umhang ein dunkles Flattern. Er trat vor, um sie erneut am Arm zu packen, doch sie schoss zur Seite, drehte sich um und lief auf die dunklen Bäume zu. Er setzte ihr augenblicklich nach, und seine längeren Beine garantierten den Erfolg. Sie lavierte vor ihm um die Baumstämme herum, doch er folgte der kupferroten Flagge ihres Haares durch die Dunkelheit. Er war ihr Schatten, konnte sie fast greifen…
Sie rannte unter einem Ast weiter, den er allerdings erst bemerkte, als es schon zu spät war: Seine Stirn krachte gegen das Holz. Hart. Und als er sich wieder erholt hatte, war sie fort.
»Verdammt.« Jetzt würde er sie nie mehr erwischen. Die Dunkelheit hatte sie verschluckt, als habe es sie nie gegeben.
Offen gesagt ließ ihn seine enorme Erregung an seinen Instinkten zweifeln. Was hatte sie schon so Schreckliches getan, dass er sie verfolgen musste? Im Park auf einer Bank stehen? Also blieb er mit einem wehmütigen Kopfschütteln, wo er war, und horchte in der Dunkelheit auf das leiser werdende Rascheln rennender Füße. James hegte den starken Verdacht, dass er es noch bedauern würde, sie verloren zu haben.
Am nächsten Nachmittag fand sich Phillipa erneut vor dem Haus wieder. Sie hob den schweren Türklopfer an, holte tief Luft und ließ ihn fallen. Innerhalb weniger Augenblicke schwang die Tür auf und ließ einen kleinen Mann in schwarz-grüner Livree sehen. Sein Blick wanderte abwärts und wieder hinauf.
Kalte Verachtung flackerte in seinen Augen. »Und, was wollen Sie?«
Phillipa staunte über die Ausdrucksweise des Mannes. Sie hatte gedacht, dass ein so elegantes
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