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Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Kapitel 1
    Thais
    Feuer. Schöpfung und Zerstörung zugleich. Es hat das Leben überhaupt erst möglich gemacht. Es konnte einem das Leben so leicht entreißen. Leitstern in der Dunkelheit, Wärme im kältesten Winter, war es ein ewiges Symbol für Herd, Heim und Behaglichkeit.
    Und es konnte Steaks braten.
    Ich warf einen Blick unter den bauchigen Kessel, der auf einem verrosteten Dreibein hinter unserem Haus stand. Mit einer Hand tastete ich über die Rückseite.
    » Wo ist der Schalter?«
    M eine Sch wester sah mich mitleidig an, zündete dann ein Streichholz an und legte es auf den kleinen Kohlehaufen darin. Als nichts passierte, zog sie ein weiteres Streichholz hervor. Ich sah eine kaum merkliche Regung, ein kleines Flimmern am Rand eines Briketts, als würde sich die Luft kräuseln.
    » Da«, sagte Clio. Eine kleine Flamme zuckte auf, glitt über den Kohlehaufen hinweg wie flüssiges Licht und im nächsten Moment trugen die Kohlestücke kleine Rüschen tanzender orangefarbener Hitze.
    Die Sonne ging rasch unter – obwohl die Uhren noch auf Sommerzeit gestellt waren, brach die Nacht jeden Tag merklich früher an. Jetzt, in der Dämmerung, wurden die Schatten und Formen in unserem Hintergarten undeutlicher, grauer.
    » Ach so?«, sagte ich. Ich war vollkommen vertieft in den Anblick der Flammen, die die Kohle verschlangen, vollständig zudeckten, sich in sie hineinfraßen. Ich sah zu Clio auf, die genauso hypnotisiert war wie ich. » Bei unserem Grill haben wir einfach einen Knopf gedrückt.«
    » Du bist eben ein Yankee«, erwiderte sie abwesend.
    Ich trat ihr mit dem nackten Fuß gegen das Schienbein. Matt grinsend blickte sie auf. » Ja, ja, die Wahrheit schmerzt«, sagte sie. » Ich versteh schon.«
    Sie setzte sich auf die Stufen unseres Hintereingangs und bändigte ihr langes schwarzes Haar mit einer Plastikspange, um es aus dem Nacken zu haben. » Puh«, sagte sie. » Heiß.«
    Ich setzte mich neben sie. Mein eigenes glattes schwarzes Haar wuchs gerade ziemlich seltsam aus einer Frisur heraus, um die ich mich nicht mehr gekümmert hatte. Zu Hause, in Welsford, Connecticut, hatte ich mein Haar alle sieben Wochen in exakte Stufen schneiden lassen. Jetzt war ich seit über vier Monaten nicht mehr beim Nachschneiden gewesen, seit mein Vater getötet und ich hier herunter nach New Orleans verfrachtet worden war, um bei völlig Fremden zu leben.
    Clio und ich stießen zur selben Zeit einen tiefen Seufzer aus. In stiller Übereinkunft trafen sich unsere Blicke. Wir waren eben Zwillinge, man konnte es nicht leugnen. Ich konzentrierte mich auf den Grill und versuchte, die richtigen Worte zu finden, um nicht wieder einen Streit mit Clio vom Zaun zu brechen. Am Ende war » Tu es nicht!« alles, was mir einfiel.
    Clio runzelte die Stirn und mied meinen Blick. Mir wurde die Brust eng.
    Seit wir vor zwei Tagen an diesem schrecklichen Ritus teilgenommen hatten, der so gründlich schiefgegangen war, lagen Clio und ich in einer Art Dauer-Clinch, und wir waren beide die Verliererinnen. Es war ein unglaublich kraftvoller Ritus gewesen, einer, der tödlich hätte enden können, ja tödlich hätte enden müssen. Und Clio und ich hätten ihn nie miterleben, geschweige denn daran teilnehmen sollen.
    Doch so war es nun mal. Und währenddessen, als die Kraft, Magie und Energie ihren Höhepunkt erreicht hatten, hatte jedes Mitglied der Treize heimlich seine tiefsten Wünsche ausgesprochen. Ich hatte mir gewünscht, endlich sicher zu wissen, was meinem Vater letzten Sommer zugestoßen war. In einem Moment hatte er noch vor einer Eisbude gestanden und im nächsten war er unter die Räder eines Crown Victoria geraten.
    Ich war in Frankreich gewesen, auf Klassenfahrt durch Europa. Ich hatte einen Anruf von Mrs Thompkins erhalten, unserer Nachbarin und engsten Freundin. Mit diesem Telefonat hatte mein Leben geendet, und die surreale Existenz, die ich seitdem führte, schien die meiste Zeit über jemand anderem zu gehören.
    Ich musste es wissen: Konnte es ein Zufall sein, dass mein Dad gestorben und ich daraufhin nach New Orleans gekommen war, um nicht nur meiner eineiigen Zwillingsschwester zu begegnen, sondern auch in ein bizarres Netz aus unser aller leidvoller Vergangenheit verwickelt zu werden, das seit 250 Jahren immer weiter gesponnen wurde?
    Nein, konnte es nicht. In meiner Vision hatte ich gesehen, wie Daedalus einen Zauber angewandt hatte, der die alte Mrs Beale einen Herzinfarkt hatte erleiden lassen. Ich hatte gesehen, wie

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