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Die schöne Teufelin

Die schöne Teufelin

Titel: Die schöne Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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an?«
    Es war sehr unheimlich. Er sah überhaupt nicht mehr so aus wie der Mann mittleren Alters, dem Jane auf den Fluren von Maywell House begegnet war. Dann richtete er sich gerade auf, sah sie hochnäsig an und sagte mit höchst kultivierter Stimme: »Stimmt irgendetwas nicht, Mylady?«
    Jane blinzelte. Wenn man ihn jetzt noch in die richtige Kleidung steckte, dann würde er in den feinsten Ballsälen als einer der oberen Zehntausend durchgehen.
    Der Mann entspannte sich und ließ das adelige Gebaren von sich gleiten wie einen nicht länger benötigten Umhang. Er warf ihr einen kühlen Blick zu, war wieder der kalte, gefühllose Entführer.
    Kein Wunder, dass er sich nicht davor fürchtete, von den Damen in Maywell House wiedererkannt zu werden. Aber so war es sogar besser für sie, hatte ihnen ihre schwache Beobachtungsgabe doch das Leben gerettet.
    Es war jedoch nicht so gut für Jane, denn wie sollte Ethan sie finden, wenn er nicht wusste, wer sie entführt hatte?
    Sie lehnte sich zurück und überdachte ihre Möglichkeiten. Es war niemand in der Nähe, der ihre Hilfeschreie hören könnte, es gab keine Möglichkeit, ein Zeichen zu hinterlassen, auf welchem Schiff sie zu finden oder dass sie überhaupt von englischem Boden verschleppt worden war. Sie
wäre einfach wie vom Erdboden verschluckt. Ethan würde sich bis an sein Lebensende fragen, wo sie war.
    Ihr wurde bewusst, dass sie schon wieder Angst hatte. Es war ein vertrautes Gefühl. Sie hatte sich einen Großteil ihres Lebens gefürchtet – davor, was aus ihr und ihrer Mutter werden sollte, davor, in London entlarvt zu werden, vor Bedlam, vor ihrem Onkel, davor, in der Kiste zu sterben …
    Der Zorn hingegen war eine neue Empfindung. Er brach in ihr aus wie ein Vulkan, der lange geruht hatte und jetzt nach dem kleinsten Erdriss suchte, um dort hindurchzubrechen.
    Langsam wandte sich Jane um und sah den Mann an, der neben ihr in dem Surrey saß. Ja, der Gedanke, jemanden umzubringen, fiel ihr jetzt ziemlich leicht. Sie drehte sich wieder um und starrte auf die dunklen Gebäude um sie herum, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Ihre ganze Aufmerksamkeit lag auf ihrer äußeren Hand.
    Sie ließ ihre Finger an der Außenseite des Surrey entlanggleiten, bis sie an der rostigen Befestigung der Kutschenlampe angekommen waren. Die Hitze, die von dem rußigen Glas aufstieg, verbrannte ihre bloße Hand, und die als Griff dienende Drahtschlinge darüber versengte ihre Finger und ihre Handinnenfläche, als sie danach griff.
    Sie gab kein Geräusch von sich, sondern behielt ihren in die Ferne gewandten Blick bei, als hätte sie aufgegeben, als hätte sie zugelassen, dass die Angst ihres ganzen Lebens sie zur Hilflosigkeit verdammte.
    Der rostige Verschluss der Befestigung widerstand ihren Bemühungen. Sie verbrannte sich die Finger, als sie versuchte, den Draht in dem störrischen Verschluss zu drehen.

    Sie sah ihren Entführer verstohlen an, dann presste sie sich die freie Hand auf den Bauch und fing an zu stöhnen.
    Er wandte sich ihr zu. »Was ist?«, schnauzte er sie an.
    Jane schüttelte heftig den Kopf, dann hielt sie sich die Hand vor den Mund, wand sich wie in Krämpfen und beugte sich über die Seite des Surrey. Sie war fast ein bisschen stolz auf die äußerst realistischen Würgegeräusche, die sie von sich gab.
    »Oh, Gott noch mal«, stieß ihr Entführer wütend aus. »Wenn du von der seekranken Sorte bist, dann muss ich dich vielleicht doch gleich umbringen.«
    Jane ignorierte ihn und täuschte weiterhin heftiges Erbrechen vor, während sie mit versengten Fingern an der Halterung der Kutschenlampe herumfummelte. Endlich hatte sie es geschafft.
    Mit der ganzen Kraft, die in ihrem geschundenen Körper übrig war, schleuderte Jane die mit Öl gefüllte Lampe mit beiden Händen mitten ins Gesicht des kleinen Mannes.
    Er war zu schnell für sie. Er duckte sich geschmeidig weg, und die Lampe traf, ohne großen Schaden anzurichten, die Rückenlehne des Sitzes. Sie prallte vom Polster ab, Jane verlor sie aus den Händen, und die Lampe schoss nach vorn. In einem Anfall von Wut ging der kleine Mann Jane an die Kehle. »Ich glaube, ich werde dich jetzt töten …«
    Das Pferd wieherte schrill. Sowohl Jane als auch ihr Entführer erstarrten. Als sie den Kopf wandten, sahen sie, dass der Schweif des Pferdes Feuer gefangen hatte, wo die leckende Lampe ihn getroffen hatte. Die unselige Mähre scheute und wich zurück. Jane und der kleine Mann wurden wild auf ihrem Sitz

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