Himmelsmechanik (German Edition)
Ein vorgefallener Vorfall
In der Nacht, in der ich meine Frau geschwängert habe, wurde Barack Obama zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Der Vorfall ereignete sich kurz nach Mitternacht, weit bevor die Nachricht verlässlich war, und die Verbindung zwischen den beiden Ereignissen ist nicht nur natürlich, sondern auch mit absoluter Sicherheit ohne jegliche Bedeutung. Es stimmt aber, dass in jener Nacht die ganze Welt in einer Atmosphäre banger Erwartung zu pulsieren schien; sogar wir hatten ausnahmsweise im Fernsehen einen Sender eingestellt, der eine Wahlrunde mit Studiogästen im Programm hatte. Nur dass sich die Sache in die Länge zog und langweilig wurde.
Der Gedanke war, nach oben zu gehen, uns ins Bett zu legen und ein wenig zu lesen, während die Studiogäste ihr Schlechtestes gaben, und dann, wenn sie sich beruhigt hätten, wiederzukommen, rechtzeitig zum Ergebnis. Wie der Rest der Welt waren wir für Obama, den prophetischen Schwarzen, doch auch in diesen Tagen lasen wir noch viel: Lesen gefällt uns und tut uns gut. So wie die Lektüre der Bibel in den alten Familien alles zusammenhielt, und zwar weit mehr als das, was jeder an Sakralem in diesen verehrungswürdigen Texten zu erfassen wusste, ist es bei uns die Tat an sich, die uns jeden Tag etwas Gutes lehrt.
Der eine in Reichweite des anderen, mit dem Hintern auf demselben Sofa, oder eben auf derselben Matratze, sind dieser Mann und diese Frau schließlich Fahrgäste im selben Zug, mit einem Platz im selben Abteil, die auf ihrer jeweiligen Seite des Fensters zwei verschiedene, sehr wahrscheinlich weit auseinanderliegende Landschaften betrachten. Und wir sehen uns heimlich an und spüren, dass wir da sind; und vielleicht hätten wir den Mut, uns gegenseitig vorzustellen, und vielleicht auch nicht, vielleicht ist es gut so: die Intimität zu hegen und darauf zu warten, dass der Zugführer das Licht löscht und die dunkle nordische Nacht eintritt. Und wohin er auch fährt, zu reisen mit dem Blick auf das Fenster jenes Abteils, nie aufzuhören zu reisen und nie aufzuhören zu schauen, was schon mehr ist, als man sich erhoffen kann. Unser Lesen lehrt uns, zusammenzuleben und wohin auch immer aufzubrechen und dann zurückzukehren. Und das ist natürlich sehr erregend. Eine Erregung, die etwas zu schwach ist, als dass sie sich auf die Selbstverständlichkeit eines Koitus vereinfachen und reduzieren würde.
Doch inzwischen ist der Vorfall geschehen. Ungeplant und nicht gerade passend zur Gelegenheit ist das Unbestimmte Fleisch geworden, das Fleisch zur Lust und die Lust zur Tat. Ein »vorgefallener Vorfall« würde Nita sagen. Denn so, durch Verdoppelung, drückt sie in ihrer Sprache üblicherweise Ungewöhnliches und Einzigartiges aus.
Ein vorgefallener Vorfall.
Ich nahm meine Brille ab, machte ein Eselsohr in die Seite, legte den dicken Abenteuerband weg, der mir an jenen Tagen Freude bereitete, und streckte meine Hände aus. Ganz sanft. Etwas in meinem Herzen, mehr noch als an jeder anderen Stelle, verlangte von mir, das zu tun. Von unten kam immer noch zeitweilig das Zirpen der Experten, doch es war klar, dass vor dem frühen Morgen niemand etwas zu sagen hätte: Rückt die Zahlen raus, großer Gott.
Ganz sanft ist eine Frage, ganz sanft ist eine flehentliche Bitte.
Nita ist nicht taub gegenüber den Bitten eines reinen Herzens, ihr Herz ist selbst ein ständiges Flehen in Form einer Frage, in den Formen einer Bitte. Ganz sanft, im Spiel mit der zarten Oberfläche unseres wechselseitigen Flehens haben wir uns vereinigt. Das ist es, was die Kirchenväter dem Menschen nie zu verweigern wagten, aus der unfruchtbaren Tiefe der Wüsten, wo sie in den vergangenen Jahrtausenden über die Natur des Fleisches und des Göttlichen darin meditierten. Und Urteile fällten.
Ihr Buch, ein feindseliger französischer Roman, bewegte sich ungehörig im exklusiven Gleichklang unseres Gewühls; diese Bedrängnis würde es nicht unbeschadet überstehen. Wir schon: Deshalb rollten wir uns wie Katzen auf einem Teppich aus Katzenminze, wie Kinder vom Festland im Sand des Tyrrhenischen Meeres, wie reife Kakis den Hügel der Cascianella herunter. Wir liebten uns, in einer reinen Liebe. Rein, wie man es von den Tauben sagt seit der Zeit, als Christus sie vor den Augen der Menschen als Beispiel darstellte, damit diese ihrer bösen Unzucht Einhalt geböten.
Und Brandungsspritzer leckten hier und da an den ausgefransten Decken zu Füßen des
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