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Die schönsten Erzählungen

Die schönsten Erzählungen

Titel: Die schönsten Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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ein und prüfte noch einmal seine weltlichen wie geistlichen Angelegenheiten, bereitete auch das Einpacken seiner Sachen vor und freute sich, endlich dicht vor dem Beginn eines neuen, friedlichen Lebens zu stehen. An seiner Aufnahme in Maria-Einsiedeln zweifelte er nicht, denn nötigenfalls war er entschlossen, das versprochene Kapital zu verdoppeln. Was lag in diesem Falle an zehntausend Franken?
    Gegen sechs Uhr abends, da es im Zimmer leis zu dämmern begann, trat er ans Fenster und schaute hinaus. Er konnte von dort den Vorplatz des Hotels und die Limmatbrücke übersehen.
    Eben fuhr ein Reisewagen an und hielt vor dem Gasthaus. Casanova schaute neugierig zu. Der Kellner sprang herzu und öffnete den Schlag. Heraus stieg eine in Mäntel gehüllte ältere Frau, dann noch eine, hierauf eine dritte, lauter matronenhaft ernste, ein wenig säuerliche Damen.
    »Die hätten auch anderswo absteigen dürfen«, dachte der am Fenster.
    Aber diesmal kam das schlanke Ende nach. Es stieg eine vierte Dame aus, eine hohe schöne Figur in einem Kostüm, das damals viel getragen und Amazonenkleid genannt wurde. Auf dem schwarzen Haar trug sie eine kokette, blauseidene Mütze mit einer silbernen Quaste.
    Casanova stellte sich auf die Zehen und schaute vorgebeugt hinab. Es gelang ihm, ihr Gesicht zu sehen, ein junges, schönes, brünettes Gesicht mit schwarzen Augen unter stolzen, dichten Brauen. Zufällig blickte sie am Hause hinauf, und da sie den im Fenster Stehenden gewahr wurde und seinen Blick auf sich gerichtet fühlte, seinen Casanovablick, betrachtete sie ihn einenkleinen Augenblick mit Aufmerksamkeit – einen kleinen Augenblick.
    Dann ging sie mit den andern ins Haus. Der Chevalier eilte in sein Vorzimmer, durch dessen Glastür er auf den Korridor schauen konnte. Richtig kamen die Viere, und als letzte die Schöne in Begleitung des Wirtes die Treppe herauf und an seiner Türe vorbei. Die Schwarze, als sie sich unversehens von demselben Manne fixiert sah, der sie soeben vom Fenster aus angestaunt hatte, stieß einen leisen Schrei aus, faßte sich aber sofort und eilte kichernd den anderen nach.
    Casanova glühte. Seit Jahren glaubte er nichts Ähnliches gesehen zu haben.
    »Amazone, meine Amazone!« sang er vor sich hin und warf seinen Kleiderkoffer ganz durcheinander, um in aller Eile große Toilette zu machen. Denn heute mußte er unten an der Tafel speisen, mit den Neuangekommenen! Bisher hatte er sich im Zimmer servieren lassen, um sein weltfeindliches Auftreten zu wahren. Nun zog er hastig eine Sammethose, neue weißseidene Strümpfe, eine goldgestickte Weste, den Gala-Leibrock und seine Spitzenmanschetten an. Dann klingelte er dem Kellner. »Sie befehlen?«
    »Ich speise heute an der Tafel, unten.«
    »Ich werde es bestellen.«
    »Sie haben neue Gäste?«
    »Vier Damen.«
    »Woher?«
    »Aus Solothurn.«
    »Spricht man in Solothurn französisch?«
    »Nicht durchwegs. Aber diese Damen sprechen es.«
    »Gut. – Halt, noch was. Die Damen speisen doch unten?«
    »Bedaure. Sie haben das Souper auf ihr Zimmer bestellt.«
    »Da sollen doch dreihundert junge Teufel! Wann servieren Sie dort?«
    »In einer halben Stunde.«
    »Danke. Gehen Sie!«
    »Aber werden Sie nun an der Tafel essen oder –?«
    »Gottesdonner, nein! Gar nicht werde ich essen. Gehen Sie.« Wütend stürmte er im Zimmer auf und ab. Es mußte heut abend etwas geschehen. Wer weiß, ob die Schwarze nicht morgenschon weiterfuhr. Und außerdem kam ja morgen der Abt. Er wollte ja Mönch werden. Zu dumm! Zu dumm!
    Aber es wäre seltsam gewesen, wenn der Lebenskünstler nicht doch eine Hoffnung, einen Ausweg, ein Mittel, ein Mittelchen gefunden hätte. Seine Wut dauerte nur Minuten. Dann sann er nach. Und nach einer Weile schellte er den Kellner wieder herauf.
    »Was beliebt?«
    »Ich möchte dir einen Louisdor zu verdienen geben.«
    »Ich stehe zu Diensten, Herr Baron.«
    »Gut. So geben Sie mir Ihre grüne Schürze.«
    »Mit Vergnügen.«
    »Und lassen Sie mich die Damen bedienen.«
    »Gerne. Reden Sie bitte mit Leduc, da ich unten servieren muß, habe ich ihn schon gebeten, mir das Aufwarten da oben abzunehmen.«
    »Schicken Sie ihn sofort her. – Werden die Damen länger hierbleiben?«
    »Sie fahren morgen früh nach Einsiedeln, sie sind katholisch. Übrigens hat die Jüngste mich gefragt, wer Sie seien.«
    »Gefragt hat sie? Wer ich sei? Und was haben Sie ihr gesagt?« »Sie seien Italiener, mehr nicht.«
    »Gut. Seien Sie verschwiegen!«
    Der Kellner ging

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