Die schönsten Sagen Österreichs (German Edition)
vorstellen, dass hier früher Riesen gelebt haben. Einer von ihnen hieß Gänner und lebte in der Krimml. Nicht weit entfernt für einen Riesen lebten die Dornauer Riesen in Dornauberg auf der Tiroler Seite. Zum Leben eines Riesen gehört es dazu, dass auch gekämpft wird, denn wozu hätten die Riesen sonst ihre gigantische Kraft?
So forderte der Riese Gänner den Dornauer Riesen zum Kampf auf Leben und Tod heraus. Doch der alte Dornauer hatte nicht im Geringsten Lust, sich mit Gänner zu messen, da er sowieso wusste, dass er der Stärkere war. Seine drei Söhne dagegen, die waren noch jung und mussten noch viel im Kämpfen lernen. Und da diese erst gegen den Alpbacher Riesen verloren hatten, war das eine gute Gelegenheit, dieses Manko wieder auszumerzen. So fragte er sie am Abend mit wenigen Worten – denn Riesen reden nicht gern – und dumpfer Stimme:
„Mag wer gegen den Gänner kämpfen?“
Und alle drei jubelten begeistert auf, jeder von ihnen wollte kämpfen gehen – und das auf Leben und Tod, dann wird’s bekanntlich erst richtig spannend.
„Nur einer darf hin!“, bestimmte der Vater und ließ einen ungeheuren Kessel mit Butter füllen. Während die Butter langsam über dem Feuer zerging, stellte er seinen Söhnen eine Aufgabe:
„Wer davon am meisten trinkt, der darf hinüberziehen!“
Und der Gewinner war der Hans – als tüchtigster Säufer war er auch der tüchtigste Raufer. Manch einer würde auch sagen: „Der hat Schmalz!“
So zog der Hans denn zum Kampfplatz, wo er schon vom Salzburger sehnlichst erwartet wurde, und gleich darauf begann auch schon das Ringen. Es zeigte sich ziemlich schnell, dass der Hans der Geschmeidigere und Flinkere war. Er wusste seinen Gegner, ehe sich’s dieser versah, geschickt zu packen, hob ihn in die Höhe und schleuderte ihn mit einer gewaltigen Kraft von sich auf den Boden. Da lag nun der Gänner und regte sich nicht mehr – er war tot.
Im Siegesrausch kam der Hans nach Hause und berichtete stolz dem Vater vom Verlauf des Kampfes. Doch anstatt ihn zu loben und sich zu freuen, begann der Vater mit ihm zu schimpfen:
„Schau, du dummer Bub, du! Weshalb machst du ihn denn gleich tot? Raufen hättest du mit ihm sollen, aber doch nicht ihn gleich töten.“
„Ja, mei, Vater!“, verteidigte sich Hans treuherzig, „kann ich wissen, dass der nichts derleiden kann? Ich wollte ihn eh’ nicht wegputzen. Ich habe ihn nur a bissl um die Mitten gehalten, und der hat gleich das Maul weit aufgerissen. Dann hat er einen Schnaufer und einen Schnapper getan und schon hat er ausgegeistert gehabt.“
Wenig später erhielt Hans die Nachricht, dass die Salzburger, denen der Gänner oft zu schaffen gemacht hatte, dem Sieger aus Dankbarkeit zwei Salzbrocken schenken wollten. Nun zog er also über den Gerlospass, lud sich die schweren Salzbrocken auf die Schultern und wanderte, ein Liedchen pfeifend, nach Dornauberg zurück.
Der Basilisk in der Schönlaterngasse
Viel erzählt man sich in Wien von dem Basilisken in der Schönlaterngasse in der Wiener Innenstadt. So ein dämonisches Tier gibt es zum Glück nicht oft, was es aber natürlich nur noch interessanter erscheinen lässt.
Es war der 26. Juni des Jahres 1212, als aus dem Hof eines Bäckermeisters wilde Schreie und ein riesiger Krawall bis auf die Straße zu hören waren. Sofort hatte sich davor eine große Menschenmenge gebildet, die wissen wollte, was denn da drinnen los wäre. Und nach einiger Zeit erschien sogar der Stadtrichter hoch zu Ross, um in Erfahrung zu bringen, was der Tumult zu bedeuten hätte.
Da öffnete endlich der Bäckermeister die großen Tore zu Haus und Hof und berichtete dem Stadtrichter, was vor kurzem vorgefallen war:
„Unsere Magd ist zum Brunnen gegangen, um Wasser zu holen, doch kam sie bald zurück und meldete, dass im Brunnen kein Wasser mehr zu holen sei. Ja mehr noch, ihr schien, als ob der Brunnen vergiftet worden wäre, denn ein bestialischer Gestank drang aus dem Brunnenschacht nach oben. Als sie nun den leeren Schöpfeimer wieder nach unten fallen ließ, beugte sie sich vor und schaute in den Brunnen hinab. Voll Schrecken konnte sie erkennen, dass sich dort unten ein Viech befinden musste, das sie mit dem fallengelassenen Wassereimer getroffen hatte, und das nun wild zu ihr nach oben blickte. Daraufhin wurde sie fast ohnmächtig, die Füße knickten ihr weg und um Luft ringend ließ sie sich auf den Boden vor dem Brunnen fallen. Als sie sich erholt hatte, ist sie gleich zu uns
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