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Die Schreckensteiner auf der Flucht

Die Schreckensteiner auf der Flucht

Titel: Die Schreckensteiner auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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ist das in der heutigen Welt: Je mehr sich der Mensch von der Technik abhängig macht, desto größer sind die Katastrophen, wenn sie nicht funktioniert. Nach Auskunft des Heizungsfachmannes müsste ich euch eigentlich für den Rest des Trimesters nach Hause schicken. Aber wie ich meine Herren Ritter kenne, geben die nicht so schnell klein bei. Wir wollen also versuchen, gemeinsam mit der Situation fertig zu werden und den Unterricht aufrechterhalten, so gut es geht. Das wird manche Unbequemlichkeit mit sich bringen. Um so größer ist dann die Befriedigung, wenn wir uns nachher sagen können: Wir haben nicht schlappgemacht, wir haben durchgehalten.“
    Mit Getrampel erklärten die Ritter ihr Einverständnis. Der Rex gab die notwendigen Maßnahmen bekannt:
    1. Der morgendliche Dauerlauf fällt ab sofort weg. Da die Ritter sich nicht mehr waschen konnten, sollten sie sich morgens mit Schnee abreiben. Davor noch Dauerlauf wäre zu viel gewesen.
    2. Dick anziehen. Äußerlichkeiten sind Nebensache!
    3. Der Unterricht wird in den Zimmern der Lehrer abgehalten! Weil diese Ofenheizung hatten.
    4. Das Wohnzimmer wird Aufenthalts- und Essraum!
    5. Der Esssaal wird gemeinsamer Schlafsaal
    Um eine erträgliche Temperatur zu halten, sollten zwei Kanonenöfen aufgestellt werden. Bis zum Mittagessen sollte die Umquartierung beendet sein, der ausgefallene Unterricht am Nachmittag nachgeholt werden.
    „Ja, dann wollen wir uns mal langsam einmiefen!“ sagte der Schulkapitän und verließ den Raum.
    „Jedenfalls mal was anderes!“ brummte Dampfwalze. „Von mir aus kann’s noch viel kälter werden!“
    „Na, na!“ dämpfte Stephan. Da trat Mücke hinzu. „Oh, ich kann Dampfwalze verstehen. Wenn’s ihm zu kalt wird, denkt er an meine Schwester!“
    Dampfwalze ging ohne Antwort weiter. Er war nur schlagkräftig, nicht schlagfertig. Aber er hatte recht. Die Abwechslung machte Laune.
    Als der Rex zum Mittagessen ins Wohnzimmer trat, gab es ihm einen sichtbaren Ruck. Zuerst mochte er glauben, hier finde ein zweiter Maskenball statt. Dabei waren nur seine Worte, keinen Wert auf Äußerlichkeiten zu legen, in die Tat umgesetzt worden. Jeder hatte sein dickstes Hemd angezogen, die längsten Pullover und Schals, die ältesten Hosen, dazu zwei, drei Paar verschieden lange Strümpfe und Socken übereinander. Und wie es der Zufall wollte, passten die wärmsten Sachen farblich am wenigsten zusammen. Auch bei Dampfwalze. Vom schönen Maharadscha war nichts übriggeblieben.
    „Jetzt sieht er aus wie ein Mähdrescher!“ meinte der kleine Eberhard.
    Einen wichtigen Beitrag zum Entsetzen des Rex hatte Musterschüler Strehlau geleistet.
    „Kein Ritter ohne handgestrickten Helm!“ forderte er. „Sonst tropft bald das böse Naschen!“
    Und so saßen sie beim Essen, dick und bunt, mit Ohrenschützern, Basken- und Zipfelmützen, wie eine Expedition im Biwak. Am Nachmittag wurde der verschobene Unterricht nachgeholt. In den Zimmern der Lehrer. Aber die Aufmerksamkeit ließ zu wünschen übrig. Das lag zum einen Teil an der ungewohnten Haltung. Die meisten saßen nämlich am Boden. Um jedem einen Stuhl hinzustellen, waren die Zimmer zu klein. Zum anderen lag es an der Wärme. Die Ritter vom Heizdienst hatten gut vorgesorgt. Wer in Ofennähe saß, musste sich große Mühe geben, wach zu bleiben. Und an den Ablenkungsmöglichkeiten lag es natürlich auch. Privatzimmer von Lehrern sind ungemein interessant. Manche lasen die Aufschriften auf den Buchrücken oder zählten die Bände, andere interessierten sich für Kleinkram, wie Briefbeschwerer, Elfenbeinschnitzereien, eine Kugel aus Granit, eine alte Münze, versuchten in einem unbeobachteten Augenblick danach zu greifen, um damit zu spielen.
    Und noch etwas stand einem geregelten Unterricht im Weg: die Lehrer konnten keine Hausaufgaben stellen, weil das Wohnzimmer zu klein war, um alle gleichzeitig dort arbeiten zu lassen. Klassenarbeiten entfielen ebenso. In der ungewohnten Hockestellung konnten die Ritter nicht schreiben.
    Auch außerhalb des Unterrichts mussten die Ritter auf manches verzichten, womit sie sich sonst gern beschäftigten. Die Amateurfunker konnten nicht mehr mit der Welt verkehren — das Gepiepse hätte die andern zu sehr gestört; aus ähnlichen Gründen übte auch die Horror-Rock-Band nicht mehr; und die Leichtathletikmannschaft unterbrach ihr Konditionstraining. Jeder musste seine Interessen zurückstecken, und wer mal für eine Weile allein sein wollte, der zog seine

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