Die schwarze Hostie
stärker, als ich dachte.“ Alexander lächelte, aber es war eher eine verzerrte Grimasse. Er rieb sich die Rippen, so als habe sie ihn tatsächlich verletzt.
„Das war nicht ich“, protestierte sie.
„Doch. Ich weiß nicht, ob …“ Wieder dieses Zittern. Seine Augen veränderten ihre Farbe von blau zu fast schwarz. Ebenso wie die Wolke, die sie gesehen hatte, obwohl es so etwas nicht geben konnte.
Und dann war da nur noch Rauch. Plötzlich war sie allein.
Die Hitze der Sahara hüllte ihn ein wie ein schützender Kokon. Mit einem tiefen Atemzug ließ er sich in den Sand sinken.
Das war knapp gewesen. Einen Lidschlag länger und er hätte sich auf sie gestürzt. Die Energie Halders war so stark, dass er seine ganze Willenskraft aufbringen musste, um sie zu kontrollieren. Sariels überraschende Attacke hatte dazu geführt, dass er diese Kontrolle verlor.
Er war kurz davor gewesen, Sariel das anzutun, wovor er sie beschützen wollte.
Die glühenden Sonnenstrahlen taten ihm gut. Sie brannten Halders giftige Energie aus ihm heraus. Gut! Er musste Halders Einfluss loswerden, bevor er zu Sariel zurückkehrte. Im Moment war er für sie gefährlicher als der Banker.
„Ich bin ein verdammter Idiot.“ Ohne es zu wollen, hatte er diesen Gedanken laut ausgesprochen. Er verhallte in der unendlichen Weite, die ihn umgab. Die Wüste war geduldig, ein paar Worte konnten ihrer Macht nichts anhaben.
Er seufzte. Die letzten Tage hatten eines deutlich gezeigt: Er war bei Weitem nicht so stark, wie er geglaubt hatte. Der Banker hatte ihm wiederholt die Grenzen seiner Macht aufgezeigt. Und jetzt musste er feststellen, dass Halders schwarze Magie weitaus gefährlicher war, als er geglaubt hatte. Er hatte jede Faser seiner Kraft gebraucht, um ihr Herr zu werden. Fast hätte er versagt.
Die Sonnenstrahlen bohrten sich in seinen Körper, begannen ihre reinigende Arbeit. Mit ihnen kam der Schmerz. Ein müdes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er hätte es wissen müssen, alles, was mit Torsten Halder zusammenhing, war schmerzhaft.
Sariel stand in der Mitte des Raumes. Sie war wütender als jemals zuvor in ihrem Leben. Wie konnte er es wagen zu verschwinden? Und sie hier, hoch oben in den Bergen, zurückzulassen.
Mit einem Aufschrei ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf. Schleuderte die Energie in alle Richtungen. Wie ein Wirbelsturm rasten die Kräfte, die sie entfesselte, durch den Raum. Ein Tisch flog durch die Luft. Eine Couch krachte gegen die Glasfront. Bilder wurden von den Wänden gerissen.
Die Elemente tobten, von ihrem Willen entfesselt. Noch nie zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt. So machtvoll.
Das triumphale Gefühl sollte nicht lange andauern.
Ein Spiegel, einer der letzten Gegenstände, die ihrer Kraft widerstanden hatten, reflektierte sie.
Der Orkan, der eben noch in ihren Ohren geheult hatte, verstummte. Die Stille war beängstigend. Noch schlimmer aber war die Kreatur, die sie in dem Spiegel erblickte.
Das war kein Mensch, sondern ein Wesen, das aus Feuer zu bestehen schien.
Wer war sie?
Es dauerte lange, bis er sie entdeckte. Sie kauerte in der hintersten Ecke ihres Zimmers, mit den Armen hielt sie ihre Knie fest umschlungen. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, denn die Flut ihrer Haare ergoss sich über ihren Körper, aber ihre Haltung war ein deutlicher Ausdruck ihrer Verzweiflung.
„Was ist passiert?“ Seine Stimme klang rau, als er diese Worte flüsterte. Angst jagte einen Schauer über seinen Rücken. Hatte es Halder trotz der starken Schutzzauber, die diesen Ort umgaben, geschafft, zu ihr vorzudringen. Hatte er …?
„Nichts. Nichts ist geschehen.“ Ihr Blick war leer. Die Worte mechanisch. Es schien ihr egal zu sein, ob sie glaubwürdig waren oder nicht.
Er setzte sich neben sie. Wollte ihr etwas von seiner Körperwärme abgeben, um sie aus der Erstarrung zu lösen, aber sie schien ihn nicht zu bemerken. Ihre Augen blickten starr geradeaus.
„Was bin ich?“ Sie flüsterte diese Worte, ohne ihn anzusehen, fixierte die Berggipfel, als könne sie dort die Antwort finden. Erst als er nicht antwortete, sah sie ihn an.
„Du weißt es. Nicht wahr?“
Alexander war sich nicht sicher, was er auf diese Frage antworten sollte. Natürlich wusste er, was sie war. Die Frage war, ob es ratsam war, ihr die Wahrheit zu sagen. Sariel sah aus wie ein hauchdünnes, zartes Porzellangefäß, dessen vollkommene Oberfläche bereits einen Sprung
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