John Sinclair - 0977 - Liliths grausame Falle (2 of 2)
Jane Collins war in diesem Moment nicht fähig, sich von der Stelle zu rühren. Zudem hielt die dunkelhäutige Coco, deren kurzgeschnittenes Haar superhell gefärbt war, noch ihren Arm in Höhe des Ellbogens fest, und Jane mußte sich einfach vorkommen wie in einer zweifachen Klammer.
Für die erste hatte der Anblick gesorgt, der sich innerhalb des Glaskreises, der gleichzeitig als Tanzfläche der Hexen-Disco fungierte, abzeichnete. Dies vor einem blauen Hintergrund, der wiederum in verschiedenen Farbschattierungen schimmerte.
Es war das Gesicht der Lilith!
So kalt, auf gewisse Art und Weise schön, weil es einfach zu ebenmäßig war. Es lag dort bewegungslos im dicken Glas, wie eingeschlossen, und es bewegte sich nichts darin. Die Züge, waren völlig erstarrt. Das fing an der Stirn an, dicht unter dem dunklen Haaransatz, ging über die Wangen hinweg und endete am Kinn. Darunter malte sich noch der Ansatz des Halses ab, aber alles andere war nicht zu sehen, weil es eben in dieser blauen Hintergrundfarbe verlief.
In diesem Gesicht schien alles Böse, was es in der Welt gab, vereint zu sein. Es glich dem des Luzifer. Da war die Verwandtschaft einfach nicht wegzuleugnen.
Coco atmete schneller. Sie hielt den Mund leicht offen, so daß ihr Atem wie ein Zischen hervordrang. Dann schüttelte sie die steife Jane leicht durch. »Na? Spürst du es? Weißt du überhaupt, vor wem du jetzt stehen darfst?«
»Ich weiß es.«
»Gut, Jane, gut. Dann sprich es aus. Sage den Namen der Königin, unserer Königin.«
»Lilith!«
Coco lachte. Es klang nicht laut. Eher gebremst, als wollte sie durch das Lachen niemanden stören.
Jane hörte dieses glucksende Geräusch nur am Rande, denn sie spürte auch, daß etwas mit ihr geschehen war, als sie den Namen Lilith ausgesprochen hatte. Nicht äußerlich, da hatte sie sich nicht verändert, aber in ihrem Innern war plötzlich die Flamme hochgeschossen, die in ihr Gehirn hineintrieb, als wollte sie dort alles verbrennen, was sich dort je festgesetzt hatte.
Jane wollte es nicht fassen und begreifen. Sie weigerte sich, aber sie stemmte sich vergeblich dagegen an, denn in ihr waren die latent vorhandenen Hexenkräfte wieder hochgeschossen. Sie waren stärker geworden.
Es war eine andere Kraft gewesen, die voll zugestoßen hatte. Eben das oder, was in der Glasplatte vorhanden war, um den anderen Gästen den richtigen Weg zu weisen.
Lilith hatte sie nicht vergessen. Sie wollte sie zurück. Sie wollte Jane nicht dem Teufel überlassen, sondern sie an sich ketten. Das hatte sie schon einmal versucht, aber damals war es ihr nicht gelungen, denn da hatte sie noch gegen Smasch, den Hexenfresser, kämpfen müssen.
Aber er war nicht da.
Und auch John Sinclair nicht, mit dem Jane zu diesem Haus gefahren war. John hatte man abgewiesen. Kein Mann durfte die Disco Witchcraft betreten.
Jane hatte gedacht, es schaffen und sich auch wehren zu können. Nun aber sah es nicht danach aus, denn Liliths Einfluß verdichtete sich. Er rumorte in ihrem Innern. Er breitete sich aus und hatte von ihr Besitz ergriffen wie das Kokain von einem Junkie.
Jane fühlte sich leicht und befreit. Daß sie mit beiden Füßen auf dem Boden stand, fiel ihr nicht mehr auf. Ihrer Meinung nach schwebte sie darüber hinweg.
Wieviel Zeit seit der Entdeckung des Gesichts vergangen war, wußte sie auch nicht. Sie stand da, flog weg, der Boden öffnete sich, und es schienen andere Hände zu sein, die sie festhielten. Beinahe schon im Unterbewußtsein spürte sie auf ihrem Rücken Cocos Hand. Die Finger näherten sich einer bestimmten Stelle und hatten das Ziel bald erreicht.
»Die brauchst du ja nicht«, flüsterte Coco, als sie Jane die mit geweihten Silberkugeln geladenen Beretta wegnahm und sie in ihrer rechten Jackettasche verschwinden ließ.
Die Detektivin gab keine Antwort.
Sie war eine Gefangene des Hexenbanns. Sie hatte nur Augen für Lilith, für ihr Gesicht. Es lag in der steinernen oder gläsernen Starre vor ihren Füßen. War es wirklich nur starr?
Jane erschrak, denn sie hatte etwas gesehen, und das war keine Täuschung gewesen. Lilith bewegte ihre Augen. Dabei zwinkerte sie ihrer neuen Dienerin zu …
*
Ich hatte den Vorraum dieser Hexen-Disco verlassen müssen und war nicht eben glücklich darüber.
Ich wußte auch nicht, ob es wirklich besser gewesen war. Auf der anderen Seite gab es das sogenannte Hausrecht, und davon hatte die dunkelhäutige Türsteherin mit den grellblonden Haaren
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