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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sinnlos, wenn wir nicht entdecken, wie wir das Gas, wenn es zu Gas geworden ist, bändigen können!«
    »Wozu?« Berwaldt sah sich im Kreise um. »Wir wollen doch kein Giftgas entwickeln, das Millionen Menschen töten kann, sondern wir wollen doch ein zytostatisches Therapie-Mittel auf den Markt bringen!«
    »Das schon! Wenn aber bei der Fabrikation ein Unglück entsteht … wenn durch einen dummen Zufall etwas verdampft …« Patrickson hatte sich so in der Gewalt, daß er Berwaldt wie verzeihend anlächeln konnte. »Wir müssen an alles denken, mein Lieber! Wer soll Ihnen die 25 Millionen zahlen, wenn wir alle im Gas umfallen? Ich halte es für das beste, sofort an dieses Problem zu gehen.«
    Dr. Berwaldt nickte. Was Patrickson sagte, war logisch. Und doch hielt ihn eine innere Abwehr ab, sofort zuzugreifen. Es war ihm alles zu glatt gegangen, zu unkompliziert, zu ›filmisch‹ fast. Man warf mit unwahrscheinlichen Zahlen um sich und kannte von ihm und seinem Präparat nichts weiter als einen Fachzeitschriften-Artikel, einen Versuch bei Prof. Panterosi, einen Vortrag und eine Demonstration der ungeheuren Giftigkeit. Dafür 25 Millionen Dollar zu bieten, kam Berwaldt merkwürdig vor.
    Ich muß Zeit gewinnen, dachte er. Einen kleinen Abstand von den Eindrücken, die mich jetzt noch überwältigen. Vor allem ist es notwendig, sich über diesen internationalen Konzern zu erkundigen. So freundlich Patrickson und Cravelli waren, soviel Reichtum sie demonstrieren … Berwaldt schien es, als müßten die Repräsentanten eines solchen Konzerns anders aussehen. Wie sie aussehen sollten, das konnte er nicht erklären … aber anders … irgendwie anders …
    »Ich werde nach Berlin schreiben und mir die Formelmappe schicken lassen«, sagte er. Er sah nicht, wie hinter seinem Rücken Cravelli sichtbar aufatmete.
    »Und bis dahin seien Sie weiter unser lieber Gast.« Patrickson war zufrieden. In einer Woche regiere ich die Welt, dachte er.
    »Gehen wir in einen gemütlicheren Raum!« sagte Cravelli. Er starrte wieder auf den gasgefüllten Glaskasten und die Gefährlichkeit, die er im Hause hatte. »Dacore kann dafür sorgen, daß dieses Teufelszeug verschwindet –«
    »In Venedig wird man wohl kaum ein Fleckchen Erde finden, wo man es vergraben kann –« sagte Dacore sarkastisch.
    »Dann versenken Sie es in einem der kleinen, hinteren Kanäle. Oder besser … fahren Sie aufs Meer hinaus …«
    Dacore nickte. »Ich werde alles erst in Gips und dann in Beton eingießen …«
    Schnell verließ Cravelli das Labor und rannte fast durch die Irrgänge zurück in die Bibliothek. Auch bei seinem Rückweg verlor Dr. Berwaldt die Orientierung. Es war unmöglich, anhand einer Zeichnung die Lage des Labors festzuhalten.
    An diesem Abend noch, nachdem man ihn zum ›Excelsior‹ zurückgebracht hatte, schrieb Dr. Berwaldt den Brief an Ilse Wagner. Er legte die ausgefüllte Fahrkarte bei, die das im Hotel befindliche Reisebüro ausstellte, und gab als Absender Venedig I, postlagernd an. Er tat dies auf einen Rat Cravellis hin, auch wenn ihm die Argumentation sehr abenteuerlich vorkam.
    »Wir möchten alle Konkurrenz ausschalten!« hatte Cravelli gesagt. »Wenn man weiß, wo Sie wohnen, werden andere Interessengruppen kommen. Sie tun uns einen großen Gefallen, wenn Sie bis zum Abschluß unseres Vertrages Ihre Post über postlagernd Venedig I leiten lassen …«
    Berwaldt hatte sich darüber gewundert, aber er tat es. Er war ein in dieser Richtung etwas weltfremder Gelehrter, der die Spielregeln internationaler Konzerne nicht kannte. Es ist fast wie in einem Kriminalreißer, dachte er nur.
    In seinem Schreiben an Ilse Wagner gab er die Anweisung, die Mappen 17 und 23 mitzubringen. Mappen mit leeren Blättern. Daß er Ilse Wagner überhaupt nach Venedig kommen ließ, war eine plötzliche Reaktion. Er wollte einen ihm seit Jahren vertrauten Menschen bei den Verhandlungen um sich haben, einen unbestechlichen Zeugen. Die leeren Mappen, die sie mitbrachte, waren nur eine Staffage für Cravelli und Patrickson.
    Im Tresor des Hotels lag ein mittelgroßes, unscheinbares Kuvert. Berwaldt hatte es gleich am ersten Tag abgegeben.
    Niemand wußte davon.
    Es waren die Formeln, die 25 Millionen Dollar wert waren … Rettung für Millionen Krebskranke oder Untergang einer ganzen Menschheit –
    Erst am nächsten Nachmittag kam Sergio Cravelli wieder in das ›Excelsior‹ und holte Dr. Berwaldt zu einer Spazierfahrt mit der ›Königin der Meere‹

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