Die Schwingen des Todes
Hinweis auf die Zeitung, kein Datum. Rina las die Überschrift.
Ermordeter Mann auf Kirchentreppe gefunden Auf seiner Streife fand Officer Willard Greaves eine Leiche auf den Stufen der Methodistenkirche in Medford. Der Tote hatte ein Einschussloch an der Stirn und wurde als Steven Gilbert, Computerdozent am städtischen College, identifiziert.
Der Artikel fiel Rina aus der Hand und flatterte zu Boden. Sie spürte ihr Herz schlagen. Einen Moment versagte ihr die Stimme, dann rief sie ihn.
»Peter?«
Keine Antwort.
Sie hob den Artikel auf und versuchte ihre zitternden Hände unter Kontrolle zu bringen. Sie räusperte sich und versuchte es etwas lauter. »Peter?«
Nichts.
Sie ging in die Küche, das Zentrum des Hauses ihrer Schwiegereltern. Mama Ida hatte gerade einen Apfelkuchen mit Zimt gebacken, und es roch nach Zucker und Gewürzen. »Wo ist Peter?«
»Hinter dem Haus.«
Sie holte tief Luft und ging nach draußen. Peter grillte das Abendessen, Barschfilets vom morgendlichen Angelausflug. »Hey«, sagte sie.
»Hallo.« Decker konzentrierte sich auf den Grill. »Was gibt's, Schatz?« »Das kam gerade mit der Post.« Peter sah auf. »Ist was passiert, Rina?« »Passiert?«
»Du bist ganz blass.« Seine Miene war besorgt. »Was ist l os?«
»Eigentlich nichts, jedenfalls nichts Schlimmes.« Sie nahm ihm das Grillbesteck aus der Hand und hielt ihm den Artikel hin.
Zögernd nahm Decker den Ausschnitt. »Na, so was.« Unwillkürlich musste er lächeln. »Heiliger Strohsack. Wo kommt das denn her?«
»Hab ich dir schon gesagt. Kam eben mit der Post. Es war an mich adressiert, an die Anschrift deiner Eltern.«
»Hast du den Stempel angeguckt?«
»Ja. In New York eingeworfen.«
»New York?«
Rina nickte.
»Nicht Indiana.«
»Nein, New York.« Sie zeigte ihm den Umschlag.
»Vielleicht ist es bloß ein Streich.«
Aber Rina wusste, dass es kein Streich war.
»Na, da gibt's nur einen Weg, das rauszufinden.« Er schaute von dem Artikel auf. »Passt du auf den Fisch auf?«
»Mach ich.«
»Meine Güte. Wenn das stimmt, müssen wir's den Jungs sagen.« Decker lächelte wieder. »Willst du es tun, oder soll i ch?«
»Ich glaube, du solltest es tun. Ich.« Plötzlich fühlte sie sich ganz schwach. »Ich.«
Decker nahm sie in die Arme. »Ich weiß, Liebling, du musst einen Schock haben!« Er konnte ein Grinsen nicht verbergen. »Kein unangenehmer Schock. Hier, setz dich.« Er zog ihr einen Gartenstuhl heran.
»Mir geht's gut.« Sie legte die Hand an die Brust. »Rufst du die Polizei in Medford an?«
»Ja.« Decker schlug den Artikel gegen die Handfläche. »Ich hoffe, das ist erlaubt. Ich fühl mich nämlich richtig gut. Eigentlich bin ich gar nicht so rachsüchtig. aber manchmal hat es was für sich.«
Dieser Tag im Park. hatte er da nicht fast das Gleiche gesagt? Dass Rache eine beruhigende Wirkung hätte? Rina versuchte ruhig zu atmen.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte Decker lachend. »Unglaublich. Es muss wirklich einen Gott geben.«
Er ging, um seine Anrufe zu erledigen. Sie stand auf, um nach dem Fisch zu sehen. Sie spürte ihren Gefühlen nach und kam zu dem Schluss, es täte ihr nicht Leid. aber sie triumphierte auch nicht.
Vielleicht hatte sie die Nachricht noch nicht verarbeitet.
Ihre Jungs... würden erleichtert sein. Egal, wie sehr sie geglaubt hatten, es sei vorbei - jetzt war es wirklich vorbei. Vielleicht konnte Jacob jetzt die Vergangenheit hinter sich lassen.
Tränen traten ihr in die Augen. Es muss einen Gott geben. Aber das hier war nicht Gott. Denn Rina kannte seinen Namen.
Buch
Peter Decker von der Polizei in Los Angeles steht vor einem besonders schwierigen Fall: Ein Mitglied seiner Familie ist in einem schäbigen Hotel in Manhattan ermordet worden. Nur zögernd begibt sich Decker mit seiner Frau Rina Lazarus auf Spurensuche ins winterliche New York. Inmitten jener Verwüstung, die die Anschläge vom 11. September hinterlassen haben, stößt das Ermittlerpaar auf unerwarteten Widerstand. Denn nicht nur die New Yorker Polizei, sondern auch die jüdisch-orthodoxe Familie des Mordopfers vermauert sich hinter eisiger Ablehnung. So muss Decker den zweifelhaften Hinweisen eines Mafia-Abkömmlings folgen und gelangt prompt in ein gefährliches Geflecht aus Drogen, gewaschenem Geld und dunklen Geheimnissen.
Autorin
Faye Kellerman hat sich mit ihren Decker-Lazarus-Krimis eine weltweite Fange meinde erobert. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Bestsellerautor Jonathan Kellerman, und
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