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Die Seele des Ozeans (German Edition)

Die Seele des Ozeans (German Edition)

Titel: Die Seele des Ozeans (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Alexander recht hatte?
    Fae drückte ihre Stirn gegen den schroffen Fels, so fest, dass es sich anfühlte, als platze ihre Haut unter dem Druck auf. Gleichgültig. Nichts spielte mehr eine Rolle. Der Schmerz, der sich all die Tage zurückgehalten hatte, kehrte mit voller Wucht zurück. Er hämmerte in ihrem Schädel, als wolle er ihn von innen heraus sprengen. Es ging so schnell, es breitete sich aus, lähmte und betäubte sie. Die vermeintliche Rettung hatte alles nur verschlimmert.
    Kjell! Hörst du mich? Sag mir, dass Alexander lügt!
    Fae spürte ihre Sinne schwinden. Sie konnte nichts dagegen tun, glaubte in der Ferne die Stimme ihres Bruders zu hören, öffnete den Mund und hörte statt eines Hilfeschreis nur ein Seufzen. Alles wurde schwerelos und taub. Aber irgendwie schaffte sie es, weiterzulaufen. Weiter und weiter. Die Nacht schritt fort. Sie ging in die Knie, kämpfte sich wieder hoch, stolperte weiter.
    Mach schon … hör auf … lass dich einfach fallen.
    Kjell! Bitte! Wo bist du?
    Irgendwann gab Fae auf. Wieder an einen Felsen gelehnt, hörte sie das lauter werdende Rauschen des Windes und das Rumoren der Wellen. Alles klang fern und zugleich nah, unwirklich und messerscharf.
    „Fae …“
    Nein, nicht Alexanders Stimme. Sie öffnete die Augen einen Spalt weit, oder glaubte wenigstens, es zu tun. Selbst die winzigste Bewegung glich einem Gewaltakt. Wie eh und je rollten die Wellen an den Strand, umspülten algenüberwucherte Felsen und Teppiche angespülten Tangs.
    Etwas Helles lag unmittelbar vor ihr, keine fünf Schritt entfernt. Etwas, das aussah wie ein Körper. Blass und zitternd, zusammengerollt wie ein Embryo.
    „Fae … es …“ Die Stimme war so leise, dass sie sie kaum verstand. „Tut mir leid. Ich … konnte nicht … endlich …“
    Nein! Es war nicht Kjell.
    Sie bildete es sich nur ein. Sie träumte, sie halluzinierte. Denn etwas an seinem Körper stimmte nicht. Er war nicht strahlend hell, sondern grau.
    Wie eine Leiche.
    Klaffende Wunden bedeckten seine Haut. Überall. Aber es floss kein Blut. Sein Fleisch war so farblos wie seine Haut und sein Haar.
    Er kann es nicht sein. Nein!
    „Ich bin…zurückgekommen. Seit gestern Abend… hier. Hast du… nicht gehört?“
    Seine Hände verkrampften sich, die Finger mit den scharfen Nägeln gruben sich zitternd in den Sand. Und plötzlich begriff sie.
    Seit gestern Abend? Oh nein!
    Bitte, bitte nicht!
    Fae wusste nicht, wie sie auf die Beine gekommen war, und sie wusste nicht, wie sie die Schritte zu ihm hin bewältigt hatte. Es schien nur die Dauer eines Herzschlags vergangen zu sein, bis sie neben ihm kniete.
    „Nein! Nein, bitte nicht.“
    Ihre Hände tasteten über seinen zerstörten Körper. Großer Gott, was war mit ihm geschehen? Es gab kaum eine Stelle, an der die Haut nicht aufgerissen war. Ausgefranste Schnitte klafften auf Beinen, Armen und Brust, unterhalb der Rippen sah sie einen Stich mit glatten Rändern, wie von einer Messerklinge. Transparente kleine Wesen klebten in den Wunden, längst tot und erloschen, aber Fae wusste, dass es die Lichtwesen waren.
    Es hat nicht genügt. Es war zu wenig gewesen.
    „Alexander!“, schrie Fae. „Ukulele! Henry!“
    „Wo bist du?“, kam es aus dem Nebel zurück.
    „Hier drüben. Bei den Felsen. Kommt schnell!“
    „Fae, bist du verrückt geworden? Was machst du hier draußen?“
    Unendlich lange schien es zu dauern, bis die vertrauten Schatten aus dem grauen Nichts auftauchten. Fae beugte sich über Kjell und küsste seine eiskalten Lippen. Seine Augen waren geschlossen, aber sie wusste, dass er ihre Gegenwart spürte. Nein, er war nicht bewusstlos, sondern gefangen in unerträglichen Schmerzen. Jeder Muskel seines Körpers war verkrampft. Unter ihren Händen fühlte er sich an wie kalter, toter Stein.
    Seit gestern Abend. So viele Stunden! Warum habe ich ihn nicht gespürt? Warum habe ich ihn so lange allein gelassen?
    „Scheiße!“ Alexander ließ seine Taschenlampe fallen. „Was um Himmels willen ist passiert?“
    „Ich weiß es nicht. Bitte helft ihm. Schnell.“
    Ukulele und Henry zögerten keine Sekunde. Während Alexander reglos dastand, Augen und Mund vor Entsetzen aufgerissen, knieten sich die beiden Männer neben Kjell und betasteten die Verletzungen.
    „Nicht gut.“ Der Hawaiianer wurde blass. „Überhaupt nicht gut. Fühlst du einen Puls?“
    „Kaum.“ Henry drückte mit Zeige- und Mittelfinger in Kjells Hals. „Er ist so gut wie tot. Dass er überhaupt noch

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