Die Seele des Ozeans (German Edition)
in sein Haar krallten. Faes Zungenspitze glitt über seinen Hals, fuhr die Linie seines Kiefers nach und berührte seine Lippen, bis er ihren Mund erneut mit einem Kuss verschlang und sie so fest an sich drückte, dass ihr ein Keuchen entwich.
„Es tut mir …“
Sie gab nur ein Knurren von sich, packte ihn und warf ihn auf das Bett. Eine schnelle Drehung, ein heiseres Lachen, und er hatte die Kontrolle zurückgewonnen. Mit einer schnellen, gierigen Bewegung drang er ihn sie ein, trank Faes leisen Schrei mit einem Kuss und spürte, wie ihm jede Sanftheit entglitt.
Wie Seeleoparden rollten sie sich herum, knurrten und kämpften, besiegten und eroberten sich gegenseitig. Selbst die Gier des anderen verbrannte in diesem urtümlichen Feuer, bis Kjell glaubte, in seiner eigenen Lust zu verglühen.
Schweißüberströmt lagen sie irgendwann zwischen den Laken, nach Luft ringend, zu Tode erschöpft, doch auf Faes Gesicht sah er das zufriedenste, glücklichste Lächeln, das er je an ihr gesehen hatte. Er hielt sie in seinen Armen, so sanft, wie ihr Liebesspiel zuvor grob gewesen war, schmiegte seine Wange an ihr Haar und schloss die Augen, um den Moment festzuhalten.
Es währte nicht lange, bis Müdigkeit ihn einhüllte wie warmes, schwarzes Wasser. Er träumte, dass sie gemeinsam durch das Meer der anderen Welt tauchten, frei und sorglos, ohne Gedanken an das, was war, oder an das, was sein würde. Über ihnen stand der riesenhafte, blaue Mond, umkreist von seinen drei blasseren Geschwistern. Alles war weit, alles war grenzenlos in diesem Meer, dessen kristallene Fläche von vereinzelten Sandinseln gesprenkelt war. Fae war nicht länger ein Mensch. Sie war stark. Ewig jung. Wunderschön und frei …
Ein urzeitliches Dröhnen zerfetzte die friedvolle Welt und schleuderte ihn zurück in die Wirklichkeit. Er trieb über dunklem, eisigem Wasser, blutend aus einer tiefen Wunde, die sich quer über seine Brust zog. Alles war so schnell geschehen, dass er nicht einmal sagen konnte, woher die Verletzung stammte. Etwas war aus dem Nichts gekommen, blitzschnell und messerscharf. Etwas, das das Meer mit seinem grauenvollen Brüllen erfüllte. Seine Hand griff nach dem klaffenden Schnitt, aus dem sich eine dunkle Wolke ins Wasser ergoss.
Und dann sah er es.
Unter ihm bewegte sich ein gigantisches, hässliches Tier. Tentakel zuckten blitzschnell aus seinem riesigen Schlund, schlugen nach ihm und trafen ihn erneut mit einer Wucht, die ihm den Atem nahm. Zähne gruben sich in sein Fleisch, schlitzten es auf und zogen sich wieder zurück.
Ein kurzer Moment, in dem er nach Blut schmeckendes Wasser durch die Kiemen presste, und zum dritten Mal fielen die Tentakel über ihn her. Kjell versuchte zu fliehen, aber das Ungeheuer war schneller. Zwei der Tentakel zogen sich um seinen Körper zusammen und drückten so fest zu, dass seine Rippen knackten. Sie drückten ihm die Kiemen zu, zerquetschten seine Lungen und machten jeden Atemzug unmöglich. Halb besinnungslos zog und zerrte er an den schleimigen Fesseln, doch seine Kräfte waren nichts gegen die Urgewalt des Ungeheuers. Das Wesen brüllte seinen Hunger hinaus, aber es zog ihn nicht zu seinem weit aufgerissenen Maul, sondern hob ihn aus dem Wasser, warf ihn auf harten Grund und zog sich wieder zurück. Kjells Blick war vom Schmerz verschwommen. War er auf einem Schiff?
Ja, ein Schiff voller Menschen.
Und sein Bewusstsein schwand schnell.
„Es tut mir leid.“
Schatten fielen über ihn, verdunkelten alles. Er spürte Hände, wehrte sich dagegen, und verbrannte plötzlich in einem sengenden Feuer, das unterhalb seiner Rippen ausbrach.
Fae … Fae …
Ich muss sie retten … ihr helfen … aber ich sterbe.
Schwärze hüllte ihn ein. Er trieb durch ein kaltes, stilles Meer. Zeit wurde bedeutungslos und löste sich in wirren, schmerzdurchtränkten Träumen auf. Dann fühlte er Sand unter sich, und in ihm klaffte eine solche Sehnsucht, dass sie jede körperliche Qual überstrahlte.
Fae!
Er rief ihren Namen. Immer wieder, immer wieder. Aber die Nacht blieb eisig und still. Ihm war kalt. Er zitterte, wand sich vor Schmerzen und fühlte den Würgegriff einer Einsamkeit, wie er sie niemals zuvor empfunden hatte.
Fae! Ich bin hier …
Tränen gefroren auf seiner Haut, der Wind fing sich in klaffenden Wunden. Er wurde schwächer, immer schwächer.
Fae! Ich kann nicht mehr …
Alles verschwand. Löste sich auf. Und plötzlich wusste er, wo er sich befand. Wusste, was geschehen
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