Im Reich des Vampirs
Prolog
Wir alle haben unsere kleinen Probleme und Komplexe. Ich bilde da keine Ausnahme. Wenn mich in der Highschool irgendetwas verunsicherte, dann tröstete ich mich mit zwei Dingen: Ich bin hübsch und meine Eltern lieben mich. Mit diesen beiden Ãberzeugungen konnte ich alles durchstehen.
Inzwischen habe ich allerdings gelernt, wie wenig Ersteres zählt und auf welch harte Probe Zweites gestellt werden kann. Was bleibt dann? Es geht nicht um die äuÃere Erscheinung oder jene, die uns lieben oder hassen. Auch nicht um die Intelligenz â die, wie Schönheit, nur ein unverdientes, von Genen verursachtes Geschenk ist â, nicht einmal darum, was wir sagen.
Unsere Taten definieren uns. Unsere Entscheidungen. Die Dinge, denen wir widerstehen. Die Dinge, für die wir sterben würden.
Mein Name ist MacKayla Lane â glaube ich. Einige behaupten, mein Nachname wäre in Wirklichkeit OâConnor. Das ist heute eine meiner Unsicherheiten: Wer bin ich? Obschon ich im Moment keine Eile habe, das herauszufinden. Was ich bin, ist schon beunruhigend genug.
Ich stamme aus Ashford, Georgia â glaube ich. In letzter Zeit melden sich einige verzwickte Erinnerungsfetzen, die ich nicht richtig einordnen kann.
Ich bin in Irland. Nachdem meine Schwester Alina tot in einer mit Abfall übersäten Gasse in Dublins Norden aufgefunden wurde, legte die Polizei den Fall in Rekordzeit als unlösbar zu den Akten. Deshalb flog ich hierher, um selbst zu sehen, ob ich Gerechtigkeit einfordern kann.
Okay, vielleicht waren meine Motive nicht ganz so rein.
Im Grunde bin ich hier, um Rache zu üben. Und jetzt, nach allem, was ich gesehen habe, will ich die Rache doppelt so sehr.
Früher dachte ich, meine Schwester und ich seien nur zwei Südstaaten-Mädchen, die in ein paar Jahren heiraten, Kinder kriegen und sich in einem Leben mit viel gesüÃtem Tee auf der Veranda im Schatten eines Magnolienbaums einrichten, ihre Kinder gemeinsam aufziehen und immer in der Nähe von Mom und Dad wohnen würden.
Dann machte ich die Entdeckung, dass Alina und ich gar nicht aus gutem altem Südstaatenholz geschnitzt, sondern Abkömmlinge eines alten keltischen Geschlechts von mächtigen Sidhe -Sehern sind â das sind Menschen, die Feen sehen können, eine furchteinflöÃende Spezies andersweltlicher Wesen, die im Geheimen schon seit Jahrtausenden unter uns leben, eingehüllt in Illusionen und Lügen. Sie werden von einer Königin und einem Pakt regiert, den wenige gutheiÃen und viele ignorieren, und seit Urzeiten gehört Menschenraub zu ihren Gepflogenheiten.
Angeblich bin ich eine der mächtigsten Sidhe -Seherinnen, die jemals geboren wurden. Ich kann die Feen nicht nur sehen, sondern auch ihre heiligen Relikte erspüren, die ihre tödlichste und kraftvollste Magie in sich bergen.
Ich kann sie finden.
Ich kann sie benutzen.
Den mythischen Speer des Luin, eine von zwei Waffen, die die eigentlich unsterblichen Feen töten können, habeich bereits gefunden. Und ich bin eine Lun â eine Person, die Feen vorübergehend durch bloÃe Berührung mit den Händen in Starre versetzen kann. Das hilft mir, die Flucht zu ergreifen, wenn es nötig wird.
Mit dem Tod meiner Schwester begann meine Welt zu zerbrechen und dieser Prozess hat seither nicht aufgehört. Und nicht nur meine Welt ist gefährdet, sondern die von uns allen.
Die Mauer zwischen Menschheit und Feenreich stürzt ein.
Ich habe keine Ahnung, warum oder wie das geschieht. Ich weià nur, dass es so ist â das fühle ich in meinem Sidhe -Seher-Blut. Im düsteren Feenwind spüre ich einen nahenden blutigen, schrecklichen Krieg. In der Ferne höre ich das Donnern der scharfen Hufe von Feenhengsten, die ungeduldig ihre Kreise ziehen, bereit, sich bei der uralten, verbotenen Jagd auf uns zu stürzen.
Ich weiÃ, wer meine Schwester getötet hat. Ich habe in die mordlustigen Augen des Mannes geschaut, der sie verführt, benutzt und vernichtet hat. Er ist nicht ganz Fee und nicht ganz Mensch, nennt sich Lord Master und öffnet die Portale zwischen den Bereichen, um Unseelie in unsere Welt zu bringen.
Die Feenspezies ist in zwei verfeindete Königreiche mit eigenen Herrscherhöfen aufgeteilt: das »lichte« oder See-lie-Königshaus und das dunkle oder Unseelie-Königshaus. Lassen Sie sich von dem Wörtchen »licht« nicht
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