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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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aussah –, doch dann zog sie unter ihrem Hemd eine kleine Börse hervor und füllte dem Mann die Hand mit Silber. Sie hatte angenommen, damit sein Misstrauen zu beschwichtigen, doch dem war nicht so. Er hatte offenbar ein Auge auf eine gewisse Sorte von Geiern, die es auf seine bessergestellten Gäste abgesehen haben könnten, und ein alleinstehender Junge, von dem man nicht wusste, woher er kam und wohin er wollte, aber eine Börse mit Silbermünzen zückte, deren Besitz er nicht erklären konnte, war ihm verdächtig. Letztlich konnte sie ihn nur mit Einsatz von Magie bewegen, sie als Gast aufzunehmen, und sie rächte sich, indem sie ihn bewog, ihr kostenlos zusätzliche Kissen und eine Kanne Wein auf ihr Zimmer zu schicken.
    In dieser Nacht schlief sie in einem richtigen Bett in einem von den Morati gebauten Haus, und die Speisen und der Wein, die sie zu sich nahm, waren nicht herbeigezaubert, sondern von Sterblichen in ehrlicher Arbeit erzeugt worden. Eine erfreuliche Abwechslung.
    Am Abend kamen die Kaufleute.
    Einige waren über Land gereist, sie waren nach einem langen Tag auf den Straßen müde und staubig und erteilten ihren Dienern schroffe Befehle. Andere waren zur See gefahren und genossen es, während sie in Bandoa vor Anker lagen, in einem Bett zu schlafen, das nicht mit jeder Welle schaukelte. Als Kamala eintraf, waren mindestens ein Dutzend Gäste aus wirklich fernen Ländern anwesend, die Diener und Gefolgsleute, die in dunklen Ecken bereitstanden, sowie eine Reihe von Einheimischen, die gekommen waren, um ihre Geschichten zu hören, nicht mitgezählt. Ein Mann aus Durbana mit ebenholzschwarzer Haut und blitzenden Goldreifen in den Ohren, exotisch wie eine Gagat-Skulptur. Ein hellhäutiger Eynkar aus den Protektoraten, dessen hellblondes Haar im Schein der Lampen so weiß leuchtete, als wäre er ein Albino. Ein brauner Anchasaner in Wüstengewändern und mit indigoblauen Stammestätowierungen im Gesicht, der eine Runde eines vergorenen Pfefferminzgetränks für alle bestellte, die Geschichten aus fremden Ländern erzählten, und sich dann zurücklehnte und schweigend lauschte.
    Was immer diese Männer verlangten, im Dritten Mond wurde jeder Wunsch erfüllt. Sei es ein seltener Honigwein aus den Freien Landen, ein Sauergewürzkuchen aus Calach oder Brot, das nach dem Rezept einer unbekannten Stadt am Rand des Nirgendwo gebacken war; sogar der nicht ganz ernst gemeinte Ruf nach Fleisch einer seltenen Tierart aus dem Mitternachtswald förderte ein halbes Dutzend getrockneter Streifen zutage, die ein Reisender aus den Dunklen Landen dem Wirtshaus gespendet hatte. Natürlich kosteten solche Raritäten ein schönes Stück Geld, aber an Geld fehlte es diesen Männern nicht, und oft entbrannte geradezu ein Wettstreit darüber, wer am meisten für irgendeine fremdländische Spezialität auszugeben bereit war … Dabei beäugten sie sich ständig wie Wölfe vor einem eben gerissenen Beutetier, wusste doch jeder, dass der Trinkkumpan von heute der Konkurrent von morgen war. Und derselbe Wirt, der Kamala so ungnädig empfangen hatte, strahlte und schwitzte vor Stolz, wenn sich die Tische unter den seltenen Köstlichkeiten bogen, denn er wusste, dass kein anderes Haus es mit seinem Angebot aufnehmen konnte.
    Immerhin erklärte dieses Angebot die Preise, die er verlangte.
    Unter den Gästen war keine einzige Frau, allenfalls hin und wieder eine Dienerin, und selbstredend bemühten sich die Huren aus Bandoa um die wohlhabenden Gäste. Kamala drückte sich in ihre dunkle Ecke und tat so, als sähe sie nicht, wie viele verschiedene Stellen ihres Körpers diese Frauen entblößten, um den einen oder anderen Kaufmann zu verführen. Der Anblick weckte Erinnerungen, bei denen sich ihr der Magen umdrehte, aber sie machte den Huren keinen Vorwurf. Wenn eine Frau allein auf der Welt stand, hatte sie nur wenige Möglichkeiten, sich durchzubringen. Auch Kamala wäre kaum eine Wahl geblieben, und hätte sie nicht dank ihrer besonderen Gabe zu einem anderen Schicksal gefunden, stünde jetzt vielleicht auch sie hier und trüge im Wettbewerb mit den anderen ihre nackten Brüste zur Schau.
    Sie hätte gern etwas für diese Frauen getan. Wollte ihr Schicksal verändern – oder die Welt, die sie geprägt hatte –, vielleicht sogar das Wesen der Menschen insgesamt. Aber sie konnte es nicht. Alle Magie der Welt war machtlos gegen die Kräfte, die sie zu dem gemacht hatten, was sie waren.
    Das Essen stand vor ihr auf dem Tisch,

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