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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Kampf bringen konnte, und dass sie nicht befürchten musste, mitten im Flug in die Translatio zu fallen.
    Bei diesem Gedanken stieß sie den Angriffsschrei eines Habichts aus, zwängte ihren neuen Körper durch das schmale Fenster und schwang sich in die Lüfte.
    Colivar stand allein auf der verkohlten Erde und beobachtete, wie der Ikata zum Himmel emporstieg.
    Sein gellender Schmerzensschrei schallte nach allen Seiten über die verwüstete Ebene. Colivar hatte einen solchen Schrei erst einmal gehört, aber er hatte ihn nie vergessen. So schrie ein Seelenfresser, wenn ihm plötzlich der von außen gesteuerte Verstand entrissen wurde, wenn Wut und Angst sein Herz zerfraßen und seine Vernunft ausschalteten, soweit bei einem Tier davon die Rede sein konnte. Nie war der Ikata gefährlicher als in einem solchen Augenblick, erinnerte er sich, besonders, wenn der Urheber seiner Qualen in Reichweite war. In diesem Fall wäre Colivar jede Wette eingegangen, dass sich die Schmerzquelle innerhalb des Palasts befand … und das Wesen dachte offenbar genauso, denn nachdem es einen Kreis gezogen hatte, wie um sich zu orientieren, steuerte es geradewegs auf dessen Mauern zu.
    Vor langer Zeit hatte Colivar einmal einen Menschen so schreien hören. In seinen Träumen hörte er ihn manchmal noch immer.
    Der Seelenfresser flog schnell, die großen Buntglasschwingen zerlegten das Licht in alle Farben des Regenbogens. So viel Schönheit in dieser todbringenden Gestalt! Fast könnte man bedauern, dass ein so stolzes Wesen sterben musste , dachte er. Aber das war das Gesetz des Krieges, auch wenn er sich über Jahrhunderte erstreckte. Dieser Seelenfresser hatte sich ein Gebiet ausgesucht, wo man ihn nicht dulden konnte, schon gar nicht in der Verfassung, in der er sich gerade befand. Auch wenn er selbst bei seiner Ankunft noch nicht gewusst haben sollte, dass jede menschliche Hand sich gegen ihn erheben würde, seine Verbündeten mussten es wissen, und sie waren das Risiko eingegangen. Colivar würde dem Wesen nur helfen, sein selbst gewähltes Schicksal zu erfüllen.
    Als das Ungeheuer über ihm war, zog er seine Macht an sich. Er rief sich die Schwächen der Bestie ins Gedächtnis, die Stellen, wo eine einfache Wunde den größten Schaden anrichten könnte. Das Wissen war so tief unter so vielen halb verblassten Erinnerungen vergraben, dass er es erst mühsam zu Tage fördern musste. Dabei rührte er auch einiges auf, was nicht erfreulich war; er würde dafür sorgen müssen, dass er es hinterher schnell wieder vergaß. Manchmal konnte man sich nur mit solchen Tricks vor dem Wahnsinn retten.
    Als das Seelenfeuer um seine Fingerspitzen züngelte, als der Wind der Macht ihn umwirbelte und sich die ganze Gewalt eines Blitzschlags in seinem Körper staute, blickte er zu seinem Feind empor und richtete alle Sinne, die magischen und die körperlichen, auf den Seelenfresser …
    Aber er schlug nicht zu. Er konnte es nicht.
    Dann war der Moment vorüber, der Seelenfresser war weitergeflogen, sein Schatten raste über den Boden wie das Gespenst eines Raubtiers. Der Wind trug Colivar seinen Duft zu: süß, so süß, verlockender als jedes von Menschen gemachte Parfüm, berauschender als der edelste Wein. Er suchte ihn zu verdrängen, aber es gelang ihm nicht. Der Geruch riss in seiner Seele einen Damm ein, und eine Flut von Erinnerungen ergoss sich so plötzlich und mit solcher Wucht in sein Bewusstsein, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    – Junge Frauen, die als Opfer in kochend heiße Quellen geworfen wurden und dort eines qualvollen Todes starben –
    – schroffe weiße Berggipfel, die im arktischen Sonnenlicht aus einem Wolkenmeer aufragten –
    – geflügelte Ungeheuer, die sich gegenseitig mit Schwänzen und Krallen zerfleischten, gefrorenes Blut, das Rubinkristallen gleich auf die Erde herabregnete –
    Er fiel auf die Knie und rang nach Atem. Der Schatten der großen Bestie war jetzt vollends über ihn hinweggezogen, und er fröstelte, als hätte er ihm die Wärme aus dem Fleisch gesaugt. Dabei konnte er froh sein, dass ihn der Seelenfresser nicht gesehen hatte! Wie hatte er so töricht sein und an einen Angriff auch nur denken können!
    Das ist nicht dein Kampf , sagte er sich. Ein bitterer Gedanke, ein herber Schlag für seinen Stolz. Andere müssen jetzt die Fahne weitertragen.
    Dann sah er, wie sich ein großer Habicht aus einem Fenster des Palastes in die Lüfte schwang, und erkannte, dass jemand im Begriff

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