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Die Seelenjägerin - 1

Die Seelenjägerin - 1

Titel: Die Seelenjägerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Kostas spürte jäh das drohende Unheil, aber es war zu spät. Eine Tat, die nie geplant gewesen war, konnte nicht einmal ein Magister vorhersehen.
    Sie schwang das Schwert mit aller Kraft, legte ihre ganze Seele und alle ihre Gebete in den Hieb hinein. Sie hatte nur diese eine einzige Gelegenheit, danach wäre ihr Leben verwirkt. Die Magister würden blutige Rache nehmen, man würde sie töten, vielleicht würde man ihren Kopf vor dem Haupttor auf einen Spieß stecken, aber all das das kümmerte sie nicht weiter, denn sie hätte ihr Ziel erreicht. Sie konnte nicht zulassen, dass ihr Gemahl von den Seelenfressern beherrscht wurde, und sie war bereit, ihr Leben hinzugeben, um ihm damit die Freiheit zu erkaufen. Als Protektorin war sie sogar dazu verpflichtet.
    Die Klinge traf auf Fleisch. Kostas’ dürrer Hals bot ihr kaum Widerstand.
    Sie hörte Knochen brechen. Blut spritzte ihr ins Gesicht, ins Haar, über ihr Gewand.
    Etwas Schweres rollte zur Seite. Der Magister brach zusammen, schlaff wie eine Puppe sank sein kopfloser Körper zu Boden. Das Schwert löste sich aus Gwynofars Händen, flog quer durch den Saal und landete klirrend auf den blutbefleckten Steinen. Sie fiel auf die Knie und rang nach Atem, und als ihr die Ungeheuerlichkeit ihrer Tat zu Bewusstsein kam, begann sie haltlos zu zittern.
    Eine kleine Ewigkeit lang war alles still. Dann flüsterte Danton heiser: »Was habt Ihr getan?« Er kam um den Tisch herum und kniete neben Kostas in der Blutlache nieder. » Was hast du getan? « Er sah sie an, und in seinen Augen glitzerte der Wahnsinn. Er suchte nach dem Schwert, das ihr entfallen war; sie wich vor ihm zurück, so weit sie konnte, und Rurick kam herbeigelaufen, um sie zu beschützen.
    Doch plötzlich zerriss ein Kreischen die Stille, so grässlich laut und schrill, dass alle drei erstarrten. Es war ein unnatürlicher Laut, wie ihn keine menschliche oder tierische Kehle jemals hervorgebracht hatte. Und er kam von außerhalb des Palasts.
    Danton trat an das nächste Fenster. Rurick eilte zu Gwynofar und half ihr beim Aufstehen. Zunächst stand sie nur schwankend da. Sie wollte nicht ans Fenster. Wozu auch? Sie wusste auch so, wer da draußen war.
    »Seelenfresser«, flüsterte sie.
    »Was in allen Höllen war das?«, fragte Kamala.
    »Es war draußen«, flüsterte Andovan. Er war totenbleich geworden. »Das kam von draußen.«
    Sie eilten an ein Fenster. Die schmale Öffnung beschränkte die Sicht, und so suchten sie zunächst nur die nächste Umgebung nach einer Erklärung für das seltsame Geräusch ab.
    Und dann sahen sie, was es war.
    Ein großes geflügeltes Wesen stieg vor den Bergen auf. Es glitzerte im Sonnenschein, als wäre seine Haut mit Edelsteinen besetzt. Selbst aus dieser Entfernung konnte Kamala sehen, dass es riesig war, und es warf einen so mächtigen Schatten, dass die verkohlten Überreste ganzer Bäume in der Dunkelheit verschwanden, wenn es sie überflog. Sein Körper war schlangenförmig, und als es aus seinem Versteck aufstieg, knallte der lange Schwanz wie eine Peitsche, dass es über der verwüsteten Landschaft widerhallte. Und diese Schwingen! Kamala hatte so etwas noch nie gesehen, noch nicht einmal in ihren Träumen. Gewaltige, mehrfach geschichtete Flächen wie aus zerbrechlichem Buntglas, von einem tiefen Blauschwarz, das im Flug durch alle Farben wechselte. Erschienen sie im Schatten einer Wolke noch schwarz, so schillerten sie gleich darauf im Licht der Sonne von Kobalt über Violett bis ins Grünliche.
    Es war beängstigend. Es war schön.
    Sie war wie gelähmt.
    Andovan legte ihr eine Hand auf die Schulter; sie spürte, wie er zitterte. Aber nicht vor Angst. Seine Finger krallten sich in ihr Fleisch, er murmelte einen Fluch vor sich hin, und der Hass in seiner Stimme überwog die Furcht. Sie selbst konnte den Blick nicht von dem Wesen wenden. Das Auf und Ab der Flügel schlug sie in seinen Bann. Sie wollte hinausgehen, um sich die Bestie näher anzusehen, auch wenn sie dazu aus dem Fenster und über die Palastmauer klettern müsste. Sie wollte im Schatten dieser Schwingen stehen und die Farben über ihr Gesicht huschen lassen, sie wollte den Duft des fremden Fleisches riechen und spüren, wie ihr seine unnatürliche Stimme durch Mark und Bein drang. Sie wollte …
    Andovan riss sie vom Fenster weg. »Lianna!«
    Sie blinzelte. Zunächst war alles verschwommen. Dann gewann sie mühsam die Herrschaft über ihre Sinne zurück, und Andovans Züge wurden allmählich

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