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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Ärmel kalt.
    »Was hast du, Mutter?«, flüsterte sie. »Bitte, sag es mir.«
    Mit einem Seufzer musterte Evaine den Köcher in ihren Händen. Lange Zeit fuhr sie nur mit dem Fingernagel über den Rand des Deckels, ohne zu antworten. Endlich sagte sie sehr leise: »Angenommen, du wüsstest, dass du als Lyra die Pflicht hast zu handeln, aber dadurch alles verlieren könntest, was dir teuer ist. Was würdest du tun, Gwynofar? Würdest du Genaueres wissen wollen? Oder würdest du den Schutz der Unwissenheit vorziehen? Wissen bedeutet zwar in vieler Hinsicht Macht, aber es bringt auch Verantwortung mit sich.«
    Gwynofar überlief es kalt. »Mutter, ich …«
    »Lass dir Zeit mit der Antwort, Gwynofar. Manche Geheimnisse können, hat man sie einmal aus ihrem Käfig entlassen, nicht wieder eingefangen werden. Du musst ganz sicher sein, dass du an diesem hier teilhaben willst.«
    Gwynofar schloss kurz die Augen und versuchte, ihr wild pochendes Herz zu beruhigen. Schließlich nahm sie einen langen, tiefen Atemzug und sah ihre Mutter wieder an. »Ich bin Lyra .« Sie sagte es leise, aber fest. »Ich weiß, solange ich denken kann, dass mich die Götter eines Tages in ihre Dienste nehmen könnten. Dass sie es bisher nicht getan haben, befreit mich nicht von meiner Pflicht.«
    Ein seltsamer Ausdruck, eine Mischung aus Schmerz und Stolz, ging über Evaines Züge. »Du würdest diese Pflicht nicht verraten, meine Tochter? Nicht einmal, um ein Mitglied deiner eigenen Familie vor Schaden zu bewahren? Oder vor einer Schmach?«
    »Mutter …« Gwynofar schaute der Älteren tief in die Augen, fand aber keinen Hinweis, den sie zu deuten gewusst hätte. »Bitte sag mir doch rundheraus, was du auf dem Herzen hast.«
    Mit einem erneuten Seufzer musterte die Mutter wiederholt die Lederröhre, zog nach kurzem Zögern den Deckel ab, drehte die Röhre um und schüttelte sie ein wenig. Alles ohne ein Wort. Auf dem Hang war nur das leise Rascheln der Kiefernzweige im Nachmittagswind zu hören. Gelegentlich summte ein Insekt.
    Ein fest zusammengerolltes Pergament glitt aus dem Köcher. Evaine hielt es kurz in den Händen, dann reichte sie es Gwynofar. »Hier, meine Tochter. Sieh selbst.«
    Gwynofar entrollte das Schriftstück und las. Es war ein Stammbaum, aufgestellt nach den Sitten und Gebräuchen der Lyr . Neben jedem Namen befand sich eine Reihe von winzigen Symbolen, die angaben, welche Stränge im Erbgut der jeweiligen Person am dominantesten waren. Die Lyr verwendeten solche Diagramme bei der Partnerwahl für ihre Kinder, denn sie zeigten Verbindungen auf, die frisches Blut in das jeweilige Geschlecht bringen konnten. Oder Verbindungen, bei denen sich das vermeiden ließ, wenn man stattdessen die Eigenschaften des eigenen Stammes zu stärken suchte. Verschiedene Familien hatten hier unterschiedliche Gewohnheiten, und die Archivare zeichneten alles auf, ohne ein Urteil zu fällen. Nicht so präzise natürlich, wie Rommels derzeitiges Projekt es erforderte, aber ausreichend für die Planung von Eheverträgen.
    Gwynofar überflog das Dokument, bis sie vertraute Namen entdeckte: ihre unmittelbaren Vorfahren. Stevan Keirdwyn befand sich am Ende des letzten Asts, er hatte zwei Söhne von seiner ersten Gemahlin, dann kamen Evaine und ihre beiden Kinder Gwynofar und Arian. Der letzte Eintrag neben ihrem eigenen Namen schien Gwynofar allerdings fehlerhaft zu sein, doch dauerte es einen Augenblick, bis sie erkannte, wo der Fehler lag.
    Neben ihrem Namen stand ein Skandir-Zeichen! »Das kann nicht sein«, murmelte sie. Sie wusste genau, dass sie nur sehr wenig Skandir-Blut in den Adern hatte. Ihr Zwillingsbruder Arian war genau aus diesem Grund mit einer Skandir-Prinzessin vermählt worden, allerdings war er bei einem Jagdunfall ums Leben gekommen, bevor er Kinder hatte zeugen können.
    »Verfolge die Abweichung zurück«, sagte ihre Mutter leise. »Suche ihren Ursprung.«
    Gwynofar tat wie ihr geheißen und ließ ihre Augen über die verschiedenen Äste ihres Stammbaums nach oben wandern und nach allem suchen, was aus der Reihe fiel. Bei der Familie ihres Vaters schien alles in Ordnung zu sein, soweit sie sich an die Einzelheiten erinnern konnte. Aber der Ast ihrer Mutter …
    Sie hielt inne.
    Sie las den Eintrag.
    Sie las ihn noch einmal.
    »Das verstehe ich nicht«, flüsterte sie. »Wie kann das sein?«
    Ihre Mutter schwieg.
    Der Fehler lag zwei Generationen zurück, in dem Namen, der für Gwynofars Großvater mütterlicherseits verzeichnet

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