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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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uns den Tag vermissen. Wir wurden für die Nacht geboren, und für uns ist sie das Schönste. Die Dinge, die wir nachts tun können, entschädigen uns für unsere Verwundbarkeit während der Tagesstunden.«
    Er ließ einen Arm um Joie liegen, um sie zu stützen, als er sie in den heißen Teich stellte. Joie hatte keine Ahnung, wie schwach sie wirklich war. Traian war schon früh auf Nahrungssuche gewesen, bevor er sie geweckt hatte, weil er sie mit noch mehr Blut hatte versorgen müssen. Er konnte ihren Hunger spüren, obwohl sie sich standhaft weigerte, das Bedürfnis zuzugeben. Wahrscheinlich musste sie nur noch ein wenig länger an ihren menschlichen Gewohnheiten festhalten, um nach und nach eine neue, völlig andere Lebensweise anzunehmen.
    Joie war viel zu mutig, und falls ihre Familie und Gary Beispiele für menschliche Tapferkeit waren, hatte Traian sich die Bekanntschaft vieler guter Menschen entgehen lassen. Es beschämte ihn ein wenig, dass er nicht einmal versucht hatte, die Menschen, denen er des Öfteren begegnet war, kennenzulernen. Er hatte keinem von ihnen vertraut, und doch waren ihm vier großzügige Menschen zu Hilfe gekommen, als er sie gebraucht hatte.
    Er rieb das Kinn in ihrem Haar und genoss das Gefühl der dicken weichen Strähnen an seiner Haut, als er Joie sehr sanft zu waschen begann, seine Hände an ihrem schlanken Rücken hinuntergleiten ließ und über ihre wohlgeformte Hüfte strich. Traian spürte, wie ihr der Atem stockte, und dann berührte sie ihn auch und begann, die vielen Stiche und Bisswunden zu säubern, die ihm von den Insekten und Fledermäusen zugefügt worden waren, und drückte ihren Mund auf die furchtbare, noch kaum verheilte Wunde, die Valenteen ihm in die Brust gerissen hatte.
    Die Berührung ihrer Lippen so dicht an seinem Herzen bewegte ihn ganz unerwartet, ja erschütterte ihn geradezu. Sein Körper reagierte mit einem scharfen, fast schockierend heftigen Ziehen in den Lenden. Für einen Moment schloss Traian die Augen und kostete Joies Berührung aus. Das Blut rauschte heiß durch seine Adern. Scharfe Fänge wuchsen in seinem Mund, und ein schier unerträglicher Hunger überfiel ihn jäh.
    Joie hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. »Ja«, flüsterte sie. Es war der Lockruf einer Sirene. »Es ist immer ja , Traian.«
    Er musste sich zusammennehmen, bevor er den Kopf verlor. Sie brauchten beide neue Packungen aus Speichel und der vitalisierenden Erde, die sein Volk zur Heilung und Verjüngung benötigte. Deshalb hob er Joie wortlos auf und schwebte mit ihr zu ihrer Schlafstätte in der Erde zurück. Als Zugeständnis an ihre menschliche Herkunft ließ er ein einfaches Laken über dem Erdboden erscheinen, bevor er Joie zu ihrem Bett hinunterbrachte. Er konnte es ja später wieder entfernen, wenn er sie mit Nahrung versorgt und in einen vitalisierenden Schlaf versetzt hatte.
    »Noch nicht«, flüsterte sie. »Ich habe mir geschworen, dass ich als Karpatianerin als Erstes lernen würde, die Wunden meines Mannes … meines Seelengefährten zu heilen«, berichtigte sie sich.
    Bevor Traian sie daran hindern konnte, beugte sie sich schon über ihn und strich behutsam mit der Zunge über die Ränder seiner zerfleischten Haut.
    Traian schloss die Augen. Er müsste sie aufhalten, ihr Blut geben und sie wieder in einen heilsamen Schlaf versetzen, doch ihr Mund war einfach zu verführerisch. Ihre Zunge war wie Balsam auf seinen Wunden und von einer solchen Zärtlichkeit, dass er völlig überrumpelt war. Sogar den heilenden Gesang versuchte sie in Gedanken, und obwohl die Worte nur leise und zögernd kamen, bekam sie den Zauberspruch gut hin. Traians Augen brannten, seine Kehle war wie zugeschnürt, und selbst seine Brust war so eng, dass er kaum noch atmen konnte. Er war nie auf den Gedanken gekommen, dass sie versuchen würde, seine Wunden zu versorgen – nicht vor allem anderen. Eine andere Frau hätte anderes im Sinn gehabt und sich bestimmt nicht damit aufgehalten, sich so liebevoll um ihn zu kümmern.
    »Du dummer Mann«, flüsterte sie. »Natürlich kümmere ich mich um dich. Ich muss mich um dich kümmern.«
    Er hielt die Augen geschlossen, weil er befürchtete, dass sie dort Tränen sehen könnte. »Ich dachte, du wärst die Art von Frau, die nur tut, was sie auch will .«
    »Das stimmt, doch Frauen ändern ständig ihre Meinung. Und im Moment muss und will ich deine Verletzungen versorgen.« Sie lachte, und ihr warmer Atem streifte seine Haut. »Du wirst

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