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Die Silberschmiedin (2. Teil)

Die Silberschmiedin (2. Teil)

Titel: Die Silberschmiedin (2. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ausgeliefert. Du aber weißt von dem Mord, hast Beweise dafür. Du bist die einzige Zeugin. Wärest du weg, so hätte er nichts mehr zu befürchten. Und er ist nicht der Einzige in diesem Haus, der von deinem Tod Vorteile hätte.»

Kapitel 21
    Die nächsten Wochen verbrachte Eva in einer ungeheuren Anspannung. War sie in der Werkstatt oder in der Küche, so achtete sie auf jedes Wort und jede Regung von Susanne und David.
    Sie ahnte längst, dass sich die beiden des Nachts wieder zusammenfanden, doch es war ihr gleichgültig.
    Eva bestellte sich neue Kleider, dazu Gürtel, Hauben, Schuhe und ein paar Haarbänder sogar. Ihr Haar wurde länger, und bald schon würde sie im Haus ohne Haube gehen können. David sah es, doch er sagte nichts dazu.
    Auch in der Werkstatt hatte sie die Zügel in die Hand genommen. Sie ließ David seine merkwürdigen Erzeugnisse nicht mehr durchgehen.
    «Du lebst hier, du isst hier. Also wirst du für Essen und Wohnung arbeiten. Was du danach tust, ist mir gleichgültig.»
    Alle Sachen, die er einst gefertigt hatte und die sich nicht verkauft hatten, räumte sie aus dem Laden und befahl Regina, die Arbeiten einzuschmelzen. David sah mit zusammengebissenen Zähnen zu.
    Danach stellte sie einen neuen Gesellen ein, der mit Priska und ihr die Aufträge der Leipziger besorgte. Auch eine Haushälterin holte sie sich.
    Für Susanne und David gab es nichts mehr zu tun. Sie hätten gehen können, und niemandem wäre ihre Abwesenheit aufgefallen. Haus und Werkstatt waren so organisiert, dass sie ohne David und Susanne auskamen. Doch statt froh darüber zu sein, keine Aufgaben mehr zu haben, strengten sich beide auf einmal an. Susanne verbrachte mehr Zeit denn je in der Küche. Sie buk, kochte und versuchte, sich unentbehrlich zu machen. Die neue Haushälterin, eine gemütliche Dicke aus der nahen Muldegegend, ließ sich jedoch von ihr nicht beirren.
    David bettelte beinahe darum, arbeiten zu dürfen. Eines Tages kam er sogar und erzählte von einem Auftrag, den die Naumburger Domherren ihm übertragen haben sollten.
    Die Statue der Jungfrau Maria solle er schaffen. Ganz aus Bronze und mit einem Überzug von Silber und Blattgold.
    «Sie bestätigen den Auftrag schriftlich», erzählte er Eva. «Du wirst sehen, in ein paar Wochen liegt er vor dir.»
    «Ach, ja?», fragte Eva und wandte sich ihrer Arbeit zu.
    Diese neuen Annäherungsversuche waren ihr nicht geheuer. Was bezweckte David damit? Sie musste mit jemandem darüber sprechen. Am Nachmittag ging sie zu Johann von Schleußig zur Beichte.
    «Vater, ich habe Kenntnis von einem Mord. Gesehen habe ich ihn sogar. Mein Mund muss verschlossen bleiben, darf weder den Namen des Mörders noch den des Opfers nennen. Doch ich habe Angst, selbst umgebracht zu werden.»
    «Tochter, in den Geboten steht: Du sollst nicht töten. Ihr müsst zum Richter gehen und ihm alles erzählen.»
    «Nein, Vater. Nicht dem Richter will ich alles erzählen, sondern Euch.»
    Und dann sprach Eva, erzählte alles, was sich in den letzten Wochen zugetragen hatte, berichtete auch, warum sie bleiben und schweigen musste. Johann von Schleußig war weniger überrascht, als Eva gedacht hatte.
    «Ich beneide Euch nicht, Eva», sagte er. «Gott prüft Euch hart. Aber ich bin da, wann immer Ihr mich braucht. Das verspreche ich Euch.»
    Und Johann von Schleußig hielt sein Versprechen. Eva ging immer öfter zu ihm ins Pfarrhaus. Sie saßen meist schweigend beieinander, tranken ein Glas Wein. Bei Johann von Schleußig konnte Eva sich ausruhen.
    In der Hainstraße war das schon lange nicht mehr möglich. Misstrauisch beobachtete sie jeden Handgriff Davids. Nie fühlte sie sich auch nur einen Augenblick sicher.
    Nachts verriegelte sie ihre Kammer, schlief mit Mattstedts Dolch unter dem Kopfkissen, doch der Schlaf war unruhig und brachte keine Erholung.
    Neben Johann von Schleußig waren die Sitzungen der Fraternität ihre einzigen Lichtblicke. David ging nicht mehr mit, nur Adam begleitete sie.
    «Wie geht es den Zwillingen?», fragte die Thannerin eines Tages mit lauter Stimme.
    «Sie sind jetzt schon fast vier Jahre bei Euch. Haben sie ihren Platz gefunden? Habt Ihr beweisen können, dass die Herkunft keinen Wert hat?»
    Eva lächelte. «Ich glaube, das eine wie das andere beweisen zu können. Priska wird eine gute Silberschmiedin werden. Sie kann hervorragend lesen und schreiben, sie beherrscht das Handwerk und lernt jeden Tag dazu. Sie hat ihre Herkunft bezwungen. Ich werde sie als

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