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Die sizilianische Oper

Die sizilianische Oper

Titel: Die sizilianische Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Mittwoch abend, zehnter Dezember. Feierliche Einweihung des neuen Theaters von Vigàta namens Re d'Italia. Einzigartige Aufführung der unsterblichen Oper Der Bierbrauer von Preston des neapolitanischen Komponisten Luigi Ricci. Der nicht nur in Italien, sondern auf der ganzen Welt große Triumphe gefeiert hat. Seine Werke Das stürmische Abendmahl und Der Schlafwandler haben den Beifall von Königen und Kaisern sowie vom breiten und gebildeten Publikum erhalten. Für den Erfolg in Vigàta garantieren der Tenor Liborio Strano als verliebter Bierbrauer und die Sängerin Maddalena Paolazzi in der Rolle seiner schönen Verlobten. Die Aufführung, die mit farbenprächtigen Bühnenbildern und herrlichen Kostümen aufwartet, findet genau um sechs Uhr abends statt. Alle Sänger, das Orchester mit vierzehn Musikern unter der Leitung des hervorragenden Maestros Eusebio Capezzato, der Chor der Gesangsakademie von Neapel erweisen dem Publikum ihre Ehrerbietung und erwarten mit klopfendem Herzen den Beifall der intelligenten Zuschauerschaft von Vigàta, die im neuen Teatro Re d'Italia großzügig sich einfinden möge.«
    »Ich habe kein Wort verstanden«, meinte Arelio. »Was
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich davon rülpsen und pissen muß.«
    »Und ich muß rülpsen, pissen und furzen.«
      Sie lachten. Aber ihr Gelächter wurde von einer höflichen Stimme unterbrochen: »Gestatten Sie? Darf ich vielleicht auch lachen?«
      Überrascht fuhren sie herum und sahen einen Herrn mit hellen Augen, breitem, herzlichem Lächeln und gesittetem Auftreten. Sie tappten in die Falle.
      »Wir lachen über unsere Angelegenheiten. Wenn Sie etwas zu lachen haben, lachen Sie doch wegen Ihres eigenen Scheiß«, entgegnete Cocò, wobei er Arelio am Arm faßte und einen Schritt tun wollte.
      »Halt«, sagte einer der beiden Männer mit der Coppola auf dem Kopf und nahm das Jagdgewehr von der Schulter. Die beiden Händler hielten inne. Don Memè trat von hinten gewaltsam zwischen die beiden Fremden:
    »Ich habe gesagt, ich will auch lachen.«
      Arelio hob instinktiv die Hand, um zuzuschlagen. Don Memè packte sie in der Luft und drehte sie ihm auf den Rücken, während er Cocò nicht gerade vornehm einen Tritt zwischen die Beine verpaßte. Der schrie auf, hielt sich die Hoden und fiel zu Boden. Eine kleine Schar von Müßiggängern und Passanten hielt in gehörigem Abstand inne und schaute zu.
    Arelio hatte schnell wieder die Gewalt über sich
    Geste nicht nur demonstrativ war. Arelio steckte den Dolch in die Scheide und hängte ihn wieder an seinen Gürtel.
    »Verzeihen Sie«, sagte er leise.
      »Wir können alle mal einen Fehler machen«, sagte Don Memè. »Ich wünsche einen guten Tag.«
      Er kehrte den beiden den Rücken zu und ging von dannen. Er war zufrieden, ja, zu lautem Jubel war ihm zumute. Alle hatten gesehen, was geschah, wenn sich einer über die Oper lustig machte. In weniger als einer Stunde würde die Nachricht die Runde im ganzen Dorf gemacht haben.
      Arelio half unterdes dem zusammengekrümmten, jammernden Cocò wieder auf die Beine. Keiner von den Zuschauern machte Anstalten, ihnen behilflich zu sein.
      »Darf man wenigstens wissen, was zum Teufel wir falsch gemacht haben?« fragte sich Arelio.
      Er wußte keine Antwort, und auch die Müßiggänger gaben ihm keine und nahmen ihren Müßiggang wieder auf, und genausowenig antworteten ihm die Passanten, die ihren Weg fortsetzten.

    »… das ist der Grund, warum ich unbedingt gewollt habe, daß in Vigàta diese Oper aufgeführt werde. Einen anderen gibt es nicht. Niemals wird dieser Grund einem Fremden offenbart werden, liegt er doch im Innersten meines und Zeit und die Gelegenheit mir ermöglicht haben, Dir als Pfand einer Zukunft voller Glück darzubringen. Es küßt Dich mit der Zärtlichkeit, die Dir so sehr gefällt, Dein fürs Leben Dindino.«
      Er nahm ein Kuvert, schrieb darauf »An meine Giagia« und schob es in die Tasche. Zur Essenszeit ging er ins Schlafzimmer und steckte den Brief gut sichtbar an den Spiegel des Toilettentischchens. Er erhielt keine Antwort und dachte sogar, Giagia könnte den Brief übersehen haben. Als er im Ankleidezimmer nachsah, war der Brief jedoch verschwunden.
      Giagias Schweigen dauerte auch auf der Fahrt in der Karosse von Montelusa nach Vigàta fort. Die Dame schien in Gedanken woanders zu sein. Einmal richtete sie sich die Frisur, dann strich sie sich das Kleid glatt. War es möglich, daß sie den Brief an

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