Die Spur der Kinder
übergezogen, unter dem sich ein kleiner Bauchansatz abzeichnete. Seine noch nassen, dunkelbraunen Haare waren streng zurückgekämmt.
»Adrian Riedel«, stellte er sich Frauke Behrendt kurz vor, nachdem er Karstens mit einem knappen Kopfnicken begrüßt hatte, und ließ sich in den Sessel am Fußende des Couchtisches fallen.
Der Kommissar musterte ihn kühl. Kurz und bündig erläuterte er auch Adrian den Grund ihres Besuchs und begann sogleich mit seinen Fragen.
»Als Sophie verschwand, wo genau waren Sie da?« Sein feindseliger Unterton gegenüber Adrian hatte sich kaum verändert.
»Wieschon gesagt, ich war mit ihr auf dem Spielplatz. Aber wie oft wollen Sie uns eigentlich noch befragen?« Adrian stieß einen Seufzer aus, sprang auf und lief mit verschränkten Armen vor dem Kachelofen und der Standuhr auf und ab. »Meinen Sie nicht, wir hätten schon genug unter dem Tod unserer Tochter gelitten?«
Fiona zuckte innerlich zusammen.
Unter dem Tod unserer Tochter?
Solange ihre Leiche nicht gefunden wurde, hatte sie sich geweigert, die Hoffnung aufzugeben und Sophie für tot zu halten. Fiona kämpfte sichtlich mit den Tränen.
»Da sehen Sie, was Sie mit Ihrer Fragerei anrichten«, entfuhr es Adrian, und er tätschelte Fionas Schulter, während er Kommissar Karstens vorwurfsvoll ansah.
»Herr Riedel!«, griff Frauke Behrendt energisch ein. »Ich kann mir gut vorstellen, was Sie beide durchgemacht haben müssen … oder durchmachen«, berichtigte sie sich schnell. »Doch solange dieser Serientäter weiter frei herumläuft und womöglich schon wieder das nächste Kind im Visier hat, könnte jeder noch so kleine Hinweis für uns wichtig sein!«
Wortlos blickte Adrian in die Runde und hob schließlich die Hände.
»Na schön«, sagte er, tief Luft holend. »Ich saß auf einer Parkbank und habe Zeitung gelesen. Es warein heißer Tag, und auf dem Spielplatz war es so voll, Gott weiß, wer dort hätte herumlungern können, ohne dass es gleich aufgefallen wäre. Und Sophie, die spielte mit anderen Kindern auf der Rutsche.«
»Im Sandkasten«, korrigierte ihn Fiona.
Adrian sah sie stirnrunzelnd an.
»Du sagtest, sie war im Sandkasten, nicht auf der Rutsche«, bekräftigte Fiona.
Er machte eine abwinkende Handbewegung. »Was weiß ich, die ganze Sache ist zwei Jahre her – Sandkasten, Rutsche, ist doch vollkommen egal, Tatsache ist, dass Sophie plötzlich weg war.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«, fragte Frauke Behrendt.
»Na, sie gesucht natürlich, was glauben Sie denn?«, erwiderte Adrian und zog die Schultern hoch. »Ich habe jeden Winkel des Spielplatzes nach ihr abgesucht. Unter der Rutsche, bei den Wackelelefanten, den Schaukeln, Sandkästen – selbst in den Büschen und bei den stinkenden Mülltonnen habe ich nachgesehen. Man weiß ja nie, was in einem Kind so vorgeht, hätte ja sein können, dass sie sich dort versteckt oder was weiß ich. Aber sie war nirgendwo.«
»Und dann?«
»Dann bin ich die umliegenden Straßen und Schleichwege abgelaufen und habe jeden nach ihr gefragt, der mit entgegengekommen ist.«
»Undals Sie sie nicht gefunden haben?«, hakte Karstens nach.
»Ich hab sofort Fiona angerufen. Ich dachte, vielleicht hat ja längst eine andere Mutter Sophie mit nach Hause gebracht. Als Sophie dort aber auch nicht war, bin ich nach Hause gerannt und habe mit Fiona sämtliche Eltern und Bekannten abtelefoniert. Und dann haben wir die Polizei angerufen.« Kommissar Karstens kratzte sich am Kinn. »Und dann haben Sie die Polizei angerufen«, wiederholte er und forschte in Adrians Blick. »Hm, verstehe«, murmelte er, als ein Handy in seiner Jacketttasche klingelte.
Er sah auf das Display und seufzte. »Na gut. Das wäre dann auch schon alles«, sagte er knapp. »Ach so, bevor ich’s vergesse: Haben Sie diesen Lieferwagen schon mal gesehen?« Er tippte mit dem Zeigefinger auf ein Foto.
Fiona betrachtete das Bild. »Ist das nicht der Wagen, der damals vor Sophies Kita beobachtet worden war? Ja, ja, doch – dieser Ein-Herz-für-Kinder-Aufkleber da am Heck, das ist er doch, oder?«
Karstens nickte. »Augenzeugenberichten nach wurde der Wagen gestern vor dem Schwimmbad gesehen, in dem David verschwand.«
Fiona zog die Brauen zusammen. »Sie meinen, damit werden die Kinder …«
»Das können wir im Moment nicht mit Sicherheitsagen, aber es ist immerhin eine Spur«, antwortete Karstens, warf seiner Kollegin einen flüchtigen Blick zu und stand auf.
Behrendt ließ den Notizblock
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